Zwei an Esche lebende Nachtfalterarten werden häufiger

Sowohl die Ockergelbe Escheneule Atethmia centrago (HAWORTH, [1809]) als auch der Eschen-Zackenrandspanner Ennomos fuscantaria (HAWORTH, [1809]) leben als Raupe an Gewöhnlicher Esche (Fraxinus excelsior). Seit einiger Zeit können beiden Arten in Nordrhein-Westfalen zumindest regional erfreulich regelmäßig beobachtet werden.

Atethmia centrago (HAWORTH, [1809]), Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Altenberge, 26.08.2017, Foto: F. Rosenbauer

Die Flugzeiten der wunderschönen Falter erreichen im Spätsommer, meist gegen Ende August bis Anfang September, ihre Höhepunkte. Sie können zu dieser Zeit dann gemeinsam an der Lichtfanganlage beobachtet werden. Am besten kann man sie im direkten Umfeld alter Eschen nachweisen, in günstigen Nächten fliegen sie jedoch auch entfernt von Eschenbeständen die Lampe an. Bei Beobachtungen im Münsterland fiel auf, dass Atethmia centrago meist als einer der ersten Falter ans Licht kommt, wohingegen Ennomos fuscantaria oft erst nach Mitternacht erscheint. Dies könnte erklären, warum Ennomos fuscantaria an einigen Stellen an denen Atethmia centrago vorkommt bisher nicht nachgewiesen wurde.

Ennomos fuscantaria (HAWORTH, [1809]), Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Altenberge, 26.08.2017, Foto: F. Rosenbauer


Ein Blick in die online-Verbreitungskarten unserer Arbeitsgemeinschaft (nrw.schmetterlinge-bw.de) verrät, dass Ennomos fuscantaria schon in früheren Zeiten regelmäßig gefunden wurde, dann jedoch über etliche Jahre selten auftrat und sich erst jüngst im Bestand wieder zu erholen scheint. Ganz anders Atethmia centrago, die früher in weiten Teilen unseres Arbeitsgebiets fehlte, sich aber ab den späten 1990er Jahren, mit starker Fundortzunahme ab 2010, deutlich ausgebreitet hat.

Nachweiskarten von A. centrago und E. fuscantaria aus dem Arbeitsgebiet
(Quelle: www.schmetterlinge-nrw.de)

 

Was sind die Gründe für die Häufigkeitszunahme der an Esche lebenden Falterarten? Natürlich bleiben diese ohne umfassende und gezielte Untersuchungen spekulativ. Auch ist es wahrscheinlich, dass die Gründe bei beiden Arten nicht die gleichen sind. Es fällt jedoch auf, dass die Eschen seit den 1990er Jahren vom Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus befallen werden, der sich rasant ausbreitet und mittlerweile in weiten Teilen Europas ein als ‚Eschenwelke‘ bekanntes Eschensterben verursacht. Der Pilz stammt ursprünglich aus Ostasien und wurde vermutlich mit importierten Eschenarten nach Europa eingeschleppt. An ostasiatischen Eschen lebt er völlig harmlos, aber bei unserer Gewöhnlichen Esche führt der Befall zum Absterben der Triebe und damit zum Auslichten der Kronen.

Vielleicht begünstigt der vom Pilz verursachte Vitalitätsverlust der Eschen den Befall durch die Schmetterlingsraupen. Eventuell schafft die Auslichtung der Baumkronen für die Raupen ein günstigeres Mikroklima. Die wärmeliebende Flusstalart Atethmia centrago könnte in ihrer Ausbreitung nach Norden sicherlich davon profitieren. Ob dies auch für die bereits in früheren Jahren in Nordrhein-Westfalen etablierte Ennomos fuscantaria zutrifft, ist völlig unklar. Ebenso könnte ein natürlicher Massenwechsel, wie wir ihn bei etlichen Schmetterlingsarten beobachten können, der Grund für die aktuelle Bestandserholung sein. Welche Bedeutung Ligusterhecken spielen, an denen laut Literatur die Raupen von Ennomos fuscantaria auch leben sollen, ist ebenfalls fragwürdig.

Jedenfalls sollten wir die beiden hübschen Falterarten weiter beobachten und deren aktuelle Ausbreitung dokumentieren. Deshalb die große Bitte an alle, ihre Beobachtungen an unsere Arbeitsgemeinschaft zu melden. Und allerbesten Dank an alle, die dies regelmäßig tun, denn nur so können wir Zu- und Abnahmen (leider meist letzteres) in unserer Schmetterlingsfauna überhaupt erst erkennen.

Quellen:

https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/schaden/pilze_nematoden/wsl_merkblatt_eschentriebsterben/index_DE

http://nrw.schmetterlinge-bw.de/

 

Dieser Beitrag wurde unter Daten, Seltene Arten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Zwei an Esche lebende Nachtfalterarten werden häufiger

  1. Ludger Wirooks sagt:

    den fuscantaria hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie am Licht, sondern nur tags an Fensterscheiben: 3*mal am inzwischen leider abgerissenen AVZ in Aachen (ein paar Meter von einer Esche weg): 8.9.2008, 15.9.2o08 und 11.9.2009 und in 2011 hat ihn ein Kollege am Unigebäude in Aachen-Melaten sitzen sehen – nicht weit weg von meinem Doktorarbeitsgebiet, wo ich ja Mitte der Neunziger Jahre schon eine ganze Menge Nachweise von centrago hatte – Falter, aber auch Raupen. In Aachen gibt es übrigens sehr oft Eschen als Straßenbäume!
    Es gibt dann auch noch so ein paar mehr Aachen-Daten von Wolfgang Vorbrüggen Ende der 70er bei sich zu hause und Anfang der 80er im Orsbacher Wald, wo ich aber leider die näheren Fundumstände nicht kenne, also ob in Siedlungsnähe, welche Lichtquelle genau etc. etc.
    Ob der fuscantaria nun Siedlungsgebiet bevorzugt ist zwar nicht ausgeschlossen, aber ich denke mal eher, dass der einfach nur methodisch schwer zu kriegen ist wie so viele seiner Gattungsgenossen auch, die man ja alle nur +/- zufällig mal in Einzelexemplaren kriegt. Wenn der tatsächlich mehr zum frühen Morgen hin fliegt ist es ja klar, dass man ihn in „freier Wildbahn“, also außerhalb von Ortschaften, so gut wie nie nachweisen kann, denn so lange bleibt ja keiner auf und mit Lichtfallen arbeiten nicht so viele Leute und wenn doch ist deren meist schwaches Licht vielleicht nicht ausreichend um ihn ordentlich anzulocken.
    Ich finde es jedenfalls äußerst schwierig bis unmöglich bei solchen Biestern zu entscheiden, woran eine Zu- oder auch Abnahme von Nachweisen liegt. Womöglich sind die +/- immer gleich häufig/selten und weil man gerade einfach etwas andere Methoden einsetzt wird sone Art dann plötzlich mal häufiger nachgewiesen. Es gibt eben leider einige solcher Arten, wo man auch 20 Jahre innem Gebiet rummachen kann und hat sie trotzdem noch nicht nachgewiesen obwohl sie da waren! Ich möchte fast wetten, dass beide Arten da in Düsseldorf im Eller Forst in dem Eschenwäldchen am Rande meines UG vorkommen, aber der Nachweis ist eben nicht so einfach….

    Zur Erinnerung denke man bitte auch an die Geschichte mit der H. asella:
    Ich kann ja immer noch nicht ganz glauben, dass meine Raupenfunde da wirklich die Erstnachweise für die Eifel waren bzw., dass das Vieh sich dort tatsächlich ausbreitet/häufiger wird. Ein Kollege aus den Niederlanden meint z.B., dass das Verbreitungsbild dieser Art in NL einfach nur zeigt, wo er selber schon mal war, weil er nämlich der einzige wäre, der in NL nach der Raupe dieser Art suchen würde!

    Vielleicht zeigt das Verbreitungsbild von fuscantaria einfach nur, wo zufällig ein Schmetterlingskundler gleich neben Eschenbäumen bis früh morgens beim Lichtfang durchält (oder, wo einer an der Uni gearbeitet hat und jeden Morgen alle Fenster des Gebäudes kontrolliert hat…) und eigentlich ist das Vieh aber +/- überfall vorhanden, wo ein paar Eschen wachsen??? Um das ganze richtig beurteilen zu können reicht es jedenfalls nicht aus nur die Fundpunkte zu sehen, sondern man müsste v.a. die genaue Nachweismethode, am besten mit Uhrzeit und Biotop in der Umgebung, Physiogonomie der Umgebung (Senke, Hügel) etc. etc. vorliegen haben.
    Raupenfunde würden da natürlich auch helfen, aber vermutlich hocken die oben im Baum wo keiner rankommt….leider….

  2. Frank Rosenbauer sagt:

    Könnte sein. Allerdings kann es auch sein, dass die Leute im Spätsommer im Gelände nicht mehr bis nach Mitternacht durchhalten und fuscantaria deshalb i.d.R. übersehen wird. Zuhause brennt die Lampe dagegen bei vielen die ganze Nacht, so dass die Art im Siedlungsbereich vielleicht auch deshalb eher nachgewiesen wird. Was auch gegen Liguster spricht ist ein Zuchtversuch von dem ich hörte, worin die Jungraupen nur Esche nicht aber Liguster angenommen haben. Aber am Ende bleibt nur der Aufruf: Leute, klopft im nächsten Jahr eure Ligusterhecken nach fuscantaria-Raupen, dann haben wir Klarheit.

  3. Armin Dahl sagt:

    Kurioserweise stammen die neueren fuscantaria – Nachweise ja fast ausschließlich aus dem Siedlungsgebiet. Das spricht meines Erachtens stark für den Liguster. Eschen mit ordentlichen Kronen sind da eher selten. Übrigens fliegt fuscantaria auch bei den niederländischen Nachbarn nur an einzelnen Spots im Siedlungsbereich!, in dem ansonsten ungewöhnlich gut durchforschten Land.
    https://waarneming.nl/soort/maps/9634?from=2000-09-21&to=2017-09-21

Kommentare sind geschlossen.