Echte Motten von den Eulen

Das zeitige Frühjahr kann gut genutzt werden, um Vogelnester, Pilze oder auch Eulen-Gewölle zu suchen.  Bekanntlich kommen im Gewölle einiger Eulenarten verschiedene Tineinae (Echte Motten) zur Entwicklung. Meine bisherige Erfahrung zeigt, dass der Zeitaufwand fast durchgehend von Erfolg gekrönt ist.

GAEDIKE (2019) führt dazu aus, dass die Raupen von Tinea steueri im Gewölle der Schleiereulen leben. Er zitiert weiterhin BENGTSON (2017), der von Raupenfunden im Gewölle des Wald- und Habichtskauzes berichtet. Weiterhin führt Reinhard Gaedike aus, dass die Annahme, dass Larven in den Nestern von Hymenopteren leben (PETERSEN 1966a), nicht bestätigt werden konnte.

Auch SOBCZYK et. al. (2018) berichten, dass Leutsch die Falter aus Gewöllen von Schleiereulen zog. Daraus kann abgeleitet werden, dass das wesentliche, wenn nicht einzige Substrat für die Raupennahrung von T. steueri trockene Gewölle von Schleiereulen (Tyto alba), Habichtskauz (Strix uralensis) und Waldkauz (Strix aluco) zu sein scheinen.

Tinea steueri lässt sich habituell einwandfrei bestimmen. Ein Umstand, der zumindest denjenigen Lepidopterologen entgegen kommt, die eine Genitaluntersuchung nicht beherrschen. Bei Betrachtung der „Glaszellen“ in den Vorderflügeln (je ein länglich-ovales durchsichtiges „Glasfeld“ nahe der Basis) ist eine Bestimmung möglich.

Tinea steueri G. PETERSEN, 1966. Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Stukenbrock, 110 m, Schleiereulen-Gewölle am 6. Februar 2020 ins Haus geholt, Schlupf 21. März 2020 (leg., det. durch GU & Fotos Dieter Robrecht)

Heinz Schumacher konnte am 14. Mai 2018 in einem ehemaligen Basalt-Steinbruch bei Eulenberg (Rhein-Sieg-Kreis) diese Art erstmals für Nordrhein-Westfalen belegen, indem ein Falter zum Licht flog. Wie er mir schrieb, kommen dort (wohl) keine Schleiereulen vor, wohl aber Uhus, die dort regelmäßig brüten. Es ergibt sich aber auch die Frage, ob im Gewölle der Uhus die Raupen ebenfalls zur Entwicklung kommen. Um das zu klären, sollten Gewölle im Herbst gesammelt werden, damit diese nicht zu lange dem Verwitterungsprozess ausgesetzt sind.

Artspezifisches Merkmal: Das „Glasfeld“ bei Tinea steueri. Foto: Dieter Robrecht

Am 6. Februar 2020 hatte ich Gewölle aus einem Schleiereulenkasten entnommen, der seit Jahrzehnten im Giebel eines benachbarten Bauernhauses hängt und regelmäßig von Schleiereulen als Brutplatz genutzt wird. Der Hofeigentümer hatte bislang stets nach der Brut den Kasten gesäubert und das Gewölle im Mülleimer entsorgt. Mein Wunsch, das Gewölle nach der letztjährigen Brut im Kasten zu belassen, hatte Erfolg! Das Gewölle hatte ich sofort ins warme Zimmer geholt, der erste Falter schlüpfte am 21.m März 2020. Dieser „Zucht“-Erfolg belegt, dass die Raupen bereits im frischen Gewölle leben.

Monopis laevigella ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775); Stukenbrock, aus Schleiereulen-Gewölle, Schlupf am 21. März 2020 (Foto: Dieter Robrecht)

 

Am selben Tag schlüpfte zudem ein Falter von Monopis laevigella. Auch ROMMEL &  PLATT (2005) berichten über die Zucht aus Eulengewölle, und führen für Nordwestthüringen die Arten Nemapogon granella und Monopis laevigella auf. Dieser sehr lesenswerte Artikel gibt hervorragende Hinweise zur Lebensweise und erfolgreichen Zuchten verschiedener Tineidae.

Genitalpräparat von Tinea steueri G. PETERSEN, 1966. Stukenbrock, Schlupf am 21. März 2020 (leg., det. & Foto:  Dieter Robrecht)


Nachtrag vom 13. April 2020

Trichophaga tapetzella (LINNAEUS, 1758) – Tapetenmotte

„Aus dem Gewölle sind seit vorgestern (11. April 2020) mittlerweile vier Falter der obigen Art geschlüpft. Zumindest ist mir ein Foto gelungen, das den Falter auf dem Gewölle mit Puppenhülle zeigt. Das ist sicher nicht alltäglich (!) und hat in Summe etwa 45 Minuten Zeit erfordert bis ein brauchbares Foto entstanden ist.“

Trichophaga tapetzella (LINNAEUS, 1758) – Tapetenmotte, auf einen Schleiereulen-Gewölle. (Foto: Dieter Robrecht)

Exuvie von Trichophaga tapetzella (LINNAEUS, 1758) – Tapetenmotte (Foto: Dieter Robrecht)

Literatur:

BENGTSSON, B.Å. (2017): Anmärkningsvärda fynd av Småfjärilar (Microlepidoptera) i Sverige 2016. — Entomologisk Tidskrift, 138 (1): 1-24.

BUCHNER, P. (2006): Tinea steueri (Tineidae) und Hypsotropa unipunctella (Pyralidae) neu für Österreich (Lepidoptera). — Beiträge zur Entomofaunistik7: 149-151

GAEDIKE, R. (2019): Tineidae II (Myrmecozelinae, Perissomasticinae, Tineinae, Hieroxestinae, Teichobiinae and Stathmopolitinae). — In: KARSHOLT, O., MUTANEN, M. & M. NUSS (2019): Microlepidopteraof Europe 9: I-XXIII, 1-248. Leiden – Boston (Brill).

ROMMEL, R.-P. & H. PLATT (2005): Die Kleinschmetterlingsfauna Nordwestthüringens (Lepidoptera). 2. Beitrag: Familie Tineidae (Echte Motten). — Thüringer Faunistische Abhandlungen 10: 265-283   >> .pdf auf zobodat.at

SOBCZYK, T., STÖCKEL, D., GRAF, F., JORNITZ, H., KARISCH, T. & S. WAUER (2018): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 5: Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) 1. Teil.  – Beiträge zur Insektenfauna Sachsens Band 20. — Entomologische Nachrichten und Berichte (Dresden), Beiheft 22

Web:

Lepiforum vom 20. März 2020: 00681 Tinea steueri: Falter aus Schleiereulengewölle

Kleine Vlinders: Bestimmunsgschlüssel für Tineiden

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