Kamillenmönch Cucullia chamomillae auf dem Vormarsch

NRW – Gilsdorf/Eifel, Juni 2019 (Foto: Ralf Dahlheuser)

Die langen und teils extremen Trockenperioden der letzten Jahre, verbunden mit durchgängig milden bis heißen Temperaturen führen zu teils gut feststellbaren Veränderungen im Artengefüge und der Individuenzahl, ohne dies dramatisieren zu wollen. Es scheint aber auch Profiteure dieser Bedingungen zu geben, und von einem vermeintlichen möchte ich berichten.
Man hört und liest in den sozialen Medien immer öfter von Raupenfunden des Kamillen-Graumönch (Cucullia chamomillae). Neben den für diese Wärme liebende Art typischen Biotopen werden immer häufiger Funde an Ackerrandstreifen bekannt, an denen sich zunehmend Kamille etabliert hat.

Foto: Ralf Dahlheuser
Gilsdorf/Eifel NRW
Juni 2019

Foto: Ralf Dahlheuser
Gilsdorf/Eifel NRW
Juni 2019


Mehrere Funde der jüngeren Zeit (Remscheid-Grund, Frödenberg an der Ruhr, Nümbrecht, Gilsdorf in der Eifel und jüngst auch Düsseldorf und Jülich sowie aus Neuenstein/Mühlbach in Hessen) belegen dies.
Die sehr hübschen und farbvariablen Raupen finden sich an Matricaria- und Anthemisarten und sind recht leicht zu finden. Sie sitzen oft an den Stängeln der Futterpflanze, oder auch eingerollt auf den Blüten.

Foto: Ralf Dahlheuser
Gilsdorf/Eifel NRW
Juni 2020

Foto: Ralf Dahlheuser
Gilsdorf/Eifel NRW
Juni 2020

Foto: Christof Hielscher
Neuenstein/Mühlbach/Hessen Juni 2020

Foto Christof Hielscher
Neuenstein/Mühlbach/Hessen Juni 2020

Foto: Ralf Dahlheuser
Gilsdorf/Eifel NRW
Juni 2020


Im Gegensatz zu den jüngsten Funden zeigt die Verbreitungskarte sehr viele weiße Flecken und die Meldungen liegen überwiegend schon recht lange zurück.
Anlass genug, das Augenmerk auf diese Art zu richten und um die Meldung von weiteren Funden dieser Art zu bitten.

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7 Antworten zu Kamillenmönch Cucullia chamomillae auf dem Vormarsch

  1. Ulrich Haese sagt:

    Diese Diskussion sollte ruhig aus der Nische herausgeholt und in der Mitte des Vereins weiter geführt werden. Ein meinetwegen zeitlich befristetes professionelles Projekt zur digitalen Erfassung von Altdaten täte dringend not, solange diese noch zugänglich sind. So nebenbei alles selber machen, das schaffen die Wenigsten – ich auch nicht.

  2. Ludger Wirooks sagt:

    Hallo zusammen,

    obwohl auch mir auf dem Golfplatz in Düsseldorf-Hubbelrath in diesem Jahr ein Erstfund für diesen konkreten Fundort gelang glaube ich nicht, dass nun gerade diese Steppenart vom Klimawandel profitiert. Die Art war auch früher schon häufig und typisch in der Agrarlandschaft und ich habe sie z.B. in den 90er-Jahren im Raum Aachen, also einer nicht gerade durch Wärme gesegneten Region, massenhaft überall an Kamillen gefunden und auch in den 0er Jahren in anderen Regionen. Im Grunde habe ich sie damals eigentlich überall gefunden, wo ich mal etwas mehr als flüchtig zur richtigen Zeit an Kamillen geguckt oder geklopft habe. Diese meine Altdaten fehlen natürlich in der Datenbank, aber wenn man alte Literatur liest stellt man fest, dass die Raupe durchaus auch ganz früher schon regelmäßig gefunden war. Nach meinen Falterdaten müsste die Art sogar seltener geworden sein, aber ich habe damals sogar 2 Falter am Licht gefangen (einmal Leuchtturm und einmal Lichtfalle, letztere mitten in einem „Kamillenfeld“).
    Wenn es tatsächlich einen Anstieg der Meldungen in diesem Jahr gibt so wird dies eher an Naturschutzmaßnahmen in Form von mehr Blühstreifen etc. in der Agrarlandschaft liegen sowie einer erhöhten Sensibilität und Aufmerksamkeit von Naturfreunden für die Agrarlandschaft (Thema ‚“Insektensterben“). In Frechen finden z.B. allerlei Maßnahmen im Rahmen des F.R.A.N.Z.-Projektes statt, für welches ich dieses Jahr dort Tagfalter in der Agrarlandschaft kartiere, und da sah ich in Blühstreifen und an Ackerrändern wirklich massenhaft Kamillen (leider keinen Kamillenmönch, obwohl ich die Augen durchaus auch nach unten zu immer ein bischen offen hatte beim Karitieren…). Hinzu kommt, dass es durch Observation, Tagfaltermonitoring etc. einfach viel mehr Leute gibt, die mit offenen Augen durch die Landschaft laufen und dann auch mal etwas entdecken und melden – das sollte man bei der Interpretation von aktuellen Daten mit Altdaten immer berücksichtigen! Und in den 70er, 80, 90er Jahren usw. wurde zwar viel Lichtfang gemacht, die Raupensuche im Gegensatz zur „alten“ Zeit (18xy) aber m.E. stark vernachlässigt, weshalb dann solche Arten, die als Falter kaum am Licht gefangen werden, mal schnell auf den Roten Listen landeten (siehe auch dysodea, bicolorata etc., von denen man jetzt gerade wieder allenthalben massenhaft Eier und Raupen finden kann – wenn man weiß wo man suchen muss!)
    Nichtsdestotrotz hat der Klimawandel natürlich schon gewaltige Auswirkungen und es gibt massenhaft Arten, die sich infolge der Wärme aktuell ausbreiten oder einfach häufiger werden – z.B. v.a. viele Eichenfresser wie der Große Kahnspinner, von dem ich letztens in Hubbelrath nun sogar 2 Falter an einem einzigen Abend am Licht hatte! Dafür fehlte an diesem Abend aber der Kleine Kahnspinner, eine Art „kühler“ Wälder, komplett auf der Liste!
    Beim Kamillenmönch kann ich mir zwar vorstellen, dass dem bei einer Flugzeit im April und Anfang Mai ein trockener und warmer April und Mai durchaus besonders gefällt – allerdings würde ich ihn nicht allgemein als Klimaprofiteur bezeichnen, sondern eher als Art, die anzeigt, wie es in der Agrarlandschaft so steht mit dem Insektenschutz oder eben Nicht-Schutz….. insofern zeigen die Funde, dass es positive Entwicklungen in der Agrarlandschaft gibt wenn nicht mehr alle Kamillen totgespritzt werden, sondern noch welche für den Kamillenmönch übrig bleiben dürfen!

    viele Grüße,
    Ludger Wirooks

    • Die Argumente sind natürlich nicht von der Hand zu weisen, darum habe ich ja auch bewusst im Konjunktiv geschrieben. Und natürlich sind auch immer die unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten und die Beobachtungsdichte wie auch die Meldefreudigkeit zu berücksichtigen. Wenn denn zukünftig der Blick mal öfter nach unten gerichtet wird und Sichtungen vermehrt gemeldet werden, ist der Zweck erfüllt.
      Lokale Abweichungen zeigen sich auch bei den oben erwähnten Arten Bena bicolorana und Pseudoips prasinana. Beide sind bei mir seit den 80ern deutlich weniger geworden, aber dennoch mit bis zu 5 Exemplaren in guten Nächten am Licht. Dass der Klimawandel und übrigens auch nun das großflächige Fichtensterben in den betroffenen Regionen zu einer Veränderung des Artgefüges führen wird dürfte unstrittig sein. Um so wichtiger und erfreulicher sind vermehrte Fundmeldungen über alle Arten.

      Viele Grüße
      Ralf Dahlheuser

    • Armin Dahl sagt:

      Alles ist nur so schön wenn die Daten irgendwo aufgenommen und gemeldet sind. Dann kann man auch an vielen Stellen das spekulieren bleiben lassen und sich an den Fakten orientieren. Was den Raum Aachen betrifft ist da nichts zu sehen. Du hast die doch sicher protokolliert, Ludger?

      • Ludger sagt:

        klar, aber bis zu meiner Rente (sollte ich jemals welche kriegen) werde ich sicher keine Zeit haben mich wochenlang hinzusetzen und meine alten Exceldateien für Inscetis (oder Observation oder was auch immer) aufzubereiten, weil ich erstmal zusehen muss, dass ich mit dem Schmetterlingskram Geld zum Leben verdiene und es auch noch genug an den Raupen zu kartieren und zu erforschen gibt – außerdem liegen von manchen Kartierungsaufträgen auch noch keine Genehmigungen vor die Daten öffentlich zu machen. (deshalb fehlt chamomillae nicht nur in Aachen, sondern auch noch in Köln, Düren und sonstwo). Aktuell bin ich froh, wenn ich es schaffe die jeweils aktuellen Daten für das letzte Jahr im Winter für Insectis aufzubereiten. Im übrigen bin ich ja nicht der einzige, dessen Altdaten noch nirgendwo im Netzt zu sehen sind – da gibt es mit ziemlicher Sicherheit noch Berge von Daten von zig Leuten und aus zig Sammlungen und Publikationen, die ALLE nicht in Insectis oder Observation sind!!! Es könnte ja auch mal einer von irgendwelchen Umweltbehörden Geld locker machen und mal wen bezahlen, der sich dann hinsetzt und alle Altdaten aus Literatur oder sonstwas in die Datenbanken häckt.Die fordern ja immer heftig was ein (siehe Rote Listen), da könnten die auch mal was locker machen für solche dröge Einhäckarbeit, an der sicher niemand Spaß hat.
        Mit den Leuten vom F.R.A.N.Z.-Projekt muss ich auch mal sprechen, wie das mit den Daten wird – womöglich gehen da zumindest die Tagfalterdaten der Transekte von denen ans Tagfaltermonitoring-Projekt und damit dann ja letztlich auch an uns (da gibt’s doch sone Vereinbarung, oder?) – aber die Nachtfalter und Raupen und sowas muss ich noch erfragen, ob ich die anderweitig publizieren darf. Im Vertrag steht nun mal immer, dass man die Rechte an den Daten an den Auftraggeber gibt.
        Im übrigen sind Teile meiner Altdaten ja durchaus publiziert: schau mal in die große Melanargia-Publikation „Wirookt & Theissen“ von ca. 1999!!! Und in meiner Doktorarbeit sind diese Daten größtenteils auch drin!

        • Armin Dahl sagt:

          Solche Vereinbarungen über die Nicht-Weitergabe unterschreibe ich schon lange nicht mehr! Die Daten gehen ja in aller Regel in die Offenlage und sind meistens mit öffentlichem Geld erstellt worden. Und wie soll man zum Beispiel eine Rote Liste erstellen wenn die lokalen Experten auf ihren Daten sitzen?

          • Ludger Wirooks sagt:

            Armin, Du hast aber einen anderen Job soviel ich weiß und machst das Kartieren ja +/- hobbymäßig nebenher, ich aber muss davon leben und könnte gleich Harz IV beantragen wenn ich das so machen würde wie Du vorschlägst!
            Solche Kartierungen wie für’s Klimafolgenmonitoring oder für eine Biostation wie die in Stolberg wo der Bernhard Theissen sitzt, sind ja Ausnahmen. Die im Gutachtergewerbe tätigen Biologen wissen, dass man richtig Geld um auch davon leben zu können nur bei anderen Auftraggebern verdienen kann, also in der Eingriffsregelung, und dass man da, egal ob’s um Fledermäuse, Käfer, Schmetterlinge oder sonstwas geht , IMMER seine Daten verkauft und damit NICHT machen kann was man will!
            Wenn ich die Erlaubnis vom jeweiligen Auftraggeber kriege spende ich die Daten gerne der Vereinsdatenbank, aber dazu müssen meist auch erstmal die jeweiligen Verfahren abgeschlossen sein, was meist einige Jahre dauert. Als ich vor ca. 2 Jahren wegen der Daten für die Hafenerweiterung Köln-Godorf mal beim zuständigen Büro nachfrug hieß es, dass das ganze noch in Revision gegangen wäre und immer noch ein Politikum sei und deshalb könnt Ihr diese meine 2012er Daten eben noch nicht kriegen (die vielen Daten von Exkursionen aus 2012 etc. zwar theorethisch schon, aber ich mache die mühselige Überarbeitung meiner alten Excedateien nur komplett jahrweise und nicht einzeln, weil das sonst zu chaotisch wird……).
            Auf jeden Fall lasse ich mich von niemandem hier im Verein dazu zwingen irgendwo vertragsbrüchig zu werden, denn wenn das rauskäme würde ich ja keinen Auftrag mehr bekommen! Ihr kriegt ja auch so genug, z.B. 2018 von einer Kartierung zwar nicht die Tagfalter, Zygaenen und Nachtkerzenschwärmerdaten um die es dabei ging, aber immerhin massenhaft sehr spannende Nachtfalter- und Raupendaten, die ich da so nebenbei immer notiert habe – die sind drin längst im Insectis-Online!
            Natürlich sieht man im Insectis-Online nicht die Rohdaten, aber was ich abgeben würde wären ja nun mal die Rohdaten und die darf nun mal keiner ohne Erlaubnis publizieren wenn man in dem Gutachtergewerbe tätig ist!
            Und bei der Wissenschaft ist es genauso: Die Leute von einem Forschungsprojekt wollen natürlich selber ihre Daten auswerten und publizieren und dementsprechend ist es klar, dass die nicht wollen würden, dass ich als bezahlter Kartierer mit den Daten hausieren gehe, egal ob nun bei Insectis oder Observation oder wo auch immer ! Ich werde aber bei Gelegenheit natürlich mal nachfragen, ob, wann und wie da vielleicht dennoch ein gewisser Datentransfer Richtung Insectis vielleicht möglich wäre. Zumindest nebenher im Zuge der Kartierung gewonnene Daten wie irgendwelche Raupenfunde oder Falterfunde außerhalb der auszuwertenden Kartierstrecken werden höchstwahrscheinlich schon in meiner eigenen Exceldatei landen dürfen und dann im Winter auch „geliefert“ werden.
            Ich hoffe, dass nun allgemein Klarheit herrscht bezüglich des Umgangs mit professionell erhobenen Daten!

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