Bankesia conspurcatella, Luftplankton im Vorfrühling

Die Echten Sackträger (Psychidae) gehören zu den weniger bekannten einheimischen Mottenfamilien: Die meisten sind elend klein, die Raupen verstecken sich in unauffälligen Säcken, die Falter fliegen tagsüber und kommen nicht ans Licht. Kommt bei einer der zahlreichen Arten (ca. 45 in Deutschland) auch noch eine jahreszeitlich sehr frühe Flugzeit hinzu, gibt es noch weniger Fundmeldungen als gewöhnlich.

„Voorjaarszakdrager“ – Frühjahrs-Sackträger Bankesia conspurcatella, NL-Soest-Overhees,  5. April 2010. (Foto: Violet Middelman)

Eine solche Art ist Bankesia conspurcatella, die den hübschen Deutschen Trivialnamen Staintons Baumflechten-Sackträger erhalten hat. Erschwerend kam noch hinzu, dass es um diese Art erheblichen taxonomischen Wirrwarr gegeben hat, der erst von SOBCZYK & SWOBODA (2010) aufgelöst wurde. Bankesia conspurcatella (aus Italien beschrieben) und B. staintoni (aus England beschrieben) sind synonym, conspurcatella der ältere und somit valide Name.

Wirrwarr auch bei den Trivialnamen: So geistert der britischen Entomologe  Henry Tibbats Stainton, Jahrgang 1822 und Autor verschiedener Psychiden-Beschreibungen, immer noch durch die Listen: Die Psychiden wurden ja hierzulande zu den „Makros“ gerechnet, und haben deshalb im Unterschied zu den Kleinschmetterlingen („Mikros“) Anrecht auf einen ordentlichen Deutschen Namen. Vielleicht wäre Frühjahrs-Sackträger passender, aber das nur nebenbei.

Fakt ist, dass bisher aus unserem Arbeitsgebiet weniger als zehn Meldungen von Bankesia conspurcatella vorliegen, selbst im hervorragend sortierten Lepiforum gibt es nur ein einziges Lebendfoto von diesem Tier. Aber das kann sich ja ändern: Wenn man/frau die Arten einmal kennt und gezielt sucht, ergibt sich ja oft ein ganz anderes Bild. Wie auch viele andere Arten ist B. conspurcatella in den Niederlanden weit verbreitet. Es gibt dort Nachweise aus mehr als 120 Quadranten (10×10 km), die Art kommt anscheinend flächendeckend vor. Vielleicht stehen die Nachbarn auch einfach morgens früher auf: B. conspurcatella fliegt früh am Tag, wie schon bei ZELLER (1850) in der Erstbeschreibung des Falters „fing ich in den Morgenstunden bei trübem Wetter 20 Männchenim Lepiforum nachzulesen. Im Field Guide to the Micromoths of Britain and Ireland von STERLING, PARSONS & LEWINGTON (2012) steht dazu: „Flies early in the morning on sunny days in late winter„.

Die conspurcatella-Fundorte aus Nordrhein-Westfalen liegen weit auseinander und in verschiedenen Naturräumen, hier mal alphabetisch sortiert: Dalheim-Röttgen, Bochum, Essen, Kleve, Niederkrüchten, Velbert-Langenberg. Die Beobachter sind alles entweder ausgewiesene Mikro-Spezialisten oder, wie im Fall von Bochum, eine vielseitig interessierte Fotografin mit guter Makro-Ausrüstung und ein wenig Glück.

Bei Bankesia conspurcatella ist außer Glück zur richtigen Tageszeit im Vorfrühling (Ende Februar-Anfang April) auch noch ein scharfes Auge nötig:  Die Art hat eine Spannweite von nur knapp über 10 Millimetern. Jedenfalls sollte man beim morgendlichen Spaziergang in den kommenden Wochen mal auf das „Luftplankton“ achten,  und eventuell einen Kescher und ein paar Sammelgläschen einpacken: Fliegende Tiere sind mit bloßem Auge wohl kaum sicher anzusprechen.

————– [Update von 2021-01-21] ———————-

Die Männchen Bankesia conspurcatella fliegen das Wageningen-Pheromon PEHY (für Pennisetia hylaeiformis) an. Sie lassen sich deshalb leicht mit handelsüblichen Pheromonfallen nachweisen. Siehe z.B. den Beitrag im Lepiforum

Literatur

SOBCZYK, T. & G. SWOBODA (2010): Bankesia conspurcatella (ZELLER, 1850) in Deutschland – ein taxonomisches Wirrwarr (Lep., Psychidae). — Melanargia 22 (2): 49-51.

STERLING, P., PARSONS, M & R. LEWINGTON (2012): Field Guide to the Micro-Moths of Great Britain and Ireland. – 416 S., Bloomsbury

ZELLER, P. C. (1850): Verzeichniss der von Herrn Jos. Mann beobachteten Toscanischen Microlepidoptera. — Entomologische Zeitung 11: (2) 59-64, (4) 134-136, (5) 139-162, (6) 195-212. Stettin.

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2 Antworten zu Bankesia conspurcatella, Luftplankton im Vorfrühling

  1. Willi Wiewel sagt:

    Ein interessanter Artikel über eine recht unbekannte Art. Da die Falter zu ungewohnter Zeit und dazu auch nicht zum Licht fliegen, sollten wir vielleicht Versuche mit Pheromonen unternehmen. Bis Anfang April fliegt ja sonst nichts ans Pheromon.

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