Erst kommt der Regen, dann der Bär

Brauner Bär – Arctia caja. Schmetterling des Jahres 2021. (Foto: Martine Goerigk)

Der lange geplante Leuchtabend im Vorderen Westerwald wäre fast ins Wasser gefallen. Aber nur fast! Trotz einiger Regentropfen zwischendurch und leichten Windböen kamen doch etliche Nachtfalter zum Licht und an die  Köder. Die Exkursion zum „Schmetterling des Jahres“ blieb für die Expertenaugen übersichtlich, das Publikum war trotzdem zufrieden.

Gespannt hatten wir die Wetterberichte verfolgt, die sich die ganze Woche über von Tag zu Tag verbessert hatten – um dann im letzten Moment doch noch umzuschlagen und vor Starkregen zu warnen. Dennoch waren einige Unentwegte mit ihren Leuchttürmen und Köderstreifen angerückt und warteten das plötzlich aufziehende heftige Gewitter erst mal im Auto ab.

Begleitetet von einem phantastischen doppelten Regenbogen mussten wir uns dann schnell auf die vorher ausgesuchten Plätze verteilen. Unsere Lichtfanganlagen standen alle im „Buchholzer Moor mit Lökestein“ im Landkreis Neuwied in Rheinland-Pfalz. Das Naturschutzgebiet liegt dicht an der Grenze zur „Komper Heide“ in Nordrhein-Westfalen. Rundherum ist nach drei Dürrejahren und Borkenkäferplage der Fichtenforst stark ausgelichtet oder entfernt worden. Auf den Freiflächen des Naturschutzgebietes wachsen Besen- und Glockenheide zusammen mit Lungenenzian, Moorlilie und  einer ganzen Reihe weiterer sehr seltener Pflanzenarten.

Teils mit der ganzen Familie und vorsichtshalber in Gummistiefeln – sowie immer mit dem nötigen Corona-bedingten Abstand – waren neben Vertretern aus unserer Arbeitsgemeinschaft und der BUND-Naturschutzstiftung etliche Mitglieder des ANUAL (Arbeitskreis Natur- und Umweltschutz Asbacher Land e.V.) gekommen. Der kleine, aber äußerst tatkräftige Verein entwickelt und pflegt das Buchholzer Moor auf der rheinland-pfälzischen Seite seit vielen Jahren hervorragend.

Gemeinsam zogen jung und alt mit der Taschenlampe ihre Kreise zwischen den Leuchtanlagen, bestaunten und fotografierten die besonders bunten Tiere an Licht und Köder. Roseneule, Großes Eichenkarmin und Erlen-Zackenrandspanner standen Modell und wurden gebührend bewundert.

Spannend wurde es kurz nach Mitternacht, als – wie vorhergesagt, nicht vor zwölf! – die ersten Braunen Bären (Arctia caja) anflogen und unruhig noch viel „Rot“ zeigten. Die beeindruckend großen Falter flogen ziemlich zeitgleich an den weit auseinander stehenden Türmen an. Bei dem an der Landesgrenze stehenden Turm waren es zuletzt drei, insgesamt fünf Tiere. Das kann sich sehen lassen! Schließlich ist Arctia caja der „Schmetterling des Jahres 2021“ und war die erklärte Zielart der Exkursion.

Und wie das so geht beim Lichtfang im August, der Abend war miserabel gestartet, Moor und Heide trockneten im Verlauf der Nacht aber ab, das Publikum war schon lange im Bett und – schwupps – war es schon wieder viertel vor drei! Es tat gut, einfach mal wieder gemeinsam in die Nachtfalterwelt einzutauchen und nicht alleine im Gelände zu stehen. Anbei eine kleine Bilderschau zum Erinnern und als Eindruck für alle, die nicht dabei sein konnten.

Die vorläufige Artenliste für den Abend, in Observation.org einzusehen, listet knapp 70 Nachtfalter-Arten auf – angesichts der Wetterverhältnisse ein ganz ordentliches Ergebnis. Perfekt getarnt in der blühenden Besenheide, war die rot-weiß gefärbte Kleine Heidekrauteule Lycophotia porphyrea insgesamt die häufigste Art des Abends. Die Gesamtliste an Nachtfaltern, die in Observation für das Buchholzer Moor eingegeben sind – und das sind durchaus nicht alle Funde von dort – verlängerte sich immerhin auf über 260 Arten.

Lesetipp:
Johanna Romberg: Der Braune Bär fliegt erst nach Mitternacht. Unsere Naturschätze. Wie wir sie wiederentdecken und retten können. 288 Seiten, Quadriga Verlag, ISBN: 978-3-86995-104-1

Dieser Beitrag wurde unter Bärenjagd, Exkursionen, Pflegemaßnahmen, Seltene Arten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.