Cirrhia gilvago, C. icteritia und Sunira circellaris-Raupen in Espenkätzchen

 

Nachdem ich im letzten Jahr schon einige überraschende Entdeckungen in den Kätzchen von Pyramiden- und Bastardpappeln im Umfeld meiner Wohnung in Aachen sowie in Düsseldorf machen konnte, gibt es es nun erste Erkenntnisse zur Herbsteulenfauna der männlichen Espen.

Letzte Woche am 3.3. und 5.3. hab ich mal kurz am Moltkebahnhof in Aachen, einem eher xerothermen innerstädtischen Bahnhofsgelände, ein paar männliche Espenkätzchen gesammelt – einmal am 3.3. 30g, einmal am 5.3. 110g jeweils unter einem großen Baum (abgeblühte Kätzchen vom Boden). Ferner habe ich am 5.3. 110g (das ist so eine mittelgroße Schüssel voll) blühende Kätzchen von einem Pulk junger ca. 3 m hoher Büsche gepflückt.

Jungraupe von Cirrhia gilvago in einer Espenknospenschuppe versteckt. In diesem Stadium wußte ich noch nicht, dass es sich um diese Art handelt, doch war mir schon aufgefallen, dass sie sich von den anderen bisher gefundenen Raupen unterschied.

Bisherige Ausbeute (nebst hunderten von Maden und Wanzen):

Mittlerweile bis heute, 13.3., so ca. 20 meist noch sehr kleine (beim jeweiligen Fund meist wohl ca. L2 bis maximal L3) Eulenraupen, von denen bis vor ein paar Tagen erst eine C. gilvago dabei war, inzwischen aber deutlich mehr von dieser Art. Am 12.3. kamen alleine noch mal mindestens 3 C. gilvago dazu. Daneben gab es einige Cirrhia icteritia (die ich bisher nur von Weiden kannte und noch nie an irgendeiner Pappel gefunden hatte) und wenige Sunira circellaris – alle sich schon durchaus ähnelnd, aber wenn man wie ich bei Eizuchten und Fundraupen immer alle Raupen einzeln isoliert und jede Haut mindestens einmal fotografiert am Ende durchaus unterscheidbar.

Die meisten Raupen (v.a. die gilvagos) waren in den von den Büschen gepflückten Kätzchen drin gewesen, aber auch in den beiden anderen Proben waren ein paar Raupen.   Ich bin mal gespannt, ob da morgen, also 14.3., noch weitere Raupen raus kommen werden, denn noch habe ich diese Proben.

Jungraupe von Cirrhia gilvago auf männlichem Espenkätzchen.

Alle Raupen – also auch die gilvagos – fraßen übrigens auch diverse Weidenkätzchen und Weißdornblätter – sie sind also auch schon in solch jungen Stadien wirklich alle sehr polyphag.

Diese C. gilvago-Raupe ist schon eine Haut weiter und deutlicher erkennbar – v.a. sieht man schon die von Herbert Beck erwähnte Pfeilspitzenschenkelzeichnung.

Auch diese C. gilvago hat seit ihrem Fund in der Probe eine Häutung hinter sich und könnte L3 oder L4 sein. Die C. ocellaris wäre übrigens nie so bunt – die ist immer schön grau in grau gefärbt, hat aber dieselbe, allerdings schwächer ausgeprägte, Zeichnung und auch einen dunkelorangen Kopf.

Übrigens sind bei dem heftigen Sturm der letzten Tage auch schon viele Kätzchen anderer Pappelarten runter gefallen, in denen man zusätzlich noch mit C. ocellaris rechnen darf (die ich auch mehrmals an Pappelkätzchen fand, aber niemals an denen von Espen!). So war ich vorhin mal kurz in der näheren Umgebung bei mehreren Pappeln, Pyramiden- und Bastardpappeln, und habe unter den Bäumen vom Boden gesammelt bzw an einer Stelle mit dem Kehrblech vom Bürgesteig eingesammelt. Vermutlich sind in diesen noch nicht ganz aufgeblühten Kätzchen noch sehr, sehr kleine und v.a. auch mehr Raupen drin als in den erst in abgeblühtem Zustand runter gefallenen Kätzchen. An einer Pyramidenpappel konnte ich solche jungen Kätzchen sogar von einem tief hängenden Ast pflücken – eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen darf!.

Also nichts wie raus und unter den Pappeln mal gucken, ob da schon Kätzchen liegen!

Eine mittelalte C. icteritia, die ein paar Tage zuvor in den Espenkätzchen gefunden worden war. Die Raupe ist dunkler als die 2 anderen Arten und hat eine ganz andere Rückenzeichnung (später wenn sie größer ist werden es Rauten).

Wer genau hinsieht kann hier den alten Kopf dieser C. icteritia-Raupe entdecken. Noch fehlen die später deutlichen Rauten auf dem Rücken.

Eine mittelalte S. circellaris. Solche hellen und bunten Exemplare dieser Art werden anscheinend manchmal fälschlich für C. gilvago oder C. ocellaris gehalten, aber bei genauerer Betrachtung sieht man schon Unterschiede.

Diese S. circellaris zeigt farblich gewisse Ähnlichkeiten mit den C. gilvago-Raupen, doch sieht man deutlich, dass die Rückenzeichnung aus den arttypischen Dreiecken besteht und dass der Kopf nicht so dunkel orange ist wie bei C. gilvago.

Ich könnte noch mehr Bilder verschiedener noch jüngerer und auch älter Stadien dieser  Arten hier bringen, von denen zumindest S. circellaris und X. icteritia nach Eizuchtbeobachtungen bis L6 gehen, aber für heute muss es mal reichen.

Übrigens kommen diese Arten auch in weiblichen Espenkätzchen vor, die aber erst so Mitte/Ende April fallen!

 

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8 Antworten zu Cirrhia gilvago, C. icteritia und Sunira circellaris-Raupen in Espenkätzchen

  1. Frank Rosenbauer sagt:

    Hallo Ludger,
    sehr interessant, werde in diesem Jahr auch mal wieder Kätzchen sammeln. Aber in etlichen Proben früherer Jahre hatte ich hier um Münster nie eine gilvago. Scheint besser entlang des Rheintals vertreten sein. Eine Frage: woran machst du an den jungen Raupenstadien die Bestimmung fest? Die Raupen mit den ausgeprägten Pfeilflecken entpuppten sich bei mir stets als circellaris und nicht gilvago.
    Grüße
    Frank

    • Ludger Wirooks sagt:

      Hallo Frank,

      also so richtige Pfeiflecken – bzw. Pfeilspitzenschenkelzeichnungen wie Herbert Beck das genannt hat – hat nur die gilvago, nicht die circellaris – man sieht das bei den Jungraupen der gilvago auch auf den mittleren Segmenten bei meinen hier gezeigten Fotos der etwas älteren Raupe sehr schön. Die circellaris hat da eher Dreiecke (streng genommen vielleicht 5-Ecke, so wie kleine Häuschen, manchmal in der Mitte aufgehellt, so dass das ganze eher wie ein V aussieht, jedenfalls gibt es bei ihr die dunklen Längsstriche an der Subdorsalen nicht so deutlich wie bei gilvago). Diese Art der Zeichnung ist eigentlich der sicherste Unterschied. Ferner ist die mittelalte gilvago insgesamt auffallend orange gefärbt und hat einen auffallend dunkel orangen Kopf mit einer anderen Kopfzeichnung. Womöglich hätte man die Bilder noch etwas vergrößen müssen, damit man das besser sieht.
      Am besten würde man sich pro Stadium zig Bilder von ganz vielen Exemplaren angucken – am besten auch noch dasselbe Exemplar kurz nach einer Häutung und 1, 2 Tage später – da gibt es auch Unterschiede, insofern, als in Richtung nächster Häutung die Zeichnungen meist undeutlicher werden.
      Ich arbeite übrigens sowieso gerade an einer umfangreicheren Publikation über gilvago und ocellaris, wo es um die Futterpflanzen, Phänologie, Larvaldiagnostik, falsch bestimmte Raupen in Büchern und im Internet etc. etc. geht. Da das womöglich noch etwas dauert (v.a. wenn ich bezüglich der Espentiere noch auf den Falterschlupf würde warten wollen) kann ich aber gerne noch mehr Fotos hier oder anderswo einstellen oder gerne auch von Dir gemachte Fotos bestimmen. Das ist alles keine einfache Angelegenheit mit den Herbsteulen, aber durchaus möglich.

      viele Grüße,
      Ludger

  2. Ludger Wirooks sagt:

    Hallo Herr Winkler,

    das erstaunt mich sehr, denn ich habe trotz sehr intensiven Sammelns von Weidenkätzchen (u.a. auch im Rahmen einer von mir betreuten Bacherlorarbeit in 2019) noch niemals eine einzige Orthosien-Raupe in den Kätzchen gehabt – nur massenhaft Herbsteulen sowie einige Wintereulen (=Conistra) und diverse Frostspannerarten.
    viele Grüße, Ludger Wirooks

  3. Peter Stüben sagt:

    Es wäre in jedem Fall sinnvoll, solche sehr interessanten Raupen-Artikel IMMER zunächst mit einer Abbldung der Imagines (!) zu beginnen, um dem Leser einen Anhaltspunkt zu geben und vor allem bei der Stange zu halten! Denn der wird mit dem Namen der Art im Speicher gleich zum Lepiforum wechseln, sich dort die Falter anschauen, um die es überhaupt geht, und hoffentlich danach wieder in den Artikel zurückkehren… Also ein wissenschaftsdidaktisches Vorgehen seitens der Autoren und Herausgeber wäre hier nicht schlecht.

    • Armin Dahl sagt:

      Hallo Peter, besser geht immer, wir lassen den Autoren der Texte für die Webseite aber erst mal die Freiheit, ihre Leserschaft zu finden.
      Die Raupen stehen in der Überschrift, der Artikel hat aktuellen Bezug, jetzt im Frühling, nach dem Sturm. Zu den Arten gibts ja schon mehr von Ludger. Viele Grüße

    • Ludger Wirooks sagt:

      Hallo Herr Stüben,

      ich verstehe nicht so ganz wie Sie das meinen, also warum zunächst eine Abbildung der Imagines in den Beitrag rein sollte:
      Geht es um die Bestimmungssicherheit? Diese Raupen hier sind ohnehin noch Raupen, so dass ich nur Falter von anderen Raupen der letzten Jahre zeigen könnte an dieser Stelle. Ausführlichere Analysen zu Raupenmerkmalen mit Schlupfdaten der Falter und entsprechenden Fotobelegen etc. sind ohnehin einer größeren schriftlichen Publikation vorbehalten, an der ich gerade arbeite. Dies hier soll gar keine Publikation sein, sondern nur ein Beitrag um andere Lepidopterologen darauf aufmerksam zu machen, dass sich mit dieser Methode womöglich Lücken in den Verbreitungskarten schließen lassen und die Leute durch Nennung der potenziellen Ausbeute anspitzen diese Methode auch mal selber auszuprobieren. Da spielt es eigentlich auch keine Rolle, ob sich ein Leser nun hier auf der Melanargia-Seite irgendwo ein Falterbild anguckt oder im Lepiforum. Diese Internetseite steht ja auch in keiner Weise in Konkurrenz zum Lepiforum.

      viele Grüße,
      Ludger Wirooks

      • Peter Stüben sagt:

        Lieber Herr Ludger Wirooks,
        natürlich weiß ich ihren sehr schönen und informativen Beitrag zu würdigen. Zutreffende Raupen-Darstellungen sind sicher immer etwas ganz besonderes! Aber darum ging es mir auch gar nicht. Meine Anregung betraf etwas ganz anderes, und ich sehe nicht, dass sie irgendwie darauf tatsächlich eingegangen wären (so sprechen sie von dem, was sie alles noch vorhaben u.v.m.). Es wäre schön, informativ und zweckdienlich, wenn man solche Raupenstudien grundsätzlich mit einem bekannten Falterfoto einleiten würde, denn nicht in jedem Fall darf man vom Leser erwarten, dass er die Raupen in ihren jeweiligen Stadien schon kennt und richtig zuordnen kann (und das betrifft sicher auch viele Kollegen). Wissenschaftsdidaktisch bleibt hier die Zuordnung zum fertigen Falter ein wenig auf der Strecke. Nochmals, das hat mit dem Inhalt ihres Beitrags oder gar mit einer von ihnen vermuteten Konkurrenz zum Lepiforum wirklich nichts zu tun. Und natürlich würde ich ihnen auch Recht geben, dass das letztlich auch etwas mit der Bestimmung der Falter und ihrer Raupen selbst zu tun hat (siehe ‚Frank‘). Ein Argument, das sie selber nennen, aber an das ich zunächst gar nicht gedacht hatte.
        Mit kollegialen Grüßen
        Peter Stüben

  4. Siegfried Winkler sagt:

    Ich habe schon vor über 50 Jahren als Jugendlicher verblühte Kätzchen von männl. Salweiden eingesammelt und in einer Kiste später mit niederen Pflanzen (Löwenzahn, Wegerich usw) versorgt. Es kamen überwiegend Orthosia-Arten zur Entwicklung, früher Monima sp. Konnte seinerzeit aber auch nicht alle Arten bestimmen, da gute Bilder von Raupen Raritäten waren.

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