Vor 175 Jahren, am 9.4.1846, gründete Johann Carl Fuhlrott den „Naturwissenschaftlichen Verein von Elberfeld und Barmen“. Heute würde man diese Leute wahrscheinlich als „Bürgerwissenschaftler“ oder „Citizen Scientists“ bezeichnen. Damals nannte man sie im englischsprachigen Raum „gentlemen scientists“. In der Tat gehörte seinerzeit die Beschäftigung mit der Natur, angefeuert durch die Erkenntnisse von Berühmtheiten wie Charles Darwin und Alexander von Humboldt, zum guten Ton. Bald schon stieß Gustav Weymer zu den interessierten Naturkundlern und veröffentlichte ab 1863 seine Beobachtungen zu Tag- und Nachtfaltern im Raum Wuppertal und Hilden unter anderem in den Jahresberichten des Vereins.
Unsere Erkenntnisse zu den Schmetterlingspopulationen im Bergischen Land im 20. Jahrhundert verdanken wir in erster Linie den zusammenfassenden Darstellungen von uns wohl bekannten Persönlichkeiten: Helmut Kinkler, Friedhelm Nippel, Günter Swoboda and Willibald Schmitz. Unsere vier tatkräftigen Lepidopterologen veröffentlichten in den Jahresberichten des Vereins zwischen 1971 und 1992 den Kenntnisstand zur Schmetterlingsfauna und trugen von zahlreichen Privatpersonen gesammelte Tiere in der „Sammlung Bergisches Land“ zusammen. Diese befindet sich heute, nach dem unrühmlichen Ende des Fuhlrott-Museums in Wuppertal, im Löbbecke Museum in Düsseldorf. Nicht unerwähnt sei hier auch die Übersichtsarbeit von Karl Stamm „Prodromus der Lepidopteren-Fauna der Rheinlande und Westfalens“.
Heute, fast 160 Jahre nach der ersten veröffentlichten Studie zu den Schmetterlingen in und um Wuppertal und Hilden, können wir recht genau sagen, welche Arten ab- und welche zugenommen haben, welche verschwunden sind und welche unser Gebiet neu erobert haben. Ebenso wird deutlich, welche Arten sich auf einem stabilen Niveau bewegen. Die Daten haben wir in einer umfassenden Tabelle zusammengestellt, die die Grundlage für eine Zusammenfassung im „Journal of Insect Conservation“ bildete.
Den Artikel (Zitat: Laussmann T, Dahl A, Radtke A: Lost and found: 160 years of Lepidoptera observations in Wuppertal (Germany). Journal of Insect Conservation, published online: 22. February 2021, https://doi.org/10.1007/s10841-021-00296-w) gibt es hier zum Herunterladen (Save->download).
Wenn es dort Probleme gibt, findet sich hier die Rohfassung und die Tabelle („Supplement“) in der akzeptierten Endversion.
Die wesentlichen, für den Lepidopterologen wohl wenig überraschenden, Erkenntnisse zeigen die folgenden Grafiken, die sich mit Rechtsklick in Vollauflösung anzeigen oder herunterladen lassen. Alternativ stellen wir hier die Infografiken als frei zu bearbeitende Power-Point Präsentation zu Verfügung.
Welche Arten genau abgenommen und zugenommen haben, ist in der oben erwähnten Artenliste (Excel-Datei) genau aufgeführt. Für die Beurteilung von Spezialisten und Generalisten haben wir auf das Buch „Praxishandbuch Schmetterlingsschutz“ zurückgegriffen, das unserer Meinung nach viel zu wenig Anwendung findet.
Natürlich haben wir in dem Artikel auch unsere Aufassung zu Ursachen und zu Gegenmaßnahmen dargestellt, mit denen ich an dieser Stelle, da es für die meisten von uns „kalter Kaffee“ ist, nicht langweilen möchte.
In jedem Fall bleibt festzuhalten, dass nur die tatsächliche Beobachtung von Tag- und Nachtfaltern und die systematische Erfassung der Arten solche Auswertungen möglich machen. Hilfreich sind dabei moderne Smartphone-Tools wie „ObsMapp“ oder „iObs“. Unerfahrenen wird dabei die Arterkennung anhand von Handy-Photos ermöglicht.
Hoffen wir also, dass die Tugenden eines „gentleman scientist“ oder einer „lady scientist“ eine Renaissance erleben!