Bericht zum Klimafolgenmonitoring der Stadt Düsseldorf 2021 ist Online

Auch im 13. Jahr der alljährlich seit 2009 durchgeführten Kartierungen wurden im Rahmen des Klimafolgenmonitorings der Stadt Düsseldorf erstaunlicherweise noch einmal 7 bzw. 10 neue Arten von Großschmetterlingen im Eller Forst bzw. auf dem Golfplatz Hubbelrath nachgewiesen. Jeweils 3 dieser Neufunde gelangen durch Raupensuche. Damit erhöhte sich die Zahl insgesamt nachgewiesener Arten auf 357 bzw. 346.

Ulmenzipfelfalter (Satyrium w-album) an Baldrian saugend auf der Sumpfwiese im Eller Forst, Erstnachchweis am 12.7.2021 (Foto: Ludger Wirooks)

Diesmal waren unter den neuen Arten auch mehrere Tagfalter, u. a. 2 Arten, die im letzten Jahrzehnt auch anderswo in NRW deutlich häufiger geworden sind: Der Große Schillerfalter (Apatura iris) in Hubbelrath und der Große Fuchs (Nymphalis polychloros) im Eller Forst. Beiden Arten wurden im Larvalstadium nachgewiesen. Vieles spricht dafür, dass für die mittelfristige Populationszunahme und Ausbreitung beider Arten zumindest auch der Klimawandel verantwortlich gemacht werden kann. Ähnliches trifft auch auf den erstmals auf dem Golfplatz Hubbelrath gefundenen Nachtkerzenschwärmer (Prosepinus proserpina) zu, der als bisher einzige Schmetterlingsart dieser Untersuchung gemäß FFH-RL Anhang 2 streng geschützt ist. Von ihm wurden an einer Stelle gleich 5 ausgewachsene Raupen gefunden. Auch bei einigen anderen der neu gefundenen Arten könnte der Klimawandel beim Erstnachweis eine Rolle gespielt haben, aber auch Randeffekten oder purem Zufall dürften einige der Neufunde geschuldet sein.

Raupennest vom Großen Fuchs (Nymphalis polychloros) am Rand des Eller Forstes in Düsseldorf, 12.5.2021 (Foto: Ludger Wirooks)

Detaillierte Datenauswertungen über die Düsseldorfer Klimafolgenmonitoringdaten hinaus zeigen, dass es in NRW 18 gegenüber der alten Roten Liste neu hinzugekommene Arten gibt, von denen mindestens 7 wohl als klimabedingt sich schnell ausbreitende Arealerweiterer angesehen werden können. Bei den 14 neu hinzugekommenen ausgestorbenen bzw. verschollenen Arten gibt es hingegen nur eine, die früher einmal deutlich weiter verbreitet war und bei welcher der Klimawandel zumindest mit eine Rolle beim Rückgang gespielt haben könnte.

Diese überwinterte Jungraupe vom Großen Schillerfalter (Apatura iris) wurde am 3.4.2021 auf dem Golfplatz Düsseldorf Hubbelrath zufällig mit vom Baum gepflückten weiblichen Salweidenkätzchen eingetragen (Foto: Ludger Wirooks)

Neben solchen qualitativen Faunenveränderungen gibt es aber auch viele rein quantitative Veränderungen. So konnten 17 Großschmetterlingsarten ermittelt werden mit sehr, sehr deutlichen Arealerweiterungen in den letzten paar Jahren und Jahrzehnten. Die Zahl und das Ausmaß solcher Arealgewinne nahmen dabei parallel zum immer stärker erkennbaren Klimawandel zu und es erscheint bei vielen dieser Arten auch ökologisch betrachtet plausibel, diese kurz- und mittelfristigen Veränderungen in erster Linie auf den Klimawandel zurückzuführen. Dagegen konnte nur eine Art ermittelt werden mit deutlichen seit ca. dem Jahr 2000 erkennbaren Arealverlusten, bei der alle Indizien darauf hindeuten, dass diese dem Klimawandel geschuldet sind.

Raupen des Nachtkerzenschwärmers (Proserpinus proserpina) an Zottigem Weidenröschen auf dem Golfplatz Düsseldorf Hubbelrath, 23.7.2021 (Foto: Ludger Wirooks)

Auch unter den Arten ohne Arealveränderungen gibt es aber einige mit Bestandsrückgängen, und zwar sowohl seltene Habitatspezialisten als auch häufige Ubiquisten. Gründe für solche Rückgänge zu ermitteln gestaltet sich meist schwieriger als bei Arten mit deutlichen Arealveränderungen. Der Klimawandel mag zwar auch dabei manchmal eine Rolle spielen, doch sind meist wohl in erster Linie andere Faktoren dafür verantwortlich, wie z.B. Eingriffe des Menschen in die Landschaft.

Fundort von 5 Raupen des Nachtkerzenschwärmers (Proserpinus proserpina) auf dem Golfplatz Düsseldorf Hubbelrath, 23.7.2021 (Foto: Ludger Wirooks)

Eine Analyse der neuen Roten Liste NRW offenbart in diesem Zusammenhang, dass der Höhepunkt der Aussterbewelle in NRW in den 70er und 80er des letzten Jahrhunderts lag und nach 1990 deutlich weniger Arten ausgestorben sind. Parallel dazu kamen – v.a. bedingt durch den Klimawandel – jedoch viele Arten neu hinzu, so dass die Gesamtartenzahl in NRW momentan eher steigt als sinkt.

Der neue Gesamtbericht zum Klimafolgenmonitoring der Stadt Düsseldorf, der neben den Schmetterlingen ja auch noch weitere Tiergruppen, Pflanzen und Flechten beinhaltet, kann hier eingesehen und als pdf heruntergeladen werden: http://www.ulfschmitz.de/Projekte.htm

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6 Antworten zu Bericht zum Klimafolgenmonitoring der Stadt Düsseldorf 2021 ist Online

  1. Markus Oliver Braun sagt:

    Proserpinus proserpina fand ich im Lavalzustand Ende August, ebenfalls auf der Futterpflanze dem krautigen Weidenröschen, auf dem Friedhof in Marl Brassert. In anderen Gemeinden würde man es teilweise überhaupt nicht dulden Gräber so verwahrlosen zu lassen. Ich fand eine Stelle da wucherte Weidenröschen, am Grab daneben hatte Salix caprea sich ausgesät und wuchs schon Meterhoch.

  2. Karl-Heinz Jelinek sagt:

    Bei der Ausbreitung von Nymphalis polychloros kann man in der Tat davon ausgehen, dass die Klimaerwärmung eine wesentliche Ursache sein kann. Bei Apatura iris habe ich hingegen große Zweifel. Dieser kältetolerantere der beiden Schillerfalter kommt auch in Süd-Skandinavien vor, auf der Apenninhalbinsel hingegen nicht mehr, im Gegensatz zum Wärme liebenden Apatura ilia. Letzterer breitet sich offenbar begünstigt durch die Hitzesommer der vergangenen Jahre nach Norden aus.

    • Wirooks, Ludger sagt:

      ja, beim dem A. iris bin ich schon auch eher skeptisch, aber ich musste es im Bericht zumindest mal erwähnen – immerhin fällt seine Vermehrung ganz gut zu mit den Hitzesommern der vergangenen Jahre zusammen. Es ist ja auffällig, dass in den letzten 4,5, Jahren v.a. einige große Tagfalterarten häufiger geworden sind – aber was da nun genau hintersteckt ist nicht leicht zu ergründen. Der A. iris lebt ja an schattigen Waldsäumen mit Salweiden – warum war er vorher überhaupt so selten? Man hat das ja meist mir schlechter Waldpflege erklärt (Förster nehmen zu viel Weichholf an Wandrändern raus etc.).
      Aber vielleicht hat das alles weder mit dem Klima noch mit der Försterei zu tun, sondern womöglich sind das einfach nur normale Schwankungen – vielleicht spielt dabei auch ein Parasit eine Rolle – wer weiß!? Ich glaube in dem Bericht hab‘ ich mich zu der Art sehr vorsichtig ausgedrückt bezüglich der möglichen Ursachen und alles mal andiskutiert. An Naturschutzmaßnahmen wird es wohl kaum liegen bei der Ökologie der Art…… – oder sind die Waldsäume heute besser dran als früher?
      Ich fürchte man wird bei vielen Arten damit leben müssen nur zu „spekulieren“, warum wer häufiger oder seltener geworden ist – etwas wirklich zu beweisen wird selten möglich sein.
      Bei der oben in meinem Text (wohl aber im Bericht) nicht namentlich genannten Graphiophora augur bin ich mir aber sehr sicher, dass das einer der wenigen Klimaverlierer ist. Alleine die Verbreitungskarten sprechen Bände wenn man zudem noch die geringe Biotopbindung der Art berücksichtigt. Was anderes als das Klima sollte dazu führen, dass eine vorher +/- überall vertretene Art nur noch in den 2,3 kältesten Ecken von NRW vorkommt?

  3. Werner Kunz sagt:

    Beim Ulmenzipfelfaltere im Eller Forst am 12.7.2021 handelt es sich nicht um einen „Erstnachchweis“.
    Siehe:
    https://www.naturgucker.de/?bild=-150042996

    • Wirooks, Ludger sagt:

      Im gesamten Eller Forst ist es freilich nicht der Erstnachweis – da gibt es schon einige Nachweise aus den letzten Jahren (z.B. auch von Tobias Krause und Martine Goerigk). In dem nur ca. 30 ha kleinen speziellen Klimafolgenmonitoringuntersuchungsgebiet Eller Forst (Karte siehe aktueller Bericht Seite 142) und im Rahmen von dessen methodisch definierter Kartierung durch Armin Dahl und mich seit 2009 ist es aber schon der erste Nachweis.

    • Armin Dahl sagt:

      Der Ulmenzipfelfalter ist im Eller Forst schon vor vielen Jahren wieder nachgewiesen worden, durch die Untersuchungen von Mesenhöller. Fundort war seinerzeit der Waldweg an der ehemaligen Deponie. Danach gab es eine ganze Menge Nachweise entlang der Bahntrasse Hilden / Eller, die aber alle nicht im UG des Klimafolgenmonitorings lagen.

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