Wiederfund des Zweizahn-Winkelspanners Euphyia biangulata in der Niederrheinischen Bucht

Gute Naturschutzarbeit wird belohnt: der Zweizahn-Winkelspanner Euphyia biangulata (Haworth, 1809), der in der Obstblütenlandschaft Botzdorf-Hennessenberg bei Bornheim ans Licht kam, ist ein Wiederfund dieser Art in der Niederrheinischen Bucht.

Die alte Kulturlandschaft, genannt „Obstblütenlandschaft Botzdorf-Hennessenberg“ in Bornheim, steht größtenteils unter Naturschutz und ist reich strukturiert mit vielen verschiedenen Biotopen wie Wäldchen, Hecken, Obstwiesen, Weiden, Wildkrautäckern, Brachen sowie offenen Sandflächen und Kleingewässern. Hier engagieren sich eine Reihe von Initiativen und Vereinen und pflegen die Flächen in Handarbeit. Mit vielen Kartierungen wurden schon beeindruckende Artenlisten verschiedenster Organismengruppen erstellt [1].  Mein Mann Hajo Schmälter und ich tragen nach und nach einiges an Nachtfalterarten zusammen. Wir freuen uns nicht nur selbst über seltene Falter, sondern auch darüber, den Akteuren dort immer wieder den Lohn ihrer Mühen vor Augen führen zu können.

Euphyia biangulata, Bornheim, 18. August 2024  (Foto: Brigitte Schmälter)

Der Abend des 18.08.2024 ließ sich „durchwachsen“ an, zwar blieb es trocken, doch kam Wind auf, der die Leuchtürme und auch die Falter heftig durcheinanderschüttelte und uns schon ans Abbauen denken ließ. Die Artenliste des Abends war mittelprächtig, doch konnte ich der dortigen Gesamtliste von mehr als 300 Nachtfalterarten weitere zehn  hinzufügen. Und darunter ragte Euphyia biangulata besonders hervor,  ein augenscheinlich frischer Falter mit schönen Grüntönen. Diese hübsche und auffällige Art kann man eigentlich weder übersehen noch verwechseln, wenn man sie zu Gesicht bekommt.

Die Art gilt in Nordrhein-Westfalen nach der Roten Liste von 2021 insgesamt als gefährdet (Kategorie 3), in der Niederrheinischen Bucht (NRBU) als ausgestorben oder verschollen [4].

In der Verbreitungskarte von Euphyia biangulata im Melanargia-Portal gibt es einige Funde in Quadranten, die über die Grenze der Niederrheinischen Bucht hinaus reichen [6]. Diese habe ich an Hand der originalen Datenbankeinträge überprüft. Zwei Funde vor 2021 im Grenzbereich zur Niederrheinischen Bucht sind ganz knapp außerhalb der NRBU gelegen, einmal flog ein Falter 2013 Ludger Wirooks im Propsteier Wald bei Eschweiler ans Licht, wobei die Naturraumgrenze durch diesen Wald läuft. 2017 fand Heinz Schumacher einen Falter bei Königswinter im NSG Siebengebirge, am Felsfuß des Drachenfelses oberhalb der Weinberge. Dieses Habitat ist faktisch dem Naturraum Eifel/Siebengebirge zuzurechnen, auch wenn es formal noch in der Bucht liegt. Doch wurde die Grenzziehung der Naturraumgrenzen schon mehrfach als zu grob kritisiert [3], sie passt in vielen Einzelfällen, so auch am Drachenfels, nicht zu den tatsächlichen Gegebenheiten. Alle anderen biangulata-Funde in Quadranten, durch die Naturraumgrenzen der Niederrheinischen Bucht (NRBU) verlaufen, liegen  im Naturraum Eifel/Siebengebirge.

Wenn es ein Wiederfund ist, muss es eigentlich alte Funde geben, zumal in der Roten Liste von 2011 die Art in der NRBU noch in Kategorie 2 geführt wurde. Möglicherweise beruhte das jedoch auf der irrtümlichen Zuordnung des Kottenforstes bei Bonn mit den dortigen Funden zur NRBU, wie mir zu Ohren kam. Der Kottenforst gehört allerdings naturräumlich zur Eifel. Bisher habe ich jedenfalls keine alten Funde in der Bucht ausfindig machen können. Der neue Fundort des Zweizahn-Winkelspanners in Bornheim liegt eindeutig in der Niederrheinischen Bucht, auch wenn er am Vorgebirge bereits etwas höher liegt als die Rheinebene.

E. biangulata wird als Art der Wälder und Waldränder beschrieben, wobei sie auch mit kühlen Lagen zurechtkommt, [2] und [5]. Außerdem braucht sie eher feuchte Habitate, wo Sternmieren der Gattung Stellaria, die (Haupt-) Nahrungspflanzen ihrer Raupen, z.B. an feuchten Wegrändern wachsen – also eher andere Sternmieren als die bekannte Vogelmiere, die als Acker- und Gartenunkraut bekannt ist. Vielleicht gefällt der Art daher die Obstblütenlandschaft, wo es auch solche feucht-schattigen Bereiche gibt, die selten gemäht werden. Wo dagegen die Wegränder von Waldwegen und Straßen häufig und gründlich „abrasiert“ werden, kann die Art nicht überleben.

Literatur und Links:

[1], Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Kreisgruppe  Rhein-Sieg (2024): Pflanzen und Tiere in der Obstblütenlandschaft Bornheim
https://www.bund-rsk.de/fileadmin/rheinsieg/Publikationen/Obstbluetenlandschaft2024-kl.pdf

[2] Ebert, G. [Hrsg.] (2001): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 8: Nachtfalter VI. – 541 S.; Stuttgart (Ulmer).

[3] Schumacher, H. & Vorbrüggen, W. (2013): Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der Großlandschaften in Nordrhein-Westfalen – Melanargia, 25: 26-29, Leverkusen

[4] Schumacher, H. & Vorbrüggen, W. (2021): Rote Liste und Artenverzeichnis der Schmetterlinge – Lepidoptera – in Nordrhein-Westfalen. 5. Fassung, Stand: Makrolepidoptera Dezember 2020, Stand Mikrolepidoptera März 2021. – Melanargia, 33, Beiheft 1: 1-174, Leverkusen

[5] Steiner, A., Ratzel, U., Top-Jensen, M. & Fibiger, M. (2014): Die Nachtfalter Deutschlands. Ein Feldführer. – Østermarie (BugBook Publishing)

[6] Melanargia-Portal, Verbreitungskarte von Euphyia biangulata, https://portal.ag-rh-w-lepidopterologen.de/Lepi/EvidenceMap.aspx?Id=444714 abgerufen am 19.08.2024

Obstblütenlandschaft Bornheim: Aktuelle Daten bei observation.org

 

 

 

 

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Eine Antwort zu Wiederfund des Zweizahn-Winkelspanners Euphyia biangulata in der Niederrheinischen Bucht

  1. Wirooks, Ludger sagt:

    so hübsch frisch sahen meine Falter leider nie aus!
    Mit den Naturraumgrenzen ist das echt so eine Sache – mein 1. Falter stammt vom Lousberg in Aachen aus meiner Diplomarbeit 1992 – das ist ja auch ziemlich an der Grenze von Eifel und Bucht.

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