Oh Mosella – Exkursion der AG nach Leiwen im Juni 2018

Zwölf Teilnehmer verbrachten ein ganzes Exkursions-Wochenende an der Mittelmosel im Raum Leiwen. Die Artenvielfalt an der Mosel ist auch abseits der Fels-Biotope an der Untermosel spektakulär. Und es gab mal wieder keinen einzigen Schluck Wein, dafür den Erstnachweis einer Großschmetterlingsart für Rheinland-Pfalz.

Drei Lichtfänge hintereinander, ergänzt durch entsprechende Tagesexkursionen in verschiedene spannende Lebensräume: Das Moselwochenende 15.-18. Juni 2018 war anstrengend, aber Beschwerden waren keine zu hören. Das Wetter passte und der Kenntnisstand über die Vorkommen einer ganzen Reihe faunistisch interessanter Arten konnte erheblich erweitert werden.

Nachdem wir im Vorjahr die Moselhänge um Piesport und Minheim unter die Lupe genommen hatten, waren diesmal die Dörfer Neumagen-Drohn, Leiwen und Detzem an der Reihe, die ein paar Kilometer weiter flussaufwärts liegen. Das ganze Gebiet ist eine der ältesten Kulturlandschaften in Deutschland, schon der als „Moseldichter“ bekannte Gallier Decimus Magnus Ausonius war im vierten Jahrhundert nach Christus begeistert von der Landschaft und ihren Bewohnern.
Im Gegensatz zu Ausonius’ ausführlichen Beschreibungen der Tierwelt ist der aktuelle entomologische Forschungsstand der Mittelmosel zwischen Trier und Bernkastel-Kues eher überschaubar: Die Felshänge der Untermosel sind für die meisten Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft leichter zu erreichen ,und deshalb viel besser untersucht.
Diese offensichtliche Forschungslücke hat seit ein paar Jahren unseren Ehrgeiz geweckt, und so war das erklärte Ziel der Unternehmung, hier für möglichst viele neue Kästchen auf den Art-Verbreitungskarten zu sorgen.

Mosel zwischen Detzem und Neumagen-Drohn

Mosel zwischen Detzem und Neumagen-Drohn. Rot: Lichtfang-Standorte und Ferienpark. Kartengrundlage: openstreetmap.org

An der Mosel Lichtfang betreiben ist ohne genaue Ortskenntnis ein Glücksspiel, und so stand als erstes die Erkundung des ersten Leuchtplatzes oberhalb der Staustufe Detzem auf dem Plan. Und dabei gab es schon direkt die ersten Highlights:

Großer Schillerfalter (Apatura iris) formatfüllend: Das lockt sogar die Kinder aus dem Auto! Foto: Armin Dahl

Großer Schillerfalter (Apatura iris). Foto: Anna Lina Kutter

Auf den Wegen am Oberhang der Weinberge waren an mehreren Stellen Große Schillerfalter zu sehen, frisch geschlüpft und Mitte Juni ungewöhnlich früh unterwegs. Das Dörfchen Detzem mit seinen gut 500 Einwohnern hat übrigens einen aus dem lateinischen abgeleiteten Namen, es liegt zehn („decem“) keltische Leugen (Meilen, 22 Kilometer) moselabwärts von Trier.

Treffpunkt und Hauptquartier der Exkursion war ein Ferienpark auf der Hunsrück-Seite oberhalb von Leiwen, dort versammelten sich am späten Nachmittag die insgesamt zwölf Teilnehmer zur Lagebesprechung. Häufigster Tagfalter im Park und überhaupt allgegenwärtig im ganzen Exkursionsgebiet war übrigens der erst seit wenigen Jahren in der Region auftretende Brombeer-Perlmutterfalter Brenthis daphne (BERGSTRÄSSER, 1780).

Eremobia ochroleuca, Detzem, 15. Juni 2018 am Licht (Foto: Armin Dahl)

Am Abend verteilte sich dann die Exkursion mit ihren Leuchtanlagen am Waldrand und in den Weinbergsbrachen am Westhang des Alsbergs oberhalb von Detzem, und der Anflug an die Lampen war beachtlich: Weit über 100 Großschmetterlingsarten standen auf der Gesamt-Artenliste, darunter die an der Mosel bisher nur in Einzelexemplaren gefundene Ockerfarbene Queckeneule Eremobia ochroleuca ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775).

Der ungewöhnlich heiße Mai 2018 hat die Entwicklung vieler Arten offenbar befördert, und so war auch bereits Catocala promissa, das Kleine Eichenkarmin, unterwegs. Weitere faunistische Höhepunkte waren Schwarzer Bär (Arctia villica), Schönbär (Callimorpha dominula) und die Südliche Felsflur-Erdeulec Dichagyris candelisequa ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775), die ihrem lateinischen Artnamen entsprechend (Candela: Kerze, sequor: ich folge) am Licht zu sehen war.

Am Samstag sondierten die Exkursionsmitglieder in kleinen Gruppen die Umgebung des Parks, und hier gab es viele tolle Tagfalter-Bebachtungen: Großer und Kleiner Schillerfalter, Kaisermantel und Großer Fuchs saßen an etlichen Stellen auf den Waldwegen und ließen sich leicht beobachten und fotografieren, ebenso die an Schlehe lebenden Zipfelfalter Satyrium acaciae und S. pruni. Besonders überraschend war der Fund von Rhyparia purpurata in einer Sandgrube auf der Höhe oberhalb von Neumagen Drohn. Der Purpurbär ist tagaktiv und gut getarnt, wird deshalb nur selten gemeldet.

Abends ging es dann wieder zum Lichtfang, diesmal in den nach Südwesten exponierten Steilhang über den Drohntal, in eine Mischung aus Weinbergen und Brachen, die sich über mehrere Kilometer erstreckt. Auch hier graute schon der Morgen bis die Teilnehmer alle wieder in ihren Betten lagen, und die Artenliste war noch ein wenig länger als am Vorabend. Wieder waren wieder zahlreiche Falter von Dysauxes ancilla unterwegs. Wie das Tier zu dem schönen Deutschen Namen „Kammerjungfer“ kommt, war auf die Schnelle nicht zu klären. Die Art scheint jedenfalls in der Region verbreitet zu sein, und wurde bei allen Lichtfängen im Rahmen der Exkursion in Anzahl beobachtet.

Eisvogel-Alarm in der Brombeer-Hecke vor dem Quartier. Gabi Miebach, Uli Retzlaff und Tim Laußmann im Einsatz.

Imponierend, aber ein harmloser Riese: der "Hornissenschwärmer" Sesia apiformis hat keinen Stachel. (Foto: Armin Dahl)

Imponierend, aber ein harmloser Riese: der „Hornissenschwärmer“ Sesia apiformis hat keinen Stachel. (Foto: Armin Dahl)

Der Sonntag ging dann eher gemütlich zu, die Tagfalterfotografen kamen noch einmal auf ihre Kosten. Kleiner Eisvogel, Großer Fuchs, Brombeer-Perlmutterfalter in Menge, das alles zum Kaffee auf der Terrasse des Quartiers: Klagen über zu wenig Schmetterlinge waren am ganzen Wochenende keine zu vernehmen. Hinzu kamen noch eine Reihe von Arten, die nur mit Spezialausrüstung überhaupt hervor gelockt werden können: Glasflügler! Die eingesetzten Pheromonfallen, ohne die man diese Tiergruppe praktisch nicht zu Gesicht bekommt, erbrachten im Verlauf des Wochenendes acht verschiedene Arten Synanthedon myopaeformis, S. formicaeformis, S. andrenaeformis, S. tipuliformis, S. vespiformis, Pyropteron chrysidiformis, Paranthrene tabaniformis, und der imponierende „Hornissenschwärmer“ Sesia apiformis, letzterer im Drohntal, elf Exemplare in einer Stunde, und alle zusammen neu für das Gebiet.

Eher trostlos dann das Vorabend-Programm: Public viewing des Fußballspiels Deutschland-Mexiko in der von Hüpfburgen umstellten Kneipe eines holländischen Ferienparks, das schreit nicht nach Wiederholung. Und das nicht nur weil „wir“ das Spiel verloren haben. Überhaupt zum Thema Geselligkeit: Das Hauptprodukt der Region, der Moselwein, kommt bei den Exkursionen der Arbeitsgemeinschaft praktisch nie zum Einsatz. Schoppen trinken, nächtelang Lichtfang betreiben und Tagesexkursionen in durchglühte Weinbergsbrachen vertragen sich nicht!

Dichagyris forcipula, Moselsteig bei Neumagen-Drohn, 17. Juni 2018 (Foto: Armin Dahl)

Nächtlicher Blick vom Moselsteig auf Trittenheim und den Leiwener Ortsteil Zummethof,

Nächtlicher Blick vom Moselsteig auf Trittenheim und den Leiwener Ortsteil Zummethof, 17. Juni 2018 (Foto: Armin Dahl)

In der Nacht von Sonntag auf Montag war dann der dritte Lichtfang fällig, dieses Mal auf dem Moselsteig mit Blick auf Trittenheim. Bei besten äußeren Bedingungen war die Beobachtungsliste der Großschmetterlinge wiederum dreistellig, darunter weitere typische Arten der Wärme liebenden Moselfauna wie Epilecta linogrisea und die seltene Dichagyris forcipula.

Weit nach Mitternacht dann noch eine kleine Sensation: Eublemma purpurina ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775) – Purpur-Zwergeulchen, anscheinend ein Erstnachweis für Rheinland-Pfalz. Ob sich das Tier an Ort und Stelle entwickelt hat bleibt erst einmal ungeklärt, seit 2014 gibt es Funde des tropisch-bunten Tierchens z.B. in Belgien, den Niederlanden und auch in Nordrhein-Westfalen.

Fazit und Ausblick
Aktuell stehen aus dem Messtischblatt 6107 Neumagen-Drohn 430 Groß- und Kleinschmetterlingsarten auf der Liste, vor Exkursionsbeginn waren es noch 253, die meisten davon stammen von der Exkursion der Arbeitsgemeinschaft zur Mosel-Loreley im Mai 2017. Wenn alles erfasst und alle Kleinschmetterlinge bestimmt sind, wird sich die Zahl sicher noch erhöhen.

Eublemma purpurina

Eublemma purpurina ([DENIS & SCHIFFERMÜLLER], 1775) – Purpur-Zwergeulchen. Neumagen-Drohn, 17. Juni 2018 am Licht (Foto: Armin Dahl)

Und im kommenden Jahr werden wir voraussichtlich die beiden benachbarten Messtischblätter „angreifen“: Aus dem MTB 6106 Schweich stehen 38 Arten in der Datenbank der Arbeitsgemeinschaft (http://nrw.schmetterlinge-bw.de/), aus dem MTB 6206 sind es gerade mal sechs Arten.


Literatur:

GOERIGK, M. (2018): Gelang Eublemma purpurina (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775) eine kurzfristige Ansiedlung in Nordrhein-Westfalen?. – Melanargia, 30 (2): 69-72

Dieser Beitrag wurde unter Bärenjagd, Exkursionen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Oh Mosella – Exkursion der AG nach Leiwen im Juni 2018

  1. Rolf sagt:

    Brentis daphne hat den Sprung in meine Gegend (Kreis Offenbach , Südhessen) leider noch nicht geschafft. Ich würde diese Art gerne mal sehen.
    4 Arten waren hier in Südhessen in diesem Jahr besonders zahlreich: Argynnis paphia, P. machaon, Brintesia circe, Nymphalis polychloros

Kommentare sind geschlossen.