Ein buntes Völkchen versammelte sich am letzten Novemberwochenende in Düsseldorf zum Westdeutschen Entomologentag. Der WET 2024 fand nicht wie gewohnt im Löbbecke-Museum statt, sondern im nahegelegenen Max-Planck-Gymnasium. Und das war auch gut so!
Abbildung 1: Gerolsteiner Kleiderbügel-Ameise, Erstnachweis auf dem WET 2024. Der oder die Künstlerin ist unbekannt.
Schultoiletten sind normalerweise kein Orte, an denen man sich länger als nötig aufhält. Keine Klobrille, Graffiti an den Wänden, „Atmosphäre“ wie auf einer Autobahn-Raststätte. Und aus diesem „Stillen Örtchen“ dringen zudem ungewöhnliche Geräusche heraus, jemand liest laut aus einem Buch vor. Spätestens jetzt war klar, dass auf dem WET 2024 irgend etwas merkwürdiges im Gange war.
Die SchülerInnen des Gymnasiums hatten sich im Vorfeld der Veranstaltung mit dem Thema Insekten beschäftigt. Und so wurde nicht nur phantasievoll gebastelt, sondern auf dem Klo auch Kafkas „Verwandlung“ vorgelesen. Oberstufen-Pflichtlektüre vom Band, in Dauerschleife. Sofort steigen einem die alten Bilder von Kafkas Käfer Gregor Samsa in den Kopf, der auf dem Rücken liegt und mit Armen und Beinen rudert. Entomologie Heute, mal ganz anders!
Nach dieser eher ungewöhnlichen Einführung in die Insektenkunde ging der WET allerdings wie gewohnt mit Vorträgen an den Start! Engagierte Studierende mit neuen Projekten, Wissenschaftsmanager, die Ergebnisse jahrzehntelanger Forschung vorstellen, polternde Gelehrte, die endlich ein Umdenken im Naturschutz fordern. Dazwischen Schüler, Citizen Scientist-Experten, Behördenmenschen und lokale NaturschützerInnen. Insgesamt hatten sich für den WET über 140 Leute angemeldet, und die Aula des Gymnasiums bot großzügig Raum für die Vorträge, kleine Tischgruppen für die Kaffeepausen, und ein paar Infostände.
Zwei Tage waren dicht gepackt mit spannenden Beiträgen, Langeweile kam nie auf. Thematisch war wohl für jeden etwas dabei, hier eine kleine Auswahl aus dem Programm: Es kommen immer mehr und neue Arten durch den Klimawandel zu uns. Die Seehundläuse haben Superkräfte und lassen sich nicht abschütteln. In den Niederlanden boomt die Erforschung der „Schietmotten“ genannten Köcherfliegen, befeuert durch die Datenberge aus den Bürgerwissenschaften. Tropische Froschmücken kann man mit Gequake vom Band anlocken, das eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Und es gab auch praktische Tipps für das Vereinsleben, am Rande der Entomologie: So berichtete der Düsseldorfer Sinnesökologie-Professor Klaus Lunau, dass die Einnahmen einer Spendendose steigen, wenn man ein Gesicht darauf abbildet!
Á propos Spendendose: Die Veranstaltung war gut besucht, der Service mit Kaffee, Keksen und Käsebrötchen lief wie am Schnürchen, das Bier beim Stehempfang am Abend war kühl und lecker. Die Arbeitsgemeinschaft war kopfstark vertreten, am Infostand gab es zahlreiche gute Gespräche, und die angebotene Literatur fand ebenfalls starkes Interesse. Für unseren Verein eine erstklassige Möglichkeit, unsere Themen zu präsentieren. Denn wir brauchen Geld! Nur so viel sei vorab verraten: Der Kampf für den Apollofalter geht in die nächste Runde. Einen Spendenaufruf dazu findet Ihr im nächsten Heft der Melanargia, das Anfang Dezember in den Briefkästen liegt.
Hier nur noch eine Schlußbemerkung: Die gesamte Veranstaltung wäre platzmäßig im Löbbecke-Museum gar nicht möglich gewesen, wo die beiden Seminarräume klein und schlecht belüftet sind, und man sich in den Pausen immer durch den Vorraum quetschen muss.
Das Max-Planck-Gymnasium als Partnerschule des Museums bietet dem WET die Möglichkeit, in Zukunft weiter zu wachsen. Danke für die schönen Kunstwerke und die großzügige Überlassung der Aula! Und besonderer Dank an Manuel König und das Organisationsteam vom Aquazoo-Löbbecke Museum!
Klasse-Artikel zu einem interessanten und gut organisierten Event!
Und schön, dass Du noch einmal den Veranstaltungsort MPG gewürdigt hast! Insbesondere die Beiträge der Schüler/innen waren super!
Gruß von
Jörg
Der Artikel über den WET 2024 ist ausgezeichnet. Wunderbar! Ich habe mich genauso wie andere Melanarigia Freunde sehr gefreut, da ich leider nicht daran teilhaben konnte.
Vielen Dank
Carl-Peter Blumenthal
Sehr treffend und wunderbar geschrieben! Ich finde auch, dass dieser Veranstaltungsort eine Zukunft haben sollte!