
Ringelspinner-Raupe. Detzem/Mosel 26. Mai 2024, Foto: Armin Radtke
Schmetterlingstechnisch hat die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen einen schlechten Ruf: Etliche Tag- und Nachtfalter machen einen weiten Bogen um Düsseldorf. Es gibt jedoch auch Arten die hier aktuell ihren Schwerpunkt haben.
Die Feldsaison 2025 ist voll im Gange, und wie jedes Jahr füllen sich E-Mail-Postfächer, Messenger, Chats und Datenbanken mit Beobachtungen häufiger und seltener Falter. Aktuell haben wir über die Vorkommen von vielen Arten ziemlich gute Vorstellungen, alleine durch die schiere Masse an Beobachtungen, die über die verschiedenen Online-Plattformen gemeldet werden. Dabei fällt immer wieder ein Phänomen auf, dass wir intern als das „Düsseldorfer Loch“ bezeichnen – eine Lücke in der Verbreitung mancher (Nacht-)Falter, für die wir bislang keine rechte Erklärung haben.
Ein Beispiel ist der Ringelspinner Malacosoma neustria, in früheren Zeiten anscheinend ein Massentier, das in Obstgärten starke Fraßschäden verursachte. Die Raupen marodieren vor allem an Prunus-Arten (Rosengewächse: Kirschen, Pflaumen usw.), STAMM (1981) schreibt zum Vorkommen von M. neustria lapidar: „Überall“.

Abbildung 1: Nachweise von Malacosoma neustria (2010-2025) rund um das „Düsseldorfer Loch“. Quelle: Observation.org, Stichting Observation International und lokale Partner
Aktuell fehlt der Ringelspinner in einem breiten Streifen vom Niederrhein bis ins Sauerland, und das bei hoher Beobachterdichte in der Region. Rundherum kommt die Art vor, in Holland, Belgien, Rheinland-Pfalz, und auch nördlich des Ruhrgebietes. Es gibt zahlreiche weitere Arten bei denen Ähnliches beobachtet werden kann, z.B. beim Brombeerspinner – Macrothylacia rubi und der Kleinen Pappelglucke – Poecilocampa populi. Liegt es an der massiven Lichtverschmutzung? Ist der Landstrich einfach toxisch dicht besiedelt? Oder hat Düsseldorf doch eine schlechte Aura? Noch nicht einmal das Wappentier des Vereins, das Schachbrett, wagt den Sprung nach Norden über die Wupper. Ein Mysterium, für das mir keine plausible Erklärung einfallen will.
Völlig anders gelagert ist die aktuelle Situation dagegen bei einem Neubürger, so hat sich die Steppenheiden-Spannereule – Pechipogo plumigeralis Hübner, [1825] im Großraum Düsseldorf mittlerweile fest etabliert. Der Einzelfund eines Falters 1997 in Leverkusen-Opladen wurde seinerzeit als Irrgast oder verschlepptes Tier bewertet (KINKLER 1998), war für viele Jahre der einzige Nachweis dieser Art in Nordrhein-Westfalen. In Belgien wurde die Art im Jahr 2000 zum ersten Mal (Provinz Westflandern) gefunden (Vanholder et al. 2002). Seit 2009 wurde P. plumigeralis in allen belgischen Provinzen beobachtet, aktuell ist die unscheinbare Art in Belgien und den Niederlanden flächendeckend verbreitet.

Pechipogo plumigeralis, Düsseldorf, 15. Juni 2025 (Foto: Klaus Büchler)
Die Steppenheiden (!) -Spannereule findet offensichtlich in den größeren Städten zusagende Lebensbedingungen, profitiert sehr wahrscheinlich vom Klimawandel. Die Raupen ernähren sich von trockenen Blättern (Rosengewächse, Efeu u.a.), die Flugzeit der Falter hat gerade begonnen (siehe Bild) und reicht vom Juni bis in den Spätherbst. P. plumigeralis wird etwa seit 2020 auch in den Großstädten Duisburg, Düsseldorf und Köln regelmäßig gefunden, und hat kein Problem mit dem „Düsseldorfer Loch“.
Das alles wissen wir nur, weil viele Vereinsmitglieder und noch mehr „Citizen Scientists“ ihre kompletten Beobachtungen in die verschiedenen Onlineportale melden, wohlgemerkt mit Belegfotos, so dass man die Fundlage gut abschätzen kann.
In diesem Sinne wünsche ich allen eine falterreiche Saison!
Literatur + Links:
Kinkler, H. (1998): Bemerkenswerte Falterfunde und Beobachtungen im Arbeitsgebiet der Arbeitsgemeinschaft rheinisch-westfälischer Lepidopterologen e. V., 11. Zusammenstellung. ― Melanargia, 10: 150-156, Leverkusen
Radtke, A., Dahl, A. & T. Laußmann (2024): Arealerweiterer und andere Erstnachweise von Großschmetterlingen in Nordrhein-Westfalen seit 1999. Teil 2: 2014-2023. – Melanargia, 36 (2): 41-69
Stamm, K. (1981): Prodromus der Lepidopteren-Fauna der Rheinlande und Westfalens. – Selbstverlag, Solingen. VI + 229 S.
Vanholder B. & Bolland F. (2002): Pechipogo plumigeralis: een nieuwe soort voor de Belgische fauna (Lepidoptera: Noctuidae). – Phegea 30(3): 81–83.
Catalogue of the Lepidoptera of Belgium, https://projects.biodiversity.be/lepidoptera/species/4403/ [abgerufen 16. Juni 2025]