Traumpfade durch vergiftete Landschaften


Der Mosel-Apollofalter, der wohl berühmteste Schmetterling im Arbeitsgebiet, geht seit etwa zehn Jahren dramatisch zurück. Parallel dazu sind im Weinbau seit dieser Zeit neue Spritzmittel im Einsatz, die nicht nur für Pilze giftig sind. Man kann an Zufall glauben – wir tun es nicht. Die Aufsichts- und Umweltbehörden, die Weinbaulobby und einige Umweltverbände wissen sehr wohl, was vorgeht, drücken aber die Augen fest zu oder sind auf Tauchstation.

Der Apollofalter an der Mosel stirbt aus, und am Ende will es keiner gewesen sein. Dabei liegen die Fakten auf dem Tisch, das Ganze ist kein großes Geheimnis: Die in der unmittelbaren Umgebung der Apollofalter-Lebensräume per Hubschrauber versprühten, angeblich für Falter unschädlichen Fungizide sind weitaus giftiger als bisher offiziell bekannt, reichern sich zudem in der Umwelt an, und wirken auch auf Insekten. Die Bundes- und Landesbehörden wissen seit geraumer Zeit davon, schieben sich aber gegenseitig die Zuständigkeit zu, wie schon einmal in den 80er Jahren.

Mit einem solchen Vorwurf mag man sich einen Haufen Ärger einhandeln, immerhin sind da Landwirtschaftsverbände, Chemiekonzerne mit mächtigen Rechtsabteilungen, und nicht zuletzt eine Menge Winzer mit ihren Familien auf der Bühne. Deshalb an dieser Stelle: Alles, was wir hier zeigen, sind für jeden öffentlich zugängliche Fakten, keine Meinungen oder Behauptungen!

Seit Monaten recherchieren wir dazu und sammeln Material, haben dazu Stellungnahmen von Behörden, Protokolle von Gesprächen und aufschlussreiche E-Mails zu dem Thema in unseren Schubladen. Der Versuch einiger Mitglieder der AG, mit Anfragen und Telefonaten etwas zu erreichen, hat bisher nichts gebracht. Unter der Hand bekommen wir zwar Unterstützung, aber passieren tut NICHTS. Das Thema nervt gehörig, muss jetzt aber einfach mal raus ans Licht!

Wir haben dafür eine extra Seite auf unserer Homepage eingerichtet, auf der wir in einem ersten Schritt einige Dokumente ablegen, damit sich jede(r) selbst in Bild machen kann.

>> zur Dossier-Seite / Apolloschutz

„Schmetterlinge schützen! Das ist unsere Aufgabe“ steht vorne auf dem Werbeflyer unserer Arbeitsgemeinschaft. Auch wenn es manchmal weh tut! Der Apollofalter, Wahrzeichen und Sympathieträger der Untermosel, ist mittlerweile extrem selten, und die eifrig beworbenen „Traumpfade“ durch seine Lebensräume sind nur noch leere Kulissen.

Das Geknatter der Hubschrauber an der Untermosel ist die Begleitmusik des Artensterbens! Das hat absolut gar nichts mit Respekt vor der Natur oder Artenschutz zu tun. Hier geht es nur um Profit. Eine besonders geschützte Schmetterlingsart wird für das Luxus-Produkt Wein geopfert.

Seit zehn Jahren werden wieder persistente, halogenierte Fungizide versprüht, die die Umwelt dauerhaft belasten. Unserer Ansicht nach ist der großflächige Einsatz dieser Wirkstoffe im Umfeld der Apollofalter-Populationen zumindest mitverantwortlich für den starken Rückgang, ob es den Verantwortlichen passt oder nicht. Und das „Schwarze Peter“- Spiel der Behörden muss ein Ende haben. Sonst werden wir den Apollofalter an der Mosel verlieren!

Oder soll das der viel beschworene Insektenschutz in Deutschland sein? Wenn wir nicht einmal in der Lage sind, eine besonders geschützte Schmetterlingsart zu erhalten, dann drängt sich der Verdacht auf: Insektenschutz im Jahr 2023: alles nur hohles Gerede, absolut gar nichts dahinter!

 

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6 Antworten zu Traumpfade durch vergiftete Landschaften

  1. Susan Findorff sagt:

    Es ärgert mich immer wieder, wenn konventionell arbeitende Landwirte oder Winzer den Einsatz von Bioziden als alternativlos bezeichnen. Ich frage mich dann immer, wie es biologisch arbeitende Winzer denn dann fertigbringen, qualitativ hochwertige Weine auch in Steillagen zu produzieren? Der Gefahr des Hangrutschens wird da z.B. mit einer ganzjährige Bodendeckung durch Einsaaten begegnet. Wir kaufen nur noch Weine bei einem Demeter Weingut in der Naheregion und sind begeistert von der Sorgfalt, wie hier mit der Umwelt umgegangen wird und von welcher Qualität die Weine sind.

  2. Jürgen Steuer sagt:

    Ich, als Winzer, sehe mich wie alle Kollegen, auch als Landschaftspfleger.
    Eine Jahrhundert alte Kulturlandschaft wird von uns mit enormen körperlichen und finanziellem Aufwand gepflegt.
    Mit dem Wegfall der Hubschrauberspitzung würden die Steillagen verwildern und ganze Hänge abrutschen.
    Ich lade sehr gerne jeden von Ihnen einmal zur Pilzbekämfung mit det Schlauchleitung an der Mosel ein.
    In diesem Sinne: Erst einmal vor der eigenen Haustür kehren !!!!

    • Armin Dahl sagt:

      Hallo Jürgen Steuer, dass die Hänge abrutschen, das taugt ja als Argument nichts, wir wissen ja schon lange dass die Bodenverluste im Steillagenweinbau enorm sind.
      Und uns geht es nicht darum dass keine Pilze mehr bekäpft werden können. Ich bin ja selbst von der Mittelmosel, quasi in einem Wingertsweg aufgewachsen, und weiss genau wie das dann aussieht. Das Problem sind die verwendeten Pestizide, die halt nicht nur das schädigen wogegen sie zugelassen wurden, sondern darüber hinaus noch andere Organismengruppen. Und eben aktuell mit großer Wahrscheinlichkeir den Apollofalter. Und das „weiter so“ wird dann irgendwann so enden wie bei Arsen, E605, DDT und anderen. Als Winzer würde ich mich nicht darauf verlassen, dass ihr nicht von euren „Interessensvertretern“ belogen werdet, was die Risiken und Nebenwirkungen der Wirkstoffe angeht. Das ist im übrigen Eure Landschaft, sind Eure Gäste, und auch Eure Verantwortung.

    • Dr. Tim Laußmann sagt:

      Lieber Herr Steuer, unsere Initiative richtet sich nicht gegen den Steillagenanbau und auch nicht gegen die Verwendung von Fungiziden im Allgemeinen. Es geht um Folgendes: Seit 2012 geht es mit den Populationen des Apollofalters an der Mosel steil bergab. Unsere Anfrage beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat ergeben, dass exakt im Jahr 2012 erstmals so genannte Succinatdehydrogenase-Inhibitoren versprüht wurden. Dieser Stoffe, die Sie unserem Dossier entnehmen können, sind extrem persistent. Diese und viele andere der verwendeten Stoffe sind laut der Datenbank des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit schädlich für Insekten. Wenn diese Stoffe per Hubschrauber verteilt werden, landen sie unweigerlich auch auf den Lebensräumen der Apollos. Wir haben das Umweltbundesamt dazu befragt und es hat uns schriftlich mitgeteilt, dass von den Hubschrauberspritzungen im Umfeld der Apollos bei den meisten aktuell verwendeten Fungiziden abgeraten wird, da geltende Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Die örtlichen Behörden ignorieren dies, mit dem Argument, es sei nichts bewiesen. Die Succinatdehydrogenase-Inhibitoren können jahrelang im Boden verbleiben und die Umwelt nachhaltig schädigen. Ein Hinweis ist, dass nachgezüchtete Raupen, die im Umfeld der Weinberge ausgesetzt wurden, zu Grunde gingen. Es wäre viel besser, wenn wir gemeinsam die Verwendung solcher Stoffe beenden würden. Wir sind genauso Naturschützer wir Sie. Schauen Sie sich bitte unsere Argumente ganz genau an. Vielleicht können Sie diese ja auch mit Ihren Kolleginnen und Kollegen diskutieren. Tatsächlich glauben wir, dass viele Winzer die Mittel in gutem Glauben an die Unschädlichkeit anwenden. Es geht, wie Armin Dahl schon sagte, auch um Ihre Weinberge, Ihren Wein und Ihre Umwelt. Wir als Schmetterlingskundler sehen uns in der Pflicht, alles für den Erhalt der Apollos zu tun. Viele Grüße, Tim Laußmann

  3. Franz Ladda sagt:

    Früher wurden bodengestützte Geräte eingesetzt um Pestizide und Fungizide in den Weinbergen zu versprühen, diese habe die Reben von der Seite besprüht. An den steilen Hängen der Mosel, Nahe und der Ahr ein harter Job, da diese Geräte von oben mit Seilwinden gesichert werden müssen. Der Eintrag von Giften in benachbarte Gebiete wird sich auf ein paar Meter beschränkt haben. Oder der Winzer selbst hat die Reben gespritzt, und damit benachbarte Gebiete weitgehend verschont. Der Einsatz von niedrig „schwebenden“ Helikoptern verursacht aufgrund der Luftverwirbelungen, die für den Auftrieb benötigt werden, eine Verteilung der Gifte über etwa das dreifache des Rotordurchmessers des Helikopters! An der Mosel ist der Raum sehr eng, die Freiflächen liegen in der Nähe von intensiv genutzten Weinbergen. Die Wahl von Helikoptern zur Ausbringung von Giften ist falsch.

  4. Und am Ende findet auch der letzte Winzer heraus, dass wenn ein Ökosystem erst einmal zerstört ist, es nicht mehr das tut, was es immer schon wie selbstverständlich für ihn getan hat. Bis es so weit ist, wird deren Wein aber vermutlich untrinkbar geworden sein. Es fehlen inzwischen nicht nur die Apollofalter. Es sind überhaupt kaum noch Insekten dort. Vögel? Fehlanzeige. Tote Weinberge für todlangweiligen Wein – das kann ja wohl nicht das Ziel sein.

    Zu lange werden wir hoffentlich nicht zuschauen müssen bei diesem skandalösen Verhalten der politisch hierfür verantwortlichen.

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