Die Grasminiermotte Elachista gangabella Zeller, 1850 – eine vielfach übersehene Art?

Die Raupen der Grasminiermotte Elachista gangabella sind aktuell auf sehr einfache Art und Weise zu finden, wenn man einen Blick auf die Blätter der Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum) wirft.

In deren Blättern miniert die Raupe und „formt“ eine Mine, die im Frühherbst eigentlich unverwechselbar ist.  Die Mine beginnt in der Regel in der Hälfte des Blattes und frisst in Richtung Blattspitze in einem zunächst sehr schmalen Gang.
Sobald die Spitze oder deren Nähe erreicht ist, kehrt die Raupe um und frisst in Richtung Stängel. Die Mine erscheint aktuell durchsichtig, die Ränder sind stark ausgezackt.

Mine und Raupe von Elachista gangabella (Foto: Dieter Robrecht)

In der Literatur werden als Wirtspflanze die Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum), Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum), das Gewöhnliches Knaulgras (Dactylis glomerata) und das Nickende Perlgras (Melica nutans) genannt (KAILA, 2019). STEUER (1973) schrieb, dass die Wald-Zwenke die Hauptnahrungspflanze sei. Ich fand die Raupen ebenfalls an Wald-Zwenke, nur eine Raupe an Perlgras.

Typischer Fundort von Elachista gangabella an einem Waldweg. Lichtenau-Herbram, 29. August 2025 (Foto: Dieter Robrecht)

Zum Standortanspruch der Wald-Zwenke ist im Internetportal www.floraweb.de zu lesen: „Frische bis feuchte Laubmischwälder, Waldschläge, an Waldwegen, Waldränder, Hecken, basenhold, nährstoffanspruchsvoll.“ Meine Funde gelangen in Ostwestfalen an vielen Stellen, allerdings stets an Waldrändern und den Rändern von Waldwegen, vorrangig auf kalkhaltigem Untergrund.

Typischer Fundort von Elachista gangabella 12. September 2025 (Foto: Dieter Robrecht)

Die Minen von Elachista gangabella sind auffällig und zum Teil gehäuft zu finden. 19. September 2025 (Foto: Dieter Robrecht)

Die Minen Raupen waren nur im Halbschatten zu finden, in der prallen Sonne fand ich nie. An den Standorten minierten jeweils etliche Raupen, teils über 100 auf kleinem Raum!
Die Raupen sind im Spätherbst erwachsen und überwintern im Blatt, indem sie sich durch ein leichtes Gespinst schützen. Im Frühjahr verlassen die Raupen die Mine, ohne erneut zu fressen, und verpuppen sich an einem Blatt oder Stängel. Die Falter fliegen von Mitte Mai bis Anfang Juli in einer Generation.

Elachista gangabella ZELLER, 1850. Foto: Dieter Robrecht

Elachista gangabella ZELLER, 1850. Foto: Dieter Robrecht

BIESENBAUM (1995) hatte noch geschrieben „Nur an wenigen Stellen nachgewiesen“. Im Vorwort der Lepidopterenfauna Band 4 wies er darauf hin, dass nur wenig über die Verbreitung der Elachistinae in unserem Arbeitsgebiet bekannt ist.

Wer suchet, der findet! Nachweiskarte von E. gangabella, Stand 23. September 2025.
Alle Nachweise: Dieter Robrecht

An meinen oben beschriebenen Fundorten hätte ich wahrscheinlich niemals Lichtfang betrieben oder in den Abendstunden nach den Faltern gekeschert. Meine intensive Suche in den vergangenen drei Wochen zeigt jedoch, dass gerade die Raupen-  und Minensuche zu erstaunlichen Ergebnissen führen kann.


Nachtrag und Aufruf zur Mitarbeit:
Gemeinsam mit Wolfgang Wittland arbeite ich derzeit am Band 22 im Rahmen der Schriftenreihe „Die Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens“. Wir verfolgen das Ziel, den Band im Herbst 2026 fertig zu stellen.

In unserem Arbeitsgebiet wurden bislang 60 Arten nachgewiesen.  Wir werden jedoch  81 Arten behandeln und Falter (lebend und gespannt), männliche Genitalien, teilweise Minen und Raupen sowie Habitat Fotos abbilden. Wir gehen davon aus, dass bei intensiver Beschäftigung mit den Elachistidae weitere Nachweise für unser Arbeitsgebiet erfolgen können. Wer seine Liebe nicht zu dieser faszinierenden Familie entdeckt, da die Bestimmung der Falter oftmals eine Genitaluntersuchung erfordert, kann zumindest durch die Raupensuche die Kenntnis über die Verbreitung erweitern:


Literatur und Links:

Kaila, L. (2019): An annotated catalogue of Elachistinae of the World (Lepidoptera: Gelechioidea: Elachistidae). — Zootaxa 4632 (1): 1-231.

Biesenbaum, W. (1995): Die Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens, Band 4. Familie: Elachistidae Bruand, 1850. Unterfamilie: Elachistinae Swinhoe & Cotes, 1889. 200 S. und 10 Tafeln. Leverkusen.

Steuer, H. (1973): Beiträge zur Kenntnis der Elachistiden (Lepidoptera) Teil I. — Deutsche Entomologische Zeitschrift, Neue Folge 20 (1-3): 153-169

Elachista gangabella im Lepiforum

Nachweiskarte von Elachista gangabella im Melanargia-Portal

Wald-Zwenke (Brachypodium sylvaticum) bei Floraweb.de

Tabelle: Vergleich Wald-Zwenke / Fiederzwenke 

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Eine Antwort zu Die Grasminiermotte Elachista gangabella Zeller, 1850 – eine vielfach übersehene Art?

  1. Armin Dahl sagt:

    Ein Supertipp, Vielen Dank Dieter!
    Hat genau fünf Minuten gedauert, dann fanden wir die Spuren an Wald-Zwenke. Und nach Präparation auch die Raupe, am Rand eines stillgelegten Steinbruchs in Haan-Gruiten (Kreis Mettmann). hier sind die Bilder:
    https://observation.org/observation/374164915/

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