Das Ampfer-Grünwidderchen ist Schmetterling des Jahres 2023

Männchen des Ampfer-Grünwidderchens (Foto: Tim Laußmann)

Düsseldorf. Die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. haben das Ampfer-Grünwidderchen Adscita statices zum Schmetterling des Jahres 2023 gekürt. Sie wollen damit auf die negativen Folgen der intensiven Landwirtschaft und den Rückgang von artenreichem Grünland aufmerksam machen. 

Die Raupen des Ampfer-Grünwidderchens fressen Sauerampfer. Landwirte bekämpfen Sauerampfer auf Wiesen und Weiden, denn er verdrängt die Futterpflanzen für das Vieh. Es mangelt aber nicht nur an Nahrung für die Raupen. Als Schmetterling saugt der Falter Nektar auf mageren Wiesen an Kuckucks-Lichtnelke, Disteln und Flockenblumen. Da unser Grünland meist stark mit Gülle gedüngt ist, haben diese Blumen gegen schnell wachsende Gräser kaum eine Chance. Auch letzte Zufluchtsorte wie Wegränder und Böschungen werden durch häufige und unsachgemäße Mahd vielfach zerstört.

Jochen Behrmann von der BUND NRW Naturschutzstiftung sagt dazu: „Wir brauchen eine nachhaltige Landwirtschaft mit blütenreichen mageren Wiesen. Dort, wo das Ampfer-Grünwidderchen mit seinen hohen Ansprüchen vorkommt, sind auch gute Bedingungen für viele andere gefährdete Insekten- und seltene Pflanzenarten gegeben.“

Die Ampfer-Grünwidderchen schimmern metallisch grünlich bis türkisfarben und haben eine Spannweite von knapp 30 Millimetern. Die Männchen tragen auffällig gefiederte Fühler, mit denen sie den Duft der Weibchen wahrnehmen können. Der Name „Widderchen“ leitet sich von dieser Fühlerform her, die an das Gehörn von Widdern erinnern. Die Fühler der Weibchen sind dagegen fadenförmig.

Es gibt mehrere sehr ähnliche Arten von Grünwidderchen, die man nur teilweise auf Grund der Flugzeit und auch an Hand der bekannten Verbreitung voneinander abgrenzen kann. Eine sichere Artbestimmung ist nur für Fachleute möglich.

Das Ampfer-Grünwidderchen ist in Europa und Teilen Asiens verbreitet. In Deutschland steht das Ampfer-Grünwidderchen auf der Vorwarnliste, in Nordrhein-Westfalen gilt es bereits als gefährdet.

Nachweiskarte von Adscita statices im Norden Deutschlands und BeNeLux. Stand 12/2022 Quelle: Observation international

Die BUND NRW Naturschutzstiftung und die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen küren seit 2003 den Schmetterling des Jahres, um auf die Bedeutung und Bedrohung der Arten aufmerksam zu machen.

Kontakt:
Jochen Behrmann, BUND NRW Naturschutzstiftung, Tel.: 0211 / 30 200 5-14, E-Mail: jochen.behrmann@bund.net

Steckbrief: Ampfer-Grünwidderchen – Adscita statices (Linnaeus, 1758)

Beschreibung der Schmetterlinge (Imagines): Wie alle Grünwidderchen schimmern die Ampfer-Grünwidderchen metallisch grünlich bis bläulich-türkisfarben, manchmal mehr ins Blaue, manchmal auch ins Gelbgrüne. Auch Kopf, Leib und Beine sowie Fühler schimmern blaugrün. Lediglich die Hinterflügel, die man beim sitzenden Tier normalerweise nicht sieht, sind grau.

Die Ampfer-Grünwidderchen haben eine Spannweite von rund 25 bis 30 Millimetern, die Männchen sind etwas größer als die Weibchen.

Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt, aber an ihren Fühlern klar zu unterscheiden: Die Männchen haben auffällig gefiederte Fühler, mit denen sie den Duft der Weibchen wahrnehmen können, während die Weibchen dünnere, fadenförmige Fühler tragen.

Der Name Widderchen leitet sich von der Fühlerform der Tiere her, die an das Gehörn von Widdern erinnern.

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Die einzelnen Arten der Grünwidderchen, insbesondere die Arten der Gattung Adscita, sind äußerlich in der Regel nicht zu unterscheiden. Lediglich auf Grund der Flugzeiten, der  bekannten Verbreitung und auch der Fundstellen in verschiedenen Biotopen lassen sie sich mitunter gegeneinander abgrenzen. Eine sichere Artbestimmung ist jedoch nur für Fachleute anhand der Fühlerform und des Genitalapparats möglich.

Verbreitung des Ampfer-Grünwidderchens: Das Ampfer-Grünwidderchen ist das häufigste in Deutschland vorkommende Grünwidderchen. Es ist in allen Bundesländern vertreten (>> https://www.schmetterlinge-d.de/Lepi/EvidenceMap.aspx?Id=440602 ) und darüber hinaus in ganz Mitteleuropa bis nach Skandinavien, Westsibirien, Armenien sowie südlich bis auf die Balkanhalbinsel und nach Nordspanien verbreitet.

Lebensraum: Das Ampfer-Grünwidderchen kommt auf artenreichen nassen bis wechselfeuchten Wiesen vor aber auch auf trockenen Dämmen, Böschungen und Magerrasen.

Nahrung der Raupen: Die Raupen fressen ausschließlich an sauren Ampferarten, also am Kleinen Sauerampfer Rumex acetosella oder am Wiesen-Sauerampfer Rumex acetosa. Der Kleine Sauerampfer soll laut Literaturangaben bevorzugt werden, doch kommt die Art auch auf Wiesen vor, wo ausschließlich der Wiesen-Sauerampfer wächst.

Wiese mit Sauerampfer – Lebensraum des Ampfer-Grünwidderchens (Foto: Brigitte  Schmälter)

Nahrung der Schmetterlinge (Imagines): Die Grünwidderchen saugen bevorzugt Nektar an lila-blaue Blüten, besonders von der Kuckucks-Lichtnelke Lychnis flos-cuculi, aber auch von anderen Pflanzen wie Acker-Witwenblumen, Wiesen-Flockenblumen oder Disteln.

Generationen: Die Ampfer-Grünwidderchen bilden eine Generation im Jahr aus. Die Flugzeit beginnt etwa Mitte Mai, erreicht im Juni und Juli ihren Höhepunkt und geht im August zu Ende.

Lebenszyklus: Die Falter paaren sich am späten Nachmittag bis in die Dämmerung hinein. Die befruchteten Weibchen legen ihre Eier unmittelbar danach in regelmäßig angeordneten Reihen nebeneinander, sogenannte Eispiegel, auf der Unterseite der Blätter von Sauerampfer ab. Die Räupchen bohren sich nach dem Schlüpfen in die Blätter und leben zunächst „minierend“, das heißt innerhalb dieser Blätter. Wenn sie größer werden, verlassen sie das Blattinnere und fressen an Blättern und Stängeln weiter. Sie überwintern in kleinen Gruppen am Boden in einem lockeren Gespinst. Im Frühjahr fressen sie bis zur Verpuppung weiter. Die Falter schlüpfen ab Mitte Mai.

Gefährdung/Rote Liste: Das Ampfer-Grünwidderchen wird in der aktuellen Roten Liste von Deutschland auf der Vorwarnliste geführt. Zwar ist es noch häufig, jedoch gehen seine Bestände zurück. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gilt dieses Widderchen bereits als gefährdet.

Gefährdungsursachen: Artenreiche wechselfeuchte Wiesen, ein Haupt-Lebensraum des Ampfer-Grünwidderchens, sind selbst gefährdet. Intensive landwirtschaftliche Nutzung mit starker Gülle-Düngung, mit häufigem Schnitt oder dichtem Viehbesatz haben diese Lebensräume vielfach vernichtet. Hinzu kommen Entwässerung oder Umnutzung als Acker- oder Bauland. Mageren trockenen Lebensräumen droht Verbuschung wegen Nutzungsaufgabe; Wegränder, Böschungen und Dämme werden durch häufige und unsachgemäße Mahd mit Schlegelmulchern für das Ampfer-Grünwidderchen unbewohnbar gemacht.

Systematik: Das Ampfer-Grünwidderchen Ascita statices gehört zu den Widderchen, einer Familie von auffallend gefärbten tagaktiven Nachtfaltern. Die Widderchen-Familie unterteilt man in drei Unterfamilien, von denen die Grünwidderchen, wie der Name schon sagt, die grünlich schimmernden Widderchen umfasst. Weit verbreitet sind auch die schwarz-rot-gemusterten Rotwidderchen oder Blutströpfchen. Eher selten und regional begrenzt kann man das fast schwarze Trauerwidderchen (Aglaope infausta) sehen, den einzigen Vertreter hierzulande der dritten Unterfamilie.

Citizen Science: Meldungen gesucht!

Weltweit werden Millionen von Beobachtung durch ehrenamtliche Mitarbeiter gesammelt. Durch die systematische Erfassung und Verfügbarmachung stellen diese Daten ein leistungsstarkes Instrument für Naturschutz, Forschung, Politik und Bildung dar. Auch Meldungen und Fotos von Laien leisten einen wertvollen Beitrag für die Wissenschaft! Wenn Beobachtungen an Portale wie Observation.org gemeldet werden, wird die Beobachtung zunächst geprüft und dann in wissenschaftliche Datenbanken übernommen. Experten melden hier auch genau untersuchte Tiere, so dass ein gutes Gesamtbild der Verbreitung entsteht, siehe etwa die Artseite von Adscita statices https://observation.org/species/1824/.

 

Weitere Internetquellen (Auswahl):

Lepiforum zum Ampfer-Grünwidderchen: https://lepiforum.org/wiki/page/Adscita_statices

Online-Portal „Schmetterlinge Deutschlands“ zum  Ampfer-Grünwidderchen: https://www.schmetterlinge-d.de/Lepi/EvidenceMap.aspx?Id=440602

pyrgus.de – Schmetterlinge und ihrer Ökologie:
zum Ampfer-Grünwidderchen: http://pyrgus.de/Adscita_statices.html

Rote-Liste-Zentrum Deutschland: Ampfer-Grünwidderchen
https://www.rote-liste-zentrum.de/de/Detailseite.html?species_uuid=ab3045ed-8e96-4a6e-9406-21b82e2b2c0e

Portal für Schmetterlinge und Raupen, ein Projekt des BUND, zum Ampfer-Grünwidderchen: https://www.schmetterling-raupe.de/art/statices.htm

 

Weiterführende Literatur (Auswahl):

Ebert, G. & (Hrsg.) (1994): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, Band 3: Nachtfalter I – Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

Reinhardt, R., Harpke, A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M., Settele, J. (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands – Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

Schumacher, H. & Vorbrüggen, W. (2021): Rote Liste und Artverzeichnis der Schmetterlinge – Lepidoptera – in Nordrhein-Westfalen. 5. Fassung, Stand: Makrolepidoptera Dezember 2020, Stand: Mikrolepidoptera März 2021. – Melanargia, 33, Beiheft 1, Leverkusen >> Volltext


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