Melanargia e.V. – Mitgliederversammlung 2025 in Eitorf

Die gute Nachricht vorab: Der Verein wächst, die Mitgliederzahl steigt, es kommen Jüngere hinzu, die Kasse ist gut gefüllt. Die 2025-er Mitgliederversammlung in Eitorf war perfekt organisiert und gut besucht. Weniger schön: Den Schmetterlingen geht es eher schlecht!

Die Hauptversammlung der Arbeitsgemeinschaft fand am letzten März-Samstag 2025 in den Räumen der Biostation in Eitorf an der Sieg statt. Am Vormittag waren die Vereinsformalien an der Reihe, nachmittags gab es Vorträge, am Abend dann Lichtfang an den Sieghängen, dazu noch Hin- und Rückreise: Der Tag hielt für etliche Teilnehmer 14 und mehr Stunden dicht gepacktes Programm bereit. Die Corona-Epidemie hatte in den vergangene Jahren für allerlei Durcheinander bei den Terminen gesorgt, aber jetzt sind wir wieder im „normalen“ Rhythmus, mit der Mitgliederversammlung im zeitigen Frühjahr.

Ohne Informatik geht heutzutage nichts mehr: Data Warehouse für Schmetterlinge, professionell präsentiert von Brigitte Schmälter. (Foto: A. Dahl)

Geschäftsbericht, Kassenstand, Kleine Satzungsanpassungen, EDV und Datenbank, Verschiedenes: Was den Zustand des Vereins betrifft kann man sagen: Wir sind auf gutem Weg. Eine Rekordzahl von mehr als 330 Mitgliedern, dazu eine gute Mischung aus Alt und Jung im Vorstand, das sieht in anderen entomologischen Vereinen deutlich anders aus.  Um den Verein mit dem sperrigen Namen nach außen sichtbarer zu machen, bekommt die Arbeitsgemeinschaft einen – einstimmig beschlossenen – Namenszusatz: „Melanargia – Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e. V.“ – kurz: Melanargia e.V.
Damit rückt der Verein 95 Jahre nach der Gründung ein wenig von dem Buchstabensalat der ehemaligen preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen ab. Auf der Webseite und auch im Titel der Vereinszeitschrift war das ja schon seit vielen Jahren gelebte Praxis.

Wichtigstes Thema der Versammlung war aber mit Sicherheit der Kampf des Vereins für den Erhalt des Mosel-Apollofalters und seiner Lebensräume. Tim Laußmann berichtete über den aktuellen Stand des Verfahrens gegen die Genehmigungspraxis bei der Hubschrauberspritzung, das wir zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) führen. Allgemeines Kopfschütteln gab es für die Vorstellungen, man könne die Vorkommen im Tal und die Giftspritzerei in den Weinbergen dadurch „entflechten“, dass man den Falter in die Nebentäler umsiedelt.

À propos Gift: Früher verschwanden die Amtsgeheimnisse, die man der Bevölkerung nicht zumuten wollte, einfach in den sogenannten „Giftschränken“ der Behörden. Heute kommt man an mit Steuergeldern finanzierte Studien und Gutachten heran, mit Hilfe des Landestransparenzgesetzes. Neue Untersuchungen in den Weinbergen belegen die toxischen Verhältnisse in den vom Hubschrauber gespritzten Lagen der Terassenmosel. Die Giftkonzentrationen in den untersuchten Sedum-Pflanzen sind offenbar ausgerechnet im zeitigen Frühjahr am höchsten, dann wenn die Raupen des Moselapollos ausschlüpfen und anfangen vom Mauerpfeffer zu fressen. Dass der Apollofalter nur durch die Tätigkeit der Winzer überlebt, ist und bleibt ein Ammenmärchen.

Gruppenbild mit Damen: In der Mittagspause blinzelten die Teilnehmer der Mitgliederversammlung in die Märzsonne. (Foto: Dahl)

Neues rund um den Mosel-Apollo und seine Lebensräume berichtete Daniel Müller. Auch größere Maßnahmen gegen Verbuschung täuschen nicht darüber hinweg, dass die Individuenzahlen der letzten Populationen an der Mosel steil nach unten zeigen. Andere Reliktpopulationen in Bayern und Baden-Württemberg scheinen dagegen momentan stabil zu sein. Die Nachzucht von Apollofaltern ist ein heikles Geschäft und keine Lösung des eigentlichen Problems.

Steffen Steenkens Aufgabe an der Biologischen Station im Rhein-Sieg-Kreis besteht im Artenschutzprojekt für die beiden „Wiesenknopf-Ameisenbläulinge“. Er betreut seit Jahren ein riesiges Projektgebiet auf beiden Seiten des Rheins. Steenkens zeichnete ein gemischtes Bild von den Aussichten der beiden streng geschützte Arten, die nächsten Jahrzehnte zu überleben. Dem Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling geht es schlecht, dem Dunklen nicht viel besser. Die komplizierte Biologie der Raupen, die parasitisch in Ameisennestern leben, macht das Überleben schwierig. Sind die Ameisen einmal weg, hat auch der Falter keine Chance mehr. Da helfen auch keine extra ausgewiesenen Naturschutzgebiete, z.B. am Fuß der Eifel. An vielen ehemals gut besetzten Flugstellen sind nur noch Einzeltiere zu finden, etwas besser sieht es nur im oberen Siegtal aus.

Martin Wiemers berichtete als letzter Referent des Tages über die extrem komplexe Populationsgenetik des hierzulande häufig unter „Karstweißling“ zusammengefassten Formenkreises. Die rasante Ausbreitung einer einzigen Lokalform hat in der Vergangenheit zum Verschwinden einer Reihen von genetisch unterscheidbarer Klein-Populationen geführt, deren Eigenheiten von der ausbreitungsstarken Population überrannt und aufgesaugt wurden. Der Klimawandel scheint auch in diesem Fall keine Schlüsselrolle zu spielen, diskutiert werden hingegen eine zunehmende Urbanisierung und der Wechsel des Karstweißlings auf neue Nahrungspflanzen, z.B. Ruccola und Bauernsenf in den Gärten im Siedlungsbereich.

Fachsimpeln beim Lichtfang ist auch mit vollem Mund möglich: Foto: privat

Die Veranstaltung bot ein spannendes Vortragsprogramm, vor allem ausreichend Zeit zum Austausch untereinander, Bewirtung gab es obendrauf. Nach der Jahrestagung, die von Brigitte und Hajo Schmälter wie im Vorjahr perfekt vorbereitet wurde, zogen einige Teilnehmer noch zum Lichtfang an die steilen Hänge der Sieg. Dort konnten dann die ersten Frühjahrsboten aus der Nachtfalterfauna bestaunt werden, die Artenliste war mit etwa 30 Arten für die Jahreszeit schon erfreulich lang.

Nächster Termin auf dem Vereinskalender ist der Pflegeeinsatz an der Nahe, alle Termine findet ihr wie gewohnt unter melanargia.de/events

Literatur und Links:

Landestransparenzgesetz Rheinland-Pfalz:
https://www.datenschutz.rlp.de/themen/landestransparenzgesetz

Laussmann, T., A. Geyer, T. Bamann & D. Müller: (2025)  Parnassius apollo vinningensis: a victim of climate change? – Journal of Insect Conservation 29 (2).
DO – 10.1007/s10841-025-00657-9

Ken M. Mauser, Jakob Wolfram, Jürg Spaak, Carolina Honert & Carsten A. Brühl 2025 Current-use pesticides in vegetation, topsoil and water reveal contaminated landscapes of the Upper Rhine Valley, Germany.
Communications Earth & Environment. https://www.nature.com/articles/s43247-025-02118-2

Nicht nur auf Feldern: Flächendeckende Pestizidbelastung am Oberrhein von der Ebene bis in Höhenlagen nachgewiesen
https://rptu.de/newsroom/pressemitteilungen/detail/news/pressemeldung-studie

Carolina Honert, Ken Mauser, Ursel Jäger, Carsten A. Brühl. 2025. Exposure of insects to current use pesticide residues in soil and vegetation along spatial and temporal distribution in agricultural sites. Scientific Reports.https://doi.org/10.1038/s41598-024-84811-4

Lucas A. Blattner, Dustin Kulanek, Simona Ruffener, Heiner Ziegler, Hans-Peter Wymann, Martin Wiemers, Peter Michalik, Daniel Berner
Urbanization-associated range expansion genetically homogenizes a butterfly species
Current Biology (2024), https://doi.org/10.1016/j.cub.2024.09.006

https://www.uni-greifswald.de/universitaet/information/aktuelles/detail/n/invasive-ausbreitung-des-karstweisslings-minimiert-genetische-vielfalt-der-schmetterlingsart-in-europa-203513/

 

https://www.biostation-rhein-sieg.de/

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