Insektensterben in Nordrhein-Westfalen geht ungebremst weiter

Seit den 1980er Jahren untersucht und dokumentiert der Entomologische Verein Krefeld (EVK) zahlreiche Naturschutzgebiete auf ihre Artenvielfalt und den Zustand der Lebensräume. Die Kollegen vom EVK – einige sind auch Mitglied in unserer Arbeitsgemeinschaft – waren maßgeblich an der Aufdeckung des  „Insektensterbens“ beteiligt. Die folgende Pressemitteilung des Vereins zeigt, dass der Trend ungebremst weitergeht: Die Biomasse der Insekten in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2021 und 2022 war so niedrig wie noch nie.

Thomas Hörren, Vorsitzender des Entomologischen Vereins Krefeld. Gesammelte Insektenbiomasse innerhalb von 14 Tagen aus einem Naturschutzgebiet. 1993 versus 2014. Foto: Maximilian Kamps/Agentur Blumberg.

Im Jahr 2017 lösten damalige Forschungsergebnisse der Insektenforscher die gesellschaftspolitische Debatte zum Insekten- und Artensterben aus. Beauftragt vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) haben die Forscher nun in den vergangenen sechs Jahren die Insektenvielfalt an über 100 ausgewählten Punkten im Land untersucht.

Eine neue Veröffentlichung der Krefelder Insektenforscher gemeinsam mit dem LANUV, dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW) und dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) zieht nun Bilanz zu den bisherigen Erkenntnissen.

Der Verlust von biologischer Vielfalt spielt auch aktuell noch eine wichtige Rolle. 1,8 g Insekten wurden im Rahmen des NRW-Insektenmonitorings im Schnitt pro Tag erfasst.

Die Krefelder Forscher sehen in den Werten einen weiteren Abwärtstrend.  „Die Biomasse der Insekten in den Jahren 2021 und 2022 zeigt das niedrigste Jahresmittel, das wir jemals gemessen haben“, so Thomas Hörren, der Vorsitzende des Vereins.

Erstmals wurde auch die Insektenvielfalt des Landes systematisch beleuchtet: 6.381 Insektenarten wurden bislang aufgedeckt. Darunter allein 2.808 verschiedene Fliegen und Mückenarten, 927 Käfer oder aber 772 Schmetterlinge. Die angewandten Methoden ermöglichen einen weiten Überblick über die Bestandsentwicklungen nahezu aller flugaktiven Insekten so auch z.B. aller Arten, die Blüten bestäuben.

Das Insektenmonitoring liefert damit enorm bedeutende Daten zum Zustand der Natur und dem Erhalt biologischer Vielfalt, aber auch zum Vorkommen nützlicher Insekten in der Landwirtschaft oder aber die aktuelle Verbreitung von eingewanderten Mückenarten, die in Zukunft möglichweise Krankheiten übertragen könnten. Thomas Hörren dazu: „Insekten stellen nicht nur unsere artenreichste Organismengruppe dar, sie ermöglichen uns durch ihre vielfältigen Lebensweisen auch die umfassendsten Einblicke in unsere Kulturlandschaft.“

Ob das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) die Untersuchungen fortführen möchte, ist derzeit unklar.

Beteiligte Institutionen:

  • Entomologischer Verein Krefeld (EVK)
  • Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV)
  • Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW)
  • Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB)

Literatur / Quelle:
Hörren, T., Bodingbauer, S., Bourlat, S., Grüneberg, C., Kaiser, M., Kiel, E.-F., Schäffler, L., Scherber, C., Schwan, H., Seitz, A., Stenmans, W., Sumser, H., Zizka, V. & Sorg, M. (2023): Monitoring der Biodiversität flugaktiver Insekten in NRW. Ergebnisse und Perspektiven aus der Kooperation des Entomologischen Vereins Krefeld mit dem Land Nordrhein-Westfalen. – Natur in NRW 2023/3: 17-21. [Anmerkung der Redaktion: Deutliche Aussagen zu zeitlichen Veränderungen und Verlusten sucht man in der Haus-Publikation  des LANUV leider vergeblich..]

Hallmann, C. A, Sorg, M., Jongejans, E., Siepel, H., Hofland, N., Schwan, H. et al. (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS ONE 12(10): e0185809.

 

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