Unser „Kerngeschäft“ sind Schmetterlingskunde und Naturschutz, und dazu gehört immer auch ein wenig Werbung für die eigene Sache. Öffentlicher Lichtfang ist ein gutes Mittel, das Interesse ist aber meist begrenzt. Ganz anders der Auftritt bei der Düsseldorfer Nacht der Museen 2023: Der sprengte mit mehr als 4000 Besuchern völlig den Rahmen.
Langfristig angekündigte Termine zum „Mottenfang“ haben so ihre Tücken, das Wetter passt selten, und die Zahl der Teilnehmer ist meist überschaubar. Das Ganze noch in der Innenstadt von Düsseldorf, wo das Artenspektrum ausgedünnt ist. Meine Erwartungen sind gering, was den Erfolg der Aktion vor dem Löbbecke-Museum angeht.
Das Fernsehen soll auch da sein heißt es, Sendezeit aber noch vor der Tagesschau, da gibt es beim Lichtfang nichts zu sehen. Zur Sicherheit werden deshalb am Vorabend ein paar Nachtfalter in Döschen gepackt und müssen im Kühlschrank übernachten, als Demonstrationsobjekte, für alle Fälle.
Als ich dann – weit vor Sonnenuntergang – auf den Parkplatz vor dem Aquazoo einbiege, trifft mich fast der Schlag! Eine endlos lange, stetig wachsende Menschenschlange bis fast zum Eingangstor, alle unterm Regenschirm, ein Live-Übertragungswagen mit Satellitenschüssel vor dem Gebäude, Getränkestand mit Extra-Schlange, der Eingangsbereich zum Museum ist eine wuselige Menge. Bildungsbürger, kostümierte Girlies, kulturinteressierte Townhipster, Menschen aller Länder, alle ausgehfein: Das übliche Fachpublikum mit Parka und Wanderschuhen ist das auf jeden Fall nicht!
Den ursprünglichen Plan, etwas seitlich im Park hinter dem Museum unsere Leuchttürme aufzubauen, können wir gleich vergessen, die Anlage muss auf die Wiese direkt vor den Eingang, es nieselt. Gefühlte 300 Augenpaare beobachten den Aufbau schweigend, nur ein paar Kinder trauen sich zu fragen „Was machen Sie da mit der Lampe und der Gardine.“ Zum Glück kommt Unterstützung durch das Aquazoo-Maskottchen, weitere Lichtanlagen werden aufgebaut, das Aggregat liefert Strom. Und die Fernsehleute von der WDR-Lokalzeit (ab Minute 13) kommen wegen des Andrangs nicht mehr durch bis zu uns, die wir die „Kreaturen der Nacht“ anlocken und live bestimmen sollen.
Sieben Stunden später, immer noch strömen Menschen an uns vorbei, die Straßenbahn ist voll, es fühlt sich an wie bei Annie Lennox „This City Never Sleeps“. Die Fledermäuse vom Teich am Museum sind jedoch schon lange im Bett. Es gab halt nichts zu fressen, einen Lichtfang mit derart schlechtem Anflug habe ich eigentlich noch nie erlebt, immerhin hat der Regen aufgehört. Nicht mal zehn Arten Großschmetterlinge, das ist Mitte April praktisch Nichts. Vor dem Museum, zwischen den ganzen Straßenlaternen, war eigentlich nur ein einziger Falter erwähnenswert, die Kiefern-Eule Panolis flammea.
Ein einsamer Zimtbär – Phragmatobia fuliginosa ist hundertfach fotografiert und direkt bei Instagram gepostet worden. Mangels Anflug mussten auch die Falter vom Vorabend noch als Statisten mithelfen, und so kam auch noch der Birken-Zahnspinner zu seinem Auftritt. Stars des Abends waren eine träge Amerikanische Kiefernwanze und eine Echte Motte, beide aus einer Etagenwohnung in Wuppertal nach Düsseldorf eingeschmuggelt.
Wir drei „Experten“, Martine Goerigk, Armin Radtke und meine Wenigkeit, haben etwas ausgefranste Mundwinkel, die Leuchttücher sind voller Schlamm, die Kaffeekanne leer, die Füße tun weh. Zusammen haben wir drei eine Unmenge an Fragen beantwortet, über Insekten, Klimawandel, Gartentipps verteilt und über Gott und die Welt diskutiert. Das Bestimmen der Falter mit den Apps von observation.org fasziniert alte und junge Naturforscher, ich habe auch ein paar Leute getroffen die ich vorher nur übers Internet kannte. Und hoffentlich haben wir einige von den mehr als 4000 gezählten Museum-„Nachtschwärmern“ für das Thema Entomologie begeistern können.
Ein dickes Dankeschön an Philipp Schroeder, stellvertretend für das Team vom Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf, für perfekte Organisation und Unterstützung. Und so wie es aussieht werden wir auch im kommenden Jahr an gleicher Stelle unser geliebtes Hobby vor großem Publikum präsentieren dürfen!
4000 Besucher? Das ist wirklich unglaublich! Tolle Aktion – schade, dass so wenig Kreaturen herumgeflogen sind….
Insgesamt waren wohl über 25.000 Menschen in der Museumsnacht unterwegs.
Tief beeindruckt von dem, was Ihr auf die Beine gestellt habt, dafür großen Respekt. Genau das Richtige, um Bürgerinnen und Bürgern diese Materie näher zu bringen. Öffentlichkeitsarbeit wird immer wichtiger, und wenn die Medien hierzu mit herangezogen werden können, hat das eine gewisse Wirkung. Auch wenn das Ziel noch lange nicht erreicht ist und weiterhin ähnliche Projekte gestartet werden müssen, zeigt Euer Engagement, wie man Leute auch mit „Motten beobachten“ erreichen kann. So ist zu hoffen, dass es möglichst an vielen Orten in Deutschland Nachahmer geben wird.
Herzliche Grüße
Grossartige Aktion. Wenn wir JETZT nicht für unsere Insekten und deren Schutz „werben“, wann dann?
Vielen Dank für euren Einsatz. Auch wenn der Anflug an Faltern bescheiden war, kann man den der Besucher nur als gigantisch bezeichnen. Sicher habt ihr damit viele Menschen erreicht.
Meine Hochachtung. Klasse! Hätte ich bei den Bedingungen nicht gemacht.
Habt ihr auch ein paar Flyer verteilen können?
ich hatte Flyer und Literatur dabei, auch ein paar verteilt, aber das war echte Basisarbeit, und die Veranstaltung des Museums. Und wenn man mal im Programm steht, dann gibt es auch kein Zurück, dann muss man das Beste draus machen.
Sehr schön und sehr wichtig! Mein großes Lob und vielen Dank! Aber als Hobby möchte ich unsere Tätigkeit nicht verstanden wissen. Dafür ist unsere Arbeit viel zu verbindlich. Ehrenamtlicher Naturschutz ist kein Hobby, sondern eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.