Auf dem Weg nach oben – 2023 ist ein Raupenjahr

In diesem Frühjahr erleben wir eine wahre Explosion beim Auftreten der kleinen Raupen unserer Nachtfalter. Die Gartenvögel freut es, die Förster wissen, dass auch kahlgefressene Bäume im Juni rasch wieder austreiben.

In den ersten beiden Mai-Wochen haben wir auf unseren Exkursionen rund um Solingen, in die Ohligser Heide/Engelsberger Hof und zum Jaberg in Hilden mindestens 15 verschiedene Raupen-Arten gefunden, darunter der Schneespanner Phigalia pilosaria, die Satelliteule Eupsilia transversa, der Kleine Frostspanner Operophtera brumata, die Spanner-Arten Agriopis leucophaearia und A. aurantiaria/marginaria, die Zweifleck-Kätzcheneule Anortha munda sowie die dekorative Kleine Kätzcheneule Orthosia cruda.

Sehr attraktiv sind die stets agressiv wirkenden, in ihrer Färbung und Zeichnung stark variierenden Raupen des Großen Frostspanners Erannis defoliaria.

Großer Frostspanner – Erannis defoliaria an Quercus auf dem Weg nach oben. Foto: Roland

Viele Bäume, vor allem Eichen und Ahorne,  zeigen total ausgefressene Blätter. Unter den Bäumen, in deren Krone die Raupen fressen, sind die bodennahen Pflanzen dicht mit den braunen Fraßknödeln bedeckt. Unter einigen Bäumen waren auch Teppiche von grünen Blattresten, die beim Fressen herunterfallen. Selbst die Buchen, an denen wir sonst kaum Raupen gefunden haben, zeigen nun häufig Fraßspuren. In der Krautschicht fand sich ein Buchen-Frostspanner Operophtera fagata.

Bemerkenswert ist die hohe Anzahl an Raupen, die die Stämme der Bäume von unten nach oben hochwandern, meist Spanner, aber auch die Pyramideneule Amphipyra pyramidea. Bei einer Raupenlänge von 4 Zentimetern und einer Baumhöhe von 15 Metern (1: 375) ist das so als ob ein Mensch von 1,60 m Größe sich vornimmt, einen 600 Meter hohen Baum zu erklimmen,

Bodennah entdeckten wir die große Raupe vom Weidenbohrer Cossus cossus, sowie an Gräsern die Grasglucke Euthrix potatoria. Fast in jedem Strauch des Pfaffenhütchens finden sich die dicht mit Raupen bestückten Gespinstnester von Yponomeuta cagnagella. Viele kleinere grüne, schwach gezeichnete Raupen, kann man vom Foto nicht sicher bestimmen. Auch die Tortriciden-Raupen sind nicht sicher einzuordnen, mit Ausnahme von Torticodes alternella.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Phänologie / Klimawandel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu Auf dem Weg nach oben – 2023 ist ein Raupenjahr

  1. Wirooks, Ludger sagt:

    Nach meiner Erfahrung – ich mache das ja jetzt schon ziemlich lange – gibt es im Vergleich zu den Vorjahren gar nicht mal so besonders viele Raupen – da der Frühling kalt war zieht sich die Entwicklung sogar eher in die Länge. In anderen Jahren war der Frühlingsraupenpeak eher schon Mitte oder Ende April – dieses Jahr gab es Anfang Mai noch gar nicht so viele Raupen, zumindest in Düsseldorf-Hubbelrath – da war zeitgleich im etwas wärmeren Eller Forst schon etwas mehr los. Es gibt da also je nach Mikroklima auch deutliche Unterschiede innerhalb eines Ortes. In Aachen ist das genauso, wo es im kühlen Aachener Wald um den 1. Mai rum noch fast überhaupt keine Raupen gab.
    Ungewöhnlich ist, dass ich bei meinen Zuchten noch keine einzige parasitierte Raupe zwischen hatte in diesem Jahr!
    Was die Eiche angeht: am 4.5. hatte ich im Eller Forst an einem südexponierten Waldrand mit ca. 5 Eichen bei 96 Klopfschlägen: 2 gothica, 1 hispidaria. 1 munda, 1 pyramidea, 5 cruda, 6 defoliaria, 16 leucophaearia. 4 pilosaria, 2 vaccinii, 2 trapezina, 51 marginaria/aurantiaria und ca. 200 brumata. Das sind ist im Grunde ganz ormale Zahlen für den Frühlingspeak an Eiche, nur dass letztes Jahr um dieselbe Zeit an demselben Ort ein Großteil der Raupen parasitiert war. An ähnlichen Stellen in Hubbelrath gab es an Eiche kaum Raupen, dafür zum ersten mal einen noch nicht ausgewachsenen Eremiten!
    Um diese Zeit findet man an Bäumen und Büschen +/- nur monovoltine Arten – viele Eiüberwinterer, Puppenüberwinterer, Falterüberwinterer und ganz wenige Raupenüberwinterer (letztere als einzige mit polyvoltinen Arten wie margaritata und luteolata). Karl-Heinz hat wohl recht, dass diese Frühlingsbaumraupengilde eher wenig mit Dürresommern am Hut hat.
    Was das „Aufbaumen“ angeht: Früher wurde den Lepidopterologen empfohlen, nach einem Sturm in den Wald zu gehen um dann ganz einfach viele Raupen zu finden. Es fallen dann eben viele Raupen runter und krabbeln so lange rum, bis sie wieder auf einem Baum oder Busch am Futter sitzen. Das soll z.B. die einzige Methode sein um mal eine nicht verpuppungsbereite Raupe der Ahorneule zu finden, die nur ganz oben in den Baumkronen lebt (ähnlich wie der Falter, den man normal auch kaum einmal fängt). Damals 1992 am Lousberg bin ich der Empfehlung gefolgt und habe im Sommer prompt eine aufbaumende Ahorneulenraupe nach einem Sturm gefunden!

  2. Karl-Heinz Jelinek sagt:

    Ich gehe davon aus, dass es sich bei den derzeit vielen Raupen um die Nachkommen der Arten handelt, die im Frühjahr vergangenen Jahres auch gute Bedingungen hatten und nur eine Generation im Jahr hervorbringen. Die mehrbrütigen Arten dürften es durch die Hitze und Dürre des vergangenen Sommers schwieriger gehabt haben und fehlen zurzeit an den Leuchttürmen. Bei den Tagfaltern sieht es ähnlich aus: Aurorafalter und Großer Fuchs sind als Arten, die sich im Frühjahr entwickeln gut vertreten. Die mehrbrütigen Arten sind auch hier eher spärlich zu sehen.

  3. Peter Mülhausen sagt:

    Ich konnte auch sehr viele Fraßspuren an Hasel, Schlehe, Ulme, Weißdorn und an den bei uns in meinem Habitat sehr häufig wachsenden Pflaumenkirsche beobachten. Darunter konnte ich auch einige Raupen vom Kleinen Frostspanner sowie von der Gothica Kätzcheneule daran entdecken. Hier in Bonn Bechlinghoven.

  4. Wolfgang Rozicki sagt:

    Schöner Bericht zum „Raupenjahr 2023“, vielen Dank.
    Sehr erfreulich, wenn es, nach all den vielen negativen Meldungen über den Rückgang der Insekten, doch immer wieder einmal solche positiven Entwicklungen gibt. Mir schwant jedoch nichts Gutes, denn all zu oft wird bei einem höheren Besatz an Raupen insbesondere auf Nutzhölzern, also in der Forstwirtschaft, schnell von den „problematischen“ Eichenfraßgesellschaften gesprochen und Bekämpfungsmaßnahmen anberaumt. Wollen wir hoffen, dass das nicht schon wieder passiert und ein Großteil der Raupen zur Entwicklung kommt. Herzliche Grüße

  5. Armin Dahl sagt:

    Ich war in den vergangenen Wochen an Mosel und Nahe, überall gab es Raupen in Menge, jedenfalls von Spannern und Eulenfaltern. Dafür tun sich die Falter schwer, der Abnflug beim Lichtfang war im April und Mai bisher sehr bescheiden.

Kommentare sind geschlossen.