Der Mosel-Apollofalter – Schmetterling des Jahres 2024

Mosel-Apollofalter – Parnassius apollo. Valvig (Mosel) Brauselay. © Tim Laußmann

Benannt nach Apollon, dem Gott des Lichtes, macht der Apollofalter seinem Namen alle Ehre, denn er ist fast ausschließlich bei Sonnenschein aktiv. Doch die Überlebensaussichten für diese wunderschöne Schmetterlings-Art sind an der Mosel alles andere als sonnig. Die dort vorkommende Unterart – der nach dem Weinort Winningen benannte Mosel-Apollofalter (Parnassius apollo ssp. vinningensis), ist weltweit einzigartig, es gilt, ihn vor dem Aussterben zu bewahren!

Mit der Wahl des weltweit und europarechtlich besonders geschützten Mosel-Apollofalters zum Schmetterling des Jahres 2024 will die Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. und die BUND NRW Naturschutzstiftung auf den rücksichtslosen und flächendeckenden Umgang mit Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft aufmerksam machen.

Solche Pestizide sollen die Nutzpflanzen schützen, wirken jedoch oft auch schädlich auf Organismen, gegen die sie eigentlich nicht gerichtet waren. So sind zum Beispiel viele der im Weinbau verwendeten chemisch-synthetischen Fungizide (Mittel gegen Pilzbefall) bekanntermaßen mehr oder weniger schädlich für Nutzinsekten[1]. Die Wirkung auf Schmetterlinge ist weitgehend unerforscht[2]. Zudem ist mittlerweile bewiesen, dass sich Pflanzenschutzmittel auch weit entfernt von ihrem Anwendungsort auf Insekten auswirken[3]

In Rheinland-Pfalz, im unteren Moseltal, liegen die letzten vom Apollofalter besiedelten Felsen inmitten von zumeist konventionell bewirtschafteten Weinbergen. Die dort eingesetzten Spritzmittel werden in den Steillagen mit Hubschraubern ausgebracht, verteilen sich besonders weiträumig in der Landschaft und treffen auch die Felsen, auf denen die Raupen und Falter des Schmetterlings des Jahres 2024 leben. Seit dem Jahr 2012 beobachten Schmetterlingskundler einen dramatischen Einbruch der Population des Mosel-Apollofalters[4]. Man kann dem „Insektensterben“ in Echtzeit zusehen!

Apollofalter: Schwarze Flecken, Rote Augen

Der Apollofalter Parnassius apollo (Linnaeus, 1758) ist ein Tagfalter aus der Familie der Ritterfalter (Papilionidae) und zählt mit einer Flügelspannweite von 65 bis 75 mm zu den größten Tagfaltern in Deutschland. Seine Flügel sind überwiegend weiß beschuppt und mit einem transparenten Außenrand versehen. Auf den Vorderflügeln besitzt die Art mehrere große schwarze Flecken. Jeder Hinterflügel zeigt ober- und unterseits zwei charakteristische rote Augenflecken, die eine schwarze Umrandung und einen weißen Kern aufweisen. Die Geschlechter lassen sich anhand der Oberseite des Hinterleibs unterscheiden, die nur beim Männchen dicht behaart ist. Ferner sind die Flügel der Weibchen im Unterschied zu denen der Männchen dunkel beschuppt.

Der Mosel-Apollofalter Parnassius apollo ssp. vinningensis (Stichel, 1899) hat sich an der Mosel durch geografische Isolation zu einer Unterart entwickelt, die sich äußerlich von den Apollofaltern anderer Regionen, z.B. in Schweden oder den Alpen unterscheidet. Mosel-Apollofalter besitzen innerhalb der dunklen Zone am Innenrand ihrer Hinterflügel eine rundliche Aufhellung. Darüber hinaus sind die beiden unteren roten Augenflecken meist nierenförmig anstatt rund ausgeprägt.

Die weißen Apollofalter-Eier sind etwas kleiner als ein Stecknadelkopf und besitzen eine rundliche, abgeflachte Form sowie eine körnige Oberflächenstruktur. Aus den Eiern schlüpfen schwarz gefärbte und kurz behaarte Raupen, die bis zu ihrer ersten Häutung ein graues Fleckenmuster besitzen. Ältere Raupenstadien haben zwei auffällige orange Fleckenreihen, welche längs der beiden Körperseiten verlaufen. Ausgewachsene Apollofalter-Raupen können eine Länge von über 40 Millimetern und ein Gewicht von mehr als 1,8 Gramm erreichen. Sie sind dann rund 20-mal länger und 3000-mal schwerer als zu Beginn ihrer Entwicklung. Durch eine weitere Häutung verwandeln sich die Raupen in hellbraun gefärbte Puppen, die mit zunehmender Aushärtung dunkler werden und nach etwa einem Tag einen bläulich-weißen, wachsartigen Überzug erhalten, der sie vor Austrocknung schützt.

Leben zwischen Felsen, Flockenblume und Fetthenne

Mosel-Apollofalter sind einbrütig, bilden pro Jahr nur eine Generation aus. Die Falter treten an der Mosel überwiegend zwischen Mitte Mai und Juli in Erscheinung. Sie ernähren sich von Nektar, den sie bevorzugt aus blauvioletten Blüten wie denen der Skabiosen-Flockenblume oder der Kartäusernelke saugen. Zur Partnerfindung fliegen die Männchen oft rastlos umher und suchen gezielt frisch geschlüpfte Weibchen, die anfangs in der Vegetation ruhen. Wird ein solches entdeckt, dann stürzt sich das Männchen förmlich auf das Weibchen, um sich mit diesem nach kurzer Balz zu paaren. Dabei verschließt das Männchen das weibliche Hinterleibsende mit einem Sekret, das anschließend zur sogenannten Sphragis – dem Siegel – aushärtet. Diese Versiegelung wirkt wie ein Keuschheitsgürtel und verhindert eine erneute Begattung des Weibchens durch andere Männchen.

Nach der Paarung klebt das Weibchen im Verlauf von eineinhalb Wochen bis zu 200 Eier einzeln unter Felsvorsprünge oder an dürres Pflanzenmaterial. Etwa zehn Tage nach der Eiablage liegen in den Eiern bereits vollständig entwickelte winzige Raupen vor, die allerdings erst im zeitigen Frühjahr des Folgejahres ausschlüpfen. Im Moseltal ernähren sich die Raupen nahezu ausschließlich von der Weißen Fetthenne (Sedum album). Sie entwickeln sich innerhalb von 60-70 Tagen zur Puppe, aus der nach weiteren zwei bis drei Wochen der Falter schlüpft.

Isolierte Populationen mit fehlendem Genaustausch

Der Apollofalter ist zwar in weiten Teilen Europas und Asiens verbreitet, allerdings kommt er nur sehr lokal vor, denn er ist ein sogenanntes Eiszeitrelikt. Während der letzten Kaltzeit prägten Kältesteppen das Landschaftsbild, die der Schmetterling von seiner ursprünglichen Heimat aus, den zentralasiatischen Hochgebirgen, besiedeln konnte. Mit der Rückkehr der Bäume vor etwa 12.000 Jahren wurde die Art vielerorts verdrängt, denn sie konnte nur an den waldfreien Fels-, Schutt- und Geröllfluren der Mittel- und Hochgebirge überleben, wo es zudem reichlich Fetthennen und verwandte Pflanzen gibt. In den Alpen findet sich der Apollofalter hauptsächlich oberhalb von 1000 Metern, in Skandinavien dagegen lebt er fast auf Meereshöhe.

Terrassenmosel bei Winningen, Lebensraum des Mosel-Apollofalters. ©  Tim Laußmann

Bis ins frühe 20. Jahrhundert war er auch in vielen Mittelgebirgen Europas beheimatet. Im Zuge der weitgehenden Aufgabe der Schaf- und Ziegenbeweidung verbuschten seine Lebensräume, und er ist dort heute fast überall ausgestorben. Letzte Vorkommen finden sich in Deutschland heute im Moseltal sowie auf der Schwäbischen und der Fränkischen Alb und in den Alpen[5]. Im Moseltal lebt die Unterart Mosel-Apollo räumlich und genetisch von anderen Populationen getrennt an den heute vom Weinbau umgebenen, steilen Felsen und Mauern der Untermosel, woraus sich das hier thematisierte Konfliktpotential ergibt.

Besonders streng geschützt

Der Mosel-Apollo ist wie alle anderen Unterarten des Apollofalters eine nach Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG („Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“) streng geschützte Schmetterlingsart. Der Mosel-Apollofalter ist nicht nur besonders groß und hübsch, sondern auch außergewöhnlich, da es sich um eine einzigartige und nicht zu ersetzende oder aus anderen Gebieten wieder anzusiedelnde Unterart handelt, die besondere Merkmale aufweist. Er zeichnet sich insbesondere durch seine Anpassung an die trocken-warmen Lebensbedingungen an der Mosel aus. Alle Unterarten des Apollofalters sind zusätzlich durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) weltweit streng geschützt.

Laut der Roten Liste Rheinland-Pfalz (publiziert 2013 mit Daten bis ca. 2012) gilt der Mosel-Apollofalter als extrem selten (Kategorie R). Deutschlandweit gilt der Apollofalter nach der Roten Liste von 2011 als stark gefährdet (Kategorie 2), vgl. REINHARDT & BOLZ (2011).

Die Art stand bereits am Ende der 1970er Jahren kurz vor dem Aussterben, da man über Jahre hinweg Insektizide und Akarizide zum Schutz der Reben gegen Traubenwickler (Kleinschmetterlinge) und Milben ausgebracht hatte. Diese Praxis konnte seinerzeit durch den Einsatz von Naturschützern und engagierten Winzern beendet werden[6]. Zur Kontrolle der Traubenwickler werden heute Pheromone eingesetzt, die sehr artspezifisch sind. Im Verlaufe der 1990er und 2000er Jahre hatte sich die Population des Mosel-Apollofalters stabilisiert, und nicht selten waren Dutzende fliegender Falter gleichzeitig an den Felsen und Mauern zu sehen.

Das waren noch Zeiten: Nach einem Gewitterschauer auf 10-20 Metern Wegstrecke zusammengesammelte Mosel-Apollos, Juli 1995. © Tim Laußmann

Zusammenbruch der Population nach 2012

Die positive Entwicklung änderte sich schlagartig ab dem Jahr 2012, in dem deutlich weniger Falter flogen als im Vorjahr. Schmetterlingskundler machten die örtlichen Behörden auf diese Beobachtung aufmerksam. Im Gespräch waren die per Hubschrauber ausgebrachten Pflanzenschutzmittel als mögliche Ursache, da bekanntermaßen regelmäßig neue Chemikalien für den Pflanzenschutz auf den Markt kommen. Jedoch wurden auch klimatische Änderungen und eine zunehmende Verbuschung der Lebensräume sowie Stickstoffeintrag aus der Luft diskutiert.

Behördlicherseits wurden die Pflanzenschutzmittel als Ursache unter dem Hinweis ausgeschlossen, dass es sich bei den Stoffen um für den Apollofalter unschädliche Fungizide (Mittel gegen Pilze) handele. So war es auch noch bis Ende 2022 im Artenporträt des Bundesamts für Naturschutz zu lesen.

Es gibt zwar Befunde, dass jahrweise Schwankungen der Populationsgröße auf besondere Witterungsverläufe zurückzuführen sind, allerdings lässt sich damit kein kontinuierlicher Rückgang begründen. Zudem hat die ebenfalls sehr kleine Apollofalter-Population auf der nördlichen Fränkischen Alb in einem kleinklimatisch vergleichbaren Lebensraum zuletzt dank entsprechender Biotoppflege eine positive Entwicklung genommen[7].

Einige ehemalige Lebensräume an der Mosel sind in der Tat mittlerweile durch Aufgabe der Bewirtschaftung und fehlende Offenhaltung zugewachsen und daher nicht mehr besiedelt. Warum der Mosel-Apollofalter auch im Bereich offener Felsen verschwunden ist, blieb jedoch rätselhaft.

In den vergangenen Jahren etwa seit 2020 war der Apollofalter an der Untermosel eine Ausnahmeerscheinung! An berühmten und sogar touristisch beworbenen Flugstellen wie dem „Apolloweg“ in Cochem-Valwig werden aktuell nur noch einzelne Exemplare beobachtet! Der Mosel-Apollo steht kurz vor dem Aussterben!

Überleben in vergifteter Landschaft?

Die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen, wie zum Beispiel mit Hubschraubern, ist in Deutschland verboten. Nur nach fachlicher Prüfung können Ausnahmegenehmigungen für diese Art der Applikation durch eine zuständige Landesbehörde erteilt werden. In Rheinland-Pfalz ist dies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Auf der Webseite der Behörde werden die tatsächlich ausgebrachten Mittel aufgelistet. Es zeigt sich, dass allein im Jahr 2022 mindestens 20 verschiedene Chemikalien in unterschiedlichen Kombinationen alle sieben bis zehn Tage per Sondererlaubnis aus der Luft ausgebracht wurden. Viele dieser Mittel sind auch als schädlich für Insekten eingestuft1.

Besonders bemerkenswert ist, dass zumindest die in jüngster Zeit neu verwendeten Stoffe ohne jede naturschutzfachliche Verträglichkeitsprüfung ausgebracht werden.[8]

Eine schriftliche Nachfrage beim Umweltbundesamt ergab, dass die Stoffe, insbesondere auch in der verwendeten Kombination oder Reihenfolge, niemals auf Verträglichkeit für den Mosel-Apollofalter getestet wurden. Das Umweltbundesamt rät daher fachlich davon ab, die Praxis der Hubschrauberspritzung fortzusetzen. Dass die Stoffe trotzdem angewendet werden, begründet die zuständige Genehmigungsbehörde des Landes Rheinland-Pfalz wie folgt[9]: In Steillagen stünden keine gleich wirksamen Behandlungsmethoden zur Verfügung bzw. sie seien mit hohem personellem und finanziellem Aufwand verbunden. Der Arbeitseinsatz und die körperliche Belastung für den Menschen würden reduziert. Der Boden würde nicht durch Fahrzeuge verdichtet, und es würden nur durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zugelassene Stoffe versprüht. Der Schutz der Bevölkerung und der Tier- und Pflanzenwelt sei sichergestellt. Zitat: „Der Hubschraubereinsatz dient dem Erhalt der Weinkulturlandschaft mit ihrer ökologisch bedeutsamen Flora und Fauna.“

Die Anwendungen der Fungizide erfolgen in der Regel präventiv. Die Vielzahl der benutzten Substanzen wird im Allgemeinen mit Resistenzmanagement begründet[10]. Wichtig ist dabei, dass Mittel mit unterschiedlichen Wirkmechanismen im Wechsel verwendet werden. In jüngerer Zeit sind zu den Stoffen, die z.B. in spezielle Stoffwechselwege von Pilzen eingreifen, sogenannte Succinatdehydrogenase-Inhibitoren (SDHI) hinzugekommen, die die Zellatmung blockieren. Einer davon, Fluopyram wird aktuell großflächig im Weinbau gegen Pilzkrankheiten wie Grauschimmelfäule (Botrytis) und Echten Mehltau eingesetzt. Fluopyram ist besonders persistent, verbleibt also sehr lange in der Umwelt. Es ist seit 2012 im Einsatz und seit 2013 für die Anwendung mit Hubschraubern zugelassen[11]. Der Stoff verursachte anfangs durch fehlerhafte Anwendung schwere Wachstumsstörungen bei Weinreben[12]. Fluopyram, das auch gegen Fadenwürmer (Nematoden, „Wurzelälchen“) eingesetzt wird, steht in Verdacht, auch noch andere Organismengruppen zu schädigen[13].

Der zeitliche Zusammenhang zum Niedergang des Mosel-Apollofalters fällt deutlich ins Auge. Allein dies sollte genügen, die konkrete Auswirkung der Substanz auf Tagfalter wie den Apollofalter zu untersuchen und bis zur Vorlage von Ergebnissen von einer Anwendung dieser Stoffklasse im Umfeld der Vorkommen abzusehen. Der Niedergang des Mosel-Apollofalters als Indikator für den Zustand seines Lebensraums ist ein eindeutiges Warnsignal, das nicht unbeachtet bleiben sollte.

Es bleibt zu hoffen, dass der exzessive Einsatz von Pestiziden an der Mosel, insbesondere die Ausbringung mittels Hubschrauber, bald Geschichte ist. Schließlich gilt es, alle schädlichen Einflüsse von der besonders geschützten Unterart Mosel-Apollofalter fernzuhalten. Unbedingt notwendig ist selbstverständlich auch der intensive Schutz und die Pflege der wenigen verbliebenen Lebensräume.

Wie stände Deutschland im internationalen Vergleich da, wenn es nicht einmal gelingt, eine Insektenart von übergeordnetem Interesse zu erhalten?


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Literatur und Links zum Thema Mosel-Apollofalter

Rote Liste Rheinland-Pfalz
SCHMIDT, A. (2013): Rote Liste der Großschmetterlinge in Rheinland-Pfalz; Hrsg.: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz . https://mueef.rlp.de/fileadmin/mulewf/Publikationen/Rote_Liste_Grossschmetterlinge_neu.pdf

Rote Liste Deutschlands
REINHARDT, R. & R. BOLZ  (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. – In: Binot-Hafke, M., Balzer, S., Becker, N., Gruttke, H., Haupt, H., Hofbauer, N., Ludwig, G., Matzke-Hajek, G. & Strauch, M. (Bearb.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). – Bonn (Bundesamt für Naturschutz). – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 167–194.
Datenblatt Apollofalter des Rote-Liste-Zentrums Bonn


[1]    Datenbank des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: https://apps2.bvl.bund.de/psm/jsp/index.jsp und Angaben der Hersteller auf Produktdatenblättern.

[2]    Schriftliche Auskunft des Umweltbundesamts vom 29.03.2023

[3]    Brühl, C.A., Bakanov, N., Köthe, S. et al.: Direct pesticide exposure of insects in nature conservation areas in Germany. Sci Rep 11, 24144 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-021-03366-w

[4]    Müller, D und Griebeler EV (2021) Der Apollofalter Parnassius apollo (LINNAEUS, 1758) in Rheinland-Pfalz – Verbreitung, Bestandstrends und Phänologie (Lep., Papilionidae), Melanargia, 33 (2): 65-96

[5]    Lepiforum, https://lepiforum.org/wiki/page/Parnassius_apollo#Weitere_Informationen-Verbreitung; abgerufen am 20.10.2023

[6]    https://lfu.rlp.de/de/naturschutz/artenschutz-und-projekte/artenschutzprojekte/insekten/apollofalter/

[7]   Geyer, A. (2019): Der Apollofalter im Kleinziegenfelder Tal – Erhaltung und Sicherung der letzten Population in der Fränkischen Schweiz. ANLiegen Natur 41(1): 113–122, Laufen

[8]    Schriftliche Auskunft der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord in Rheinland-Pfalz vom 07.11.2023.

[9]   Genehmigung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen durch die ADD für die Gemarkungen Beilstein, Bruttig, Cochem, Cond, Ellenz-Poltersdorf, Ernst, Fankel, Sehl und Valwig vom 04.05.2022

[10] Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Rebschutzleitfaden 2023, https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/weinbau/dateien/230302_rebschutz_bf.pdf

[11] Antwort des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 2. Juni 2023 per E-Mail.

[12] Robatscher, P., Eisenstecken, D. Raifer B. et al. (2016) Wuchsstörungen im Weinbau aufgeklärt. Obst- und Weinbau 4/2016, 5-8

[13] Bénit P, Kahn A, Chretien D, Bortoli S, Huc L, et al. (2019): Evolutionarily conserved susceptibility of the mitochondrial respiratory chain to SDHI pesticides and its consequence on the impact of SDHIs on human cultured cells. PLOS ONE 14(11): e0224132


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Insektensterben in Nordrhein-Westfalen geht ungebremst weiter

Seit den 1980er Jahren untersucht und dokumentiert der Entomologische Verein Krefeld (EVK) zahlreiche Naturschutzgebiete auf ihre Artenvielfalt und den Zustand der Lebensräume. Die Kollegen vom EVK – einige sind auch Mitglied in unserer Arbeitsgemeinschaft – waren maßgeblich an der Aufdeckung des  „Insektensterbens“ beteiligt. Die folgende Pressemitteilung des Vereins zeigt, dass der Trend ungebremst weitergeht: Die Biomasse der Insekten in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2021 und 2022 war so niedrig wie noch nie.

Thomas Hörren, Vorsitzender des Entomologischen Vereins Krefeld. Gesammelte Insektenbiomasse innerhalb von 14 Tagen aus einem Naturschutzgebiet. 1993 versus 2014. Foto: Maximilian Kamps/Agentur Blumberg.

Im Jahr 2017 lösten damalige Forschungsergebnisse der Insektenforscher die gesellschaftspolitische Debatte zum Insekten- und Artensterben aus. Beauftragt vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) haben die Forscher nun in den vergangenen sechs Jahren die Insektenvielfalt an über 100 ausgewählten Punkten im Land untersucht.

Eine neue Veröffentlichung der Krefelder Insektenforscher gemeinsam mit dem LANUV, dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW) und dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) zieht nun Bilanz zu den bisherigen Erkenntnissen.

Der Verlust von biologischer Vielfalt spielt auch aktuell noch eine wichtige Rolle. 1,8 g Insekten wurden im Rahmen des NRW-Insektenmonitorings im Schnitt pro Tag erfasst.

Die Krefelder Forscher sehen in den Werten einen weiteren Abwärtstrend.  „Die Biomasse der Insekten in den Jahren 2021 und 2022 zeigt das niedrigste Jahresmittel, das wir jemals gemessen haben“, so Thomas Hörren, der Vorsitzende des Vereins.

Erstmals wurde auch die Insektenvielfalt des Landes systematisch beleuchtet: 6.381 Insektenarten wurden bislang aufgedeckt. Darunter allein 2.808 verschiedene Fliegen und Mückenarten, 927 Käfer oder aber 772 Schmetterlinge. Die angewandten Methoden ermöglichen einen weiten Überblick über die Bestandsentwicklungen nahezu aller flugaktiven Insekten so auch z.B. aller Arten, die Blüten bestäuben.

Das Insektenmonitoring liefert damit enorm bedeutende Daten zum Zustand der Natur und dem Erhalt biologischer Vielfalt, aber auch zum Vorkommen nützlicher Insekten in der Landwirtschaft oder aber die aktuelle Verbreitung von eingewanderten Mückenarten, die in Zukunft möglichweise Krankheiten übertragen könnten. Thomas Hörren dazu: „Insekten stellen nicht nur unsere artenreichste Organismengruppe dar, sie ermöglichen uns durch ihre vielfältigen Lebensweisen auch die umfassendsten Einblicke in unsere Kulturlandschaft.“

Ob das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) die Untersuchungen fortführen möchte, ist derzeit unklar.

Beteiligte Institutionen:

  • Entomologischer Verein Krefeld (EVK)
  • Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV)
  • Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW)
  • Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB)

Literatur / Quelle:
Hörren, T., Bodingbauer, S., Bourlat, S., Grüneberg, C., Kaiser, M., Kiel, E.-F., Schäffler, L., Scherber, C., Schwan, H., Seitz, A., Stenmans, W., Sumser, H., Zizka, V. & Sorg, M. (2023): Monitoring der Biodiversität flugaktiver Insekten in NRW. Ergebnisse und Perspektiven aus der Kooperation des Entomologischen Vereins Krefeld mit dem Land Nordrhein-Westfalen. – Natur in NRW 2023/3: 17-21. [Anmerkung der Redaktion: Deutliche Aussagen zu zeitlichen Veränderungen und Verlusten sucht man in der Haus-Publikation  des LANUV leider vergeblich..]

Hallmann, C. A, Sorg, M., Jongejans, E., Siepel, H., Hofland, N., Schwan, H. et al. (2017): More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS ONE 12(10): e0185809.

 

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Großer Schillerfalter (Apatura iris) in der 2. Generation

Am 11.10.2023 gelang in Kerpen-Buir (NRW, Rhein-Erft-Kreis) ein sensationeller Fund! Der Hobbyfotograf Dirk Olefs konnte in seinem Garten ein Weibchen des Großen Schillerfalters der 2. Generation beobachten und vortreffliche Fotos davon anfertigen. Die Zufalls-Entomologen liefern immer wieder sehr spannende Beobachtungen!

Großer Schillerfalter ♀,  Kerpen-Buir, 11. Oktober 2023 © Dirk Olefs

Bei dem Fund vom 11.10.2023 handelt es sich nach meinem Kenntnisstand um den ersten sicheren Nachweis des Schlupfes eines Weibchens der 2. Generation in unserem Arbeitsgebiet.

Hierzu teilte mir Dirk Olefs mit, dass er ein bisschen „Schnappatmung“ bekam, als er im heimischen Garten diesen Falter zufällig während der Gartenarbeiten entdeckte, allen anderen im Garten befindlichen Personen das „Einfrieren“ auferlegte, damit dieses schöne Exemplar nicht entfleucht, während er eine Kamera holte und dann dieses imposante Tier fotografierte.

Am Ende war es für ihn als Hobbyfotograf ein herausragendes Ereignis – einerseits, weil er einen solchen Schmetterling noch nie zuvor gesehen hatte, andererseits aber auch, weil die iris-Dame sehr geduldig und entspannt seine Verrenkungen mit Kamera um sich herum ertragen hat; am Ende hatte er sogar noch Zeit, eine zweite Kamera mit Makro-Linse heranzuholen 🙂

Im Nachgang hat Dirk Olefs dann durch Recherche im Internet herausgefunden, dass es wohl ein Großer Schillerfalter sein müsse, und wahrscheinlich ein Weibchen in seinem Garten zu Besuch war. Diese Beobachtung hat ihn dann auch dazu gebracht, sich bei der Online-Plattform inaturalist.org zu registrieren und das Bild im Netz zu teilen. Weiterlesen

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Wanderfalter im Herbst 2023, und was der Hunga Tonga-Hunga damit zu tun hat

Zum Jahresende sind mal wieder besonders viele Zuwanderer  oder Arealerweiterer aus Südeuropa in Westdeutschland unterwegs. Eine gute Gelegenheit, sich ein paar faunistische Raritäten anzuschauen.

Hohe Temperaturen in der Atmosphäre, Sandstürme in der Sahara die ihre Staubwolken bis nach Nordeuropa schicken, tropische Nächte im Oktober in Nordrhein-Westfalens Großstädten. Der Oktober 2023 ist viel zu warm, darin sind sich die Experten einig.

Ob das am vom Menschen gemachten „Klimawandel“ liegt, das werden erst die Messergebnisse der kommenden Jahre zeigen. Eine plausible  Erklärung für die aktuellen Wetterkapriolen bieten jedoch die Daten zu einem geologischen Ereignis im Pazifikstaat Tonga, dazu weiter unten mehr. Aber hier geht es ja in erster Linie um Schmetterlinge: Die ersten Frostspanner sind schon wieder unterwegs, jedoch kommen immer noch reichlich Wanderfalter aus Südeuropa zu uns.

Abbildung 1: Ein „Rauhputz-Bild“ als Beleg. Rhodometra sacraria ♂ an der Hauswand, angelockt vom Licht. D-NRW Haan, 10. Oktober 2023 (Foto: Dahl)

Und nachdem weiterhin zahlreiche KollegInnen und auch Laien ihre Beobachtungsdaten bei observation.org oder anderen Plattformen eingeben, können alle jetzt sozusagen „in Echtzeit“ verfolgen, wie sich die Nachweiskarten von Arten füllen, die vor wenigen Jahren nur ausnahmsweise in der Region zu sehen waren.

Ich will hier nur mal eine leicht erkennbare Art herausgreifen, den Rotgestreiften Wanderspanner – Rhodometra sacraria. Und um das in einen größeren Zusammenhang zu stellen, habe ich die Kartendarstellung aus observation.org gewählt: Ohne die Daten der Niederländer und Belgier können wir meines Erachtens die Funde in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nicht seriös einordnen. Und mittlerweile lassen sich auch gemeinsame Nachweiskarten mit ein paar Mausklicks erstellen Weiterlesen

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Hochsommer-Exkursion zu Kaisermantel, Schachbrett und Mohrenfalter

Weißbindiger Mohrenfalter – Erebia ligea, Nettersheim, 23. Juli 2023 (Foto: Stefan Häcker)

Wenn erwachsene Männer in Gruppen auf dem Bauch herumkriechen und freudig erregte Soziallaute von sich geben – dann ist mal wieder Eifel-Exkursion. Mehr als 35 Tagfalterarten in wenigen Stunden, die Hochsommer-Exkursion ins Lampertstal und nach Nettersheim bot einiges an Überraschungen.
Falter in Menge und Top-Lebensräume direkt am Wanderweg, barrierefreies Terrain für die ältere Generation, keine größeren Steigungen oder Gekletter, zudem ausreichend Parkflächen: Das Lampertstal bei Blankenheim hat es uns angetan, dort gibt es eigentlich immer gute Falterfunde, und in den vergangenen Jahren haben wir deshalb dem Tal alljährlich mindestens einen längeren Besuch abgestattet.

Ende Juli ist eine gute Schmetterlings-Zeit für die Eifel, das Wetter nicht zu heiß, und so waren auch am 23. Juli 2023 wieder insgesamt zehn Interessierte pünktlich vor Ort, angeführt von Tim Laußmann und organisiert über den Naturwissenschaftlichen Verein Wuppertal.

Schon im Umfeld des Parkplatzes waren Dutzende Schachbrettfalter, Braune Feuerfalter und Kaisermäntel reichlich zu beobachten. Der Brombeer-Perlmuttfalter – Brenthis daphne ist in der Eifel mittlerweile fest etabliert, der Große Perlmuttfalter – Speyeria aglaja eher selten, Erebia ligea, der Weißbindige Mohrenfalter, schon ein echtes Highlight. Die Wiesen in den Trockentälern der Eifel waren schon lange abgeräumt, und so verteilte sich die Exkursion rasch entlang der Weg- und Grabenränder, Hecken und Altgrasstreifen, wo sich auch die Falter konzentrierten. Nach drei Stunden war die Artenliste schon lang, dreistellige Anzahlen von Kaisermantel und Schachbrett waren notiert.

Die Exkursion zog um zum Steinbruch Höneberg, wo es Erklärungen zur geologischen Entwicklung der Region und den komplexen Landschaftsformen der Eifel mit ihren Kalkkuppen und Tonmulden gab. Der Wuppertaler Verein hat eine lange Tradition gemeinsamer Exkursionen zusammen mit Botanikern, Geologen und Entomologen, und so hatten am Ende auch diejenigen, die schon alles gesehen hatten, wieder etwas dazugelernt.

Voller Einsatz für den Schlüsselblumen-Würfelfalter. Bild: Stefan Häcker

Der eindeutige Star am Höneberg war allerdings keine geologische Schichtenfolge, sondern wieder ein Tagfalter: Hamearis lucina, der Schlüsselblumen-Würfelfalter, hatte sich wohl in der Jahreszeit vertan. Die Art fliegt normalerweise von April bis Juni, zur Blütezeit der Schlusselblumen. Allerdings gibt es in der Literatur auch Angaben über Lysimachia-Arten als Nahrungspflanze der Raupen (Lysimachia nemorum, L. nummularia) und zumindest partielle 2. Generationen der Falter (vgl. EBERT Bd. 2: 149 ff.). Auf jeden Fall eine außergewöhnliche Beobachtung, das Geläster über die „Dickleibspinner“, die da beim Fototermin herumkrochen, konnten wir da leicht verschmerzen.

Hamaearis lucina, Steinbruch Höneberg, 23. Juli 2023 (Foto: Tim Laußmann)


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Wiederfunde von Antispilina ludwigi Hering, 1941 im Hohen Westerwald

© Foto: Hermann-Josef Falkenhahn

Am Schlangenknöterich leben nicht nur spektakuläre Tagfalter wie Blauschillernder Feuerfalter (Lycaena helle) und Randring-Perlmuttfalter (Boloria eunomia). Auch die Suche nach winzigen Blattminiereren kann sich lohnen.

Der Knöterich-Erzglanzfalter – Antispilina ludwigi Hering, 1941 hat seinen Typenfundort im Hohen Westerwald, in der Umgebung von Driedorf-Waldaubach, im Lahn-Dill-Kreis (Hessen). Bei Albert Grabe (1944) lesen wir, dass der Entdecker, der Siegener Arzt Dr. Albert Ludwig, die Art – außer bei Waldaubach im Jahr 1940 – auch noch 1942 bei dem Siegerländer Ort Wilnsdorf-Wilden gefunden hat. Dies war lange Zeit der einzige Nachweis des zu den Heliozelidae (Erzglanzfaltern) zählenden Falterchens in Nordrhein-Westfalen.

Bereits 2021 wurde auf der Melanargia-Webseite ein Link zu einer neueren Publikation gesetzt, die eine Kleinschmetterlingsart betrifft, deren Typuslokalität im Arbeitsgebiet der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e. V. liegt: Nieukerken et al. (2021) konnten A. ludwigi an zahlreichen Fundstellen in Frankreich (Zentralmassiv und Jura), Belgien (Ardennen) und der Schweiz (Jura und Alpen) nachweisen.
In der Datenbank der Arbeitsgemeinschaft findet sich zudem ein ein Nachweis von fünf Minen aus dem Wüstebachtal bei Monschau, gefunden anlässlich eines Lichtfangs am 18. Juli 2021 von Arnold Schreurs und Rudi Seliger (conf. E.v. Nieukerken).

Rudolf „Ruedi“ Bryner wies am 19. Juli 2023 noch einmal im Lepiforum darauf hin, dass momentan der beste Zeitpunkt für die Minensuche an Blättern vom Schlangen-Knöterich Polygonum bistorta L. sei. Da ich einerseits die Bewirtschaftung von hessischen Lycaena helle-Maßnahmenflächen überprüfen musste, und zudem im Südsiegerland die Biologische Station einen öffentlichen Lichtfang anbot, entschloss ich mich am 22. Juli 2023, dort quasi „nebenbei“ nach A. ludwigi-Minen zu schauen.

Bereits bei der ersten Stichprobenfläche hatte ich Erfolg:
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Die Brombeereule unterwegs nach Norden!

Dysgonia algira, D-NRW Mülheim/Ruhr, Erddeponie Kolkerhof, 1. Juli 2023 (Foto: Armin Dahl)

Der Klimawandel beschert uns exotisch anmutende Arten. Aktuell gibt es weitere Funde von Dysgonia algira, jetzt auch aus dem Ruhrgebiet / Niederrhein.

Bei einem Leuchtabend am 30. Juni / 1. Juli 2023 in Mühlheim/Ruhr haben wir zu unserer angenehmen Überraschung ein Exemplar der Brombeereule – Dysgonia algira (Linnaeus, 1767) angetroffen. Unser Fund stellt den zur Zeit nördlichsten (uns) bekannten Nachweis dieser Art in Deutschland dar. Fast zeitgleich wurde am 30. Juni 2023 ein weiterer, ziemlich abgeflogener Falter der Brombeereule in Neuss gefunden. Beide Fundorte liegen naturräumlich in der Mittleren Niederrheinebene.

Erst am  26. August 2020 gelang Karl-Heinz Böttinger der Erstfund dieser Art  in Nordrhein-Westfalen, im Rheintal bei Köln-Rath (vgl. Schmetterlinge Deutschlands) . Ein weiterer Nachweis von Thomas Wurzinger zwischen Bergisch-Gladbach und Leverkusen stammt vom 10. September 2021. Der erste 2023er-Fund von D. algira im Gebiet der Arbeitsgemeinschaft erfolgte am 19. Mai durch Wolfgang Brüggemann am Felsenberg bei Schloßböckelheim/Nahe. Seitdem wurden an mehreren Orten, vor allem entlang der Mosel, Falter der Brombeereule angetroffen.
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Traumpfade durch vergiftete Landschaften


Der Mosel-Apollofalter, der wohl berühmteste Schmetterling im Arbeitsgebiet, geht seit etwa zehn Jahren dramatisch zurück. Parallel dazu sind im Weinbau seit dieser Zeit neue Spritzmittel im Einsatz, die nicht nur für Pilze giftig sind. Man kann an Zufall glauben – wir tun es nicht. Die Aufsichts- und Umweltbehörden, die Weinbaulobby und einige Umweltverbände wissen sehr wohl, was vorgeht, drücken aber die Augen fest zu oder sind auf Tauchstation.

Der Apollofalter an der Mosel stirbt aus, und am Ende will es keiner gewesen sein. Dabei liegen die Fakten auf dem Tisch, das Ganze ist kein großes Geheimnis: Die in der unmittelbaren Umgebung der Apollofalter-Lebensräume per Hubschrauber versprühten, angeblich für Falter unschädlichen Fungizide sind weitaus giftiger als bisher offiziell bekannt, reichern sich zudem in der Umwelt an, und wirken auch auf Insekten. Die Bundes- und Landesbehörden wissen seit geraumer Zeit davon, schieben sich aber gegenseitig die Zuständigkeit zu, wie schon einmal in den 80er Jahren.

Mit einem solchen Vorwurf mag man sich einen Haufen Ärger einhandeln, immerhin sind da Landwirtschaftsverbände, Chemiekonzerne mit mächtigen Rechtsabteilungen, und nicht zuletzt eine Menge Winzer mit ihren Familien auf der Bühne. Deshalb an dieser Stelle: Alles, was wir hier zeigen, sind für jeden öffentlich zugängliche Fakten, keine Meinungen oder Behauptungen!

Seit Monaten recherchieren wir dazu und sammeln Material, haben dazu Stellungnahmen von Behörden, Protokolle von Gesprächen und aufschlussreiche E-Mails zu dem Thema in unseren Schubladen. Der Versuch einiger Mitglieder der AG, mit Anfragen und Telefonaten etwas zu erreichen, hat bisher nichts gebracht. Unter der Hand bekommen wir zwar Unterstützung, aber passieren tut NICHTS. Das Thema nervt gehörig, muss jetzt aber einfach mal raus ans Licht!

Wir haben dafür eine extra Seite auf unserer Homepage eingerichtet, auf der wir in einem ersten Schritt einige Dokumente ablegen, damit sich jede(r) selbst in Bild machen kann.

>> zur Dossier-Seite / Apolloschutz

„Schmetterlinge schützen! Das ist unsere Aufgabe“ steht vorne auf dem Werbeflyer unserer Arbeitsgemeinschaft. Auch wenn es manchmal weh tut! Der Apollofalter, Wahrzeichen und Sympathieträger der Untermosel, ist mittlerweile extrem selten, und die eifrig beworbenen „Traumpfade“ durch seine Lebensräume sind nur noch leere Kulissen.

Das Geknatter der Hubschrauber an der Untermosel ist die Begleitmusik des Artensterbens! Das hat absolut gar nichts mit Respekt vor der Natur oder Artenschutz zu tun. Hier geht es nur um Profit. Eine besonders geschützte Schmetterlingsart wird für das Luxus-Produkt Wein geopfert.

Seit zehn Jahren werden wieder persistente, halogenierte Fungizide versprüht, die die Umwelt dauerhaft belasten. Unserer Ansicht nach ist der großflächige Einsatz dieser Wirkstoffe im Umfeld der Apollofalter-Populationen zumindest mitverantwortlich für den starken Rückgang, ob es den Verantwortlichen passt oder nicht. Und das „Schwarze Peter“- Spiel der Behörden muss ein Ende haben. Sonst werden wir den Apollofalter an der Mosel verlieren!

Oder soll das der viel beschworene Insektenschutz in Deutschland sein? Wenn wir nicht einmal in der Lage sind, eine besonders geschützte Schmetterlingsart zu erhalten, dann drängt sich der Verdacht auf: Insektenschutz im Jahr 2023: alles nur hohles Gerede, absolut gar nichts dahinter!

 

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Das Moorteufelchen Nascia cilialis neu für das Bergische Land

Kühl-feuchte Bachtäler liegen oft unter dem Radar der Entomologen. Dabei könnte sich die Nachsuche lohnen: Vor allem Feuchtgebiets-Arten werden oft übersehen oder breiten sich unbemerkt aus. Manche mögen´s lieber kalt!

Am Ostrand von Düsseldorf liegt der Abshof, fast genau im Zentrum des FFH Gebietes Rotthäuser Bachtal. Der private Naturschutzhof fördert auf vielfältige Weise die Biodiversität. Gedankt wird dies durch eine sehr hohe Zahl an seltenen Arten. Das Besondere an dem Tal sind der Rotthäuser Bach, der ihm den Namen gab, seine Quellen und Feuchtbiotope, Fischteiche und ausgedehnte Schilfflächen. Hinzu kommen wertvolle Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder sowie Hainsimsen- Buchenwälder. Die Talsohle liegt bei knapp 100m NN, das nächste größere Feuchtgebiet liegt im Eller Forst, in etwa sieben Kilometer Entfernung, die Entfernung zur Rheinuferpromenade der Landeshauptstadt beträgt etwa zehn Kilometer Luftlinie.

Moorteufelchen – Nascia cilialis, D-NRW Düsseldorf Abshof, 8. Juni 2023. Foto: Martine Goerigk

Die Schmetterlingsfauna des Abshofs wird seit einigen Jahren +/- systematisch untersucht, was schon eine Reihe regional seltener Feuchtgebiets-Arten wie Arenostola phragmitidis, Sedina buettneri und Macrochilo cribrumalis zu Tage gefördert hat. Die Station ist z.B. auch regelmäßiger Fundort von Arctia caja, der Braune Bär fehlt ansonsten in der Region weitgehend. Die allermeisten entomologischen Daten zum Abshof sind bei observation.org erfasst.

Am 8. Juni 2023 konnte der Artenliste eine weitere Art hinzugefügt werden: Das zu den Rüsselzünslern (Crambidae) zählende Moorteufelchen Nascia cilialis (Hübner, 1796) wurde bei einem Lichtfang beobachtet. Die nächsten bekannten Vorkommen von N. cilialis lagen bislang im Schwalm-Nette-Gebiet und am Unteren Niederrhein, mehr als 60 bzw. 90 Kilometer entfernt.

Die Datenlage zu Nascia cilialis ist eher dürftig. Das Rote Kästchen markiert den Fund im TK 4707. Quelle: schmetterlinge-d.de, Stand 12. Juni 2023

Der Fund stellt den ersten Nachweis für den Naturraum Bergisches Land dar. Der nähere Fundort ist eine feuchte Schafweide, die mit Obstbäumen bestanden ist. Unmittelbar angrenzend befindet sich die Talsohle und der Rotthäuser Bach, der Bereich stellt sich als feuchte Hochstaudenflur mit Dominanz von Schilf und Großseggen dar. Die Umgebung des Hofes ist bei den lokal tätigen Entomologen als „Kaltluftloch“  gefürchtet, trotz der Nähe zur Großstadt herrschen hier häufig raue Bedingungen, wie in vielen Bachtälern im Bergischen Land und Sauerland. Vielleicht ist auch dort der Moorteufel los!

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Der Eichenzweig-Glasflügler – Paranthrene insolitus: unterkartiert oder wirklich selten?

Eichenzweig-Glasflügler Paranthrene insolitus; Friesheimer Busch, 9. Juni. 2023. Foto: Karl-Heinz Jelinek

Weitere Funde des Eichenzweig-Glasflüglers in der Niederrheinischen Bucht werfen einige Fragen auf. Ist die Art wirklich so selten, oder wurde nicht ausreichend danach gesucht? Wo ist der Lebensraum dieser Art?

Mit dem Einsatz künstlicher Pheromone hat die Erforschung der Glasflügler in den letzten Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erlebt. Die Kenntnis über die Verbreitung vieler Arten ist gewachsen. Aber dennoch gilt, dass das Pheromon zur richtigen Zeit am richtigen Ort wirken muss.

Erst im Jahr 1991 wurde Paranthrene insolitus Le Cerf, 1914 für das Arbeitsgebiet der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen nachgewiesen (Schumacher 1991), kurz nachdem der Erstnachweis für Deutschland erbracht wurde (Köhler 1991). Damals wurde noch das Synonym Paranthrene novaki Toševski, 1987 als Name für die Art verwendet. Der Fundort lag in Ruppichteroth im Kartenblatt TK 25/MTB 5110, einer Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis rund 30 Kilometer östlich von Bonn, wo auch Heinz Schumacher seinen Wohnsitz hat.

In den Folgejahren wurden weitere Nachweise in den angrenzenden MTB 5111 und 5210 gemacht, der letzte im Jahr 1995 (vgl. Datenbank Schmetterlinge AG Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen). Weitere Beobachtungen kamen nicht hinzu, und in den Roten Listen von NRW wurde Art nur als im Bergischen Land vorkommend geführt (Dudler et al. 1999; Schumacher et al. 2011). Laut Roter Liste Deutschlands gilt die Art als selten und nicht gefährdet (Rennwald et al. 2011).

Am 28.05.2020 konnte ich dann mit Hilfe des Wageningen Pheromons „insolita“ drei  Falter im Waldgebiet bei Erftstadt nachweisen (Schumacher, 2021). Das war der Erstfund für die Niederrheinische Bucht. Der Fundort war auf einer als Mittelwald im Rahmen eines LIFE-Projektes gepflegten Fläche, auf der einzelne Eichen stehen geblieben sind. In der aktuellen Roten Liste gilt die Art nun für das Bergische Land als verschollen und für die Niederrheinische Bucht durch extreme Seltenheit (potenziell) als gefährdet (Schumacher & Vorbrüggen, 2021).

Fundort auf der Ville in dem erwähnten Mittelwald, zum Zeitpunkt des Erstfundes für die Niederrheinische Bucht am 28.5.2020. Foto: Karl-Heinz Jelinek.

In den Jahren 2022 und 2023 habe ich das Pheromon im ehemaligen Munitionsdepot am Friesheimer Busch in Erftstadt ausgebracht, einem mit einzelnen Eichen bestandenen, als Wiesenkomplex vom NABU Rhein-Erft gepflegten Gelände. Dort konnte ich in den Zeiträumen 3.-10.06.2022 und 5.-9.06.2023 jeweils einen Falter in Unitrap-Fallen nachweisen.

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