Der Rote Ampfer-Glasflügler, Pyropteron chrysidiformis (Esper, [1782]), ist eine wärmeliebende Art, die in der Vergangenheit im Rhein- und Moseltal und an der Nahe, vereinzelt auch an der Ahr beobachtet wurde. Jetzt gibt es einen Nachweis im Nordwesten von Köln.
In den vergangenen fünf Jahren mehren sich die Funde, wie die Verbreitungskarte der Arbeitsgemeinschaft zeigt. Die nördliche Nachweisgrenze lag bislang im Siebengebirge südlich von Bonn.
Nachweise von Pyropteron chrysidiformis. Quelle: AG Rheinisch-Westfälische Lepidopterologen e.V. http://nrw.schmetterlinge-bw.de Stand 2. Juni 2023. Der Neufund im MTB 5006,2 ist durch den Roten Stern markiert
Vor ein paar Tagen, am 31. Mai 2023, gelang nun die wohl erste Beobachtung des Roten Ampfer-Glasflüglers nördlich des Rheintales: Fundort ist eine sehr warme, größere vegetationsarme Ödlandfläche am Rande eines Gewerbegebietes nahe Pulheim im Rhein-Erft-Kreis. Der Falter besuchte eine Blüte des Schmalblättrigen Greiskrauts (Senecio inaequidens), und der Beobachter – ein Stechimmen-Experte aus dem Entomologischen Arbeitskreis des NABU Köln – freute sich, dass er das hübsche Tier fotografieren konnte.
Roter Ampfer-Glasflügler (Pyropteron chrysidiformis) bei Pulheim. Foto: Frank Hartfeld
Nahrungspflanze für die Raupen des Roten Ampfer-Glasflügler ist vor allem der Schild-Ampfer Rumex scutatus, eine als „Schutt-Wanderer“ bekannte Pflanze. Diese wird nicht nur in Weinbauregionen an den Mauern gefunden, sondern auch entlang von Gleisanlagen, außerdem als Bestandteil der „Frankfurter Grünen Soße“ in Kräutergärten angebaut.
Setzt sich der Trend der zurückliegenden warmen Jahre fort, ist zu erwarten, dass auch diese Art vermehrt in Nordrhein-Westfalen ankommt, und auch in den vielfach genutzten Pheromonfallen zu finden sein wird. Die männlichen Falter von P. chrysidiformis „fliegen“ auf das Pherobank-Präparat SYMY, das normalerweise für Nachweise des Apfelbaumglasflügler Synanthedon myopaeformis eingesetzt wird.
Beim Pflegeeinsatz am Felsenberg in Schloßböckelheim am 29. April 2023 war das Wetter günstig: nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht zu windig, bedeckt. Da schafften wir mit gleich 15 Helfern an einem Nachmittag eine Menge! Abends kamen dann die Leuchtanlagen zum Einsatz. Biotop-Pflege, tolle Beobachtungen und ausgiebiger Austausch mit den KollegInnen: Die Nahe war einmal mehr die Reise wert!
Chef-Organisator Heinz Schumacher hatte im Vorfeld auf einen großen Aufruf zur Mitarbeit verzichtet, weil er fürchtete, dass sonst gar nicht genug Arbeit für alle vorhanden sei. So arbeiteten wir mit 15 Leuten in zwei Gruppen auf zwei Flächen. Ziel der Aktion war wie in den Vorjahren das Zurückdrängen des Schlehenaufwuchses auf den seit vielen Jahren von der AG betreuten Magerrasen. Alles war gut zu schaffen, ohne dass allzu viele Fußspuren die herrliche Flora und Fauna dort beeinträchtigten.
Vorn leise, hinten laut … Arbeiten auf der unteren Pflegefläche per Hand und mit Freischneider (Foto: Brigitte Schmälter)
Der Organisator – Heinz sagt, wo es lang geht (Foto: Brigitte Schmälter)
Hajo mit Freischneider (Foto: Bernd Bergmann)
Schweiß auch ohne Sonne: Heinz, Rudi und Uli bei der Arbeit (Foto: Brigitte Schmälter)
Zünftig am Berg: Brigitte (Foto: Bernd Bergmann)
Fachgespräch auch bei der Pflege: Jörg, Bernd und Rudi diskutieren über eine Raupe (Foto: Brigitte Schmälter)
Nach getaner Arbeit, von links: Rudi Seliger, Rolf Labonde, Brigitte Schmälter, Uli Retzlaff, Heinz Schumacher, Bernd Bergmann (Foto: Jörg Siemers)
Rudi, Jörg und Uli diskutieren einen Fund (Foto: Brigitte Schmälter)
Danach ließen wir uns den leckeren Kuchen, den Elisabeth Schumacher wieder gebacken und ihrem Mann mitgegeben hatte, und auch die Schokoladentorte von Volker Gayk gern schmecken!
von links: Hans Dudler, Ulrich Retzlaff, Hajo und Brigitte Schmälter, Volker Gayk, Steffi Braun, Jan Buchner, Rudi Seliger, Heinz Schumacher, Susanne Kutter, Jörg Siemers, Martine Goerigk, Rolf Labonde, Bernd Bergmann, Hajo Heimbach, Rudi Pähler, nach dem Pflegeeinsatz am Felsenberg in Schloßböckelheim, 29. April 2023 (Foto: Armin Dahl)
Für den abendlichen Lichtfang war das Wetter dagegen weniger geeignet: es hatte in der Woche zuvor Nachtfröste gegeben, zudem viel Regen, der am Vortag wie aus Kübeln über den Felsenberg ausgeschüttet worden war – und das in einem ohnehin „späten“ und feuchten Frühjahr. Weiterlesen →
In diesem Frühjahr erleben wir eine wahre Explosion beim Auftreten der kleinen Raupen unserer Nachtfalter. Die Gartenvögel freut es, die Förster wissen, dass auch kahlgefressene Bäume im Juni rasch wieder austreiben.
Schneespanner –Phigalia pilosaria. Foto: Roland
Großer Frostspanner –Erannis defoliaria. Foto: Roland
Grasglucke – Euthrix potatoria. Foto: Roland
Satellit-Eule – Euspilia transversa. Foto: Roland
In den ersten beiden Mai-Wochen haben wir auf unseren Exkursionen rund um Solingen, in die Ohligser Heide/Engelsberger Hof und zum Jaberg in Hilden mindestens 15 verschiedene Raupen-Arten gefunden, darunter der Schneespanner Phigalia pilosaria, die Satelliteule Eupsilia transversa, der Kleine Frostspanner Operophtera brumata, die Spanner-Arten Agriopis leucophaearia und A. aurantiaria/marginaria, die Zweifleck-Kätzcheneule Anortha munda sowie die dekorative Kleine Kätzcheneule Orthosia cruda.
Sehr attraktiv sind die stets agressiv wirkenden, in ihrer Färbung und Zeichnung stark variierenden Raupen des Großen Frostspanners Erannis defoliaria.
Großer Frostspanner – Erannis defoliaria an Quercus auf dem Weg nach oben. Foto: Roland
Viele Bäume, vor allem Eichen und Ahorne, zeigen total ausgefressene Blätter. Unter den Bäumen, in deren Krone die Raupen fressen, sind die bodennahen Pflanzen dicht mit den braunen Fraßknödeln bedeckt. Unter einigen Bäumen waren auch Teppiche von grünen Blattresten, die beim Fressen herunterfallen. Selbst die Buchen, an denen wir sonst kaum Raupen gefunden haben, zeigen nun häufig Fraßspuren. In der Krautschicht fand sich ein Buchen-Frostspanner Operophtera fagata.
Bemerkenswert ist die hohe Anzahl an Raupen, die die Stämme der Bäume von unten nach oben hochwandern, meist Spanner, aber auch die Pyramideneule Amphipyra pyramidea. Bei einer Raupenlänge von 4 Zentimetern und einer Baumhöhe von 15 Metern (1: 375) ist das so als ob ein Mensch von 1,60 m Größe sich vornimmt, einen 600 Meter hohen Baum zu erklimmen,
Bodennah entdeckten wir die große Raupe vom Weidenbohrer Cossus cossus, sowie an Gräsern die Grasglucke Euthrix potatoria. Fast in jedem Strauch des Pfaffenhütchens finden sich die dicht mit Raupen bestückten Gespinstnester von Yponomeuta cagnagella. Viele kleinere grüne, schwach gezeichnete Raupen, kann man vom Foto nicht sicher bestimmen. Auch die Tortriciden-Raupen sind nicht sicher einzuordnen, mit Ausnahme von Torticodes alternella.
Ein Suchtipp für den Hausgarten: Die Eisenhut-Goldeule Polychrysia moneta (Fabricius, 1787) ist eine der Schmetterlingsarten, die sich leichter über ihre Raupen als über die Falter nachweisen lassen.
Im Frühjahr kann man am Blauen Eisenhut (Aconitum napellus) die charakteristischen, durch die Raupen verursachten Veränderungen der Triebspitzen finden. Auch am Gelben Eisenhut (Aconitum lycoctonum) und Rittersporn (Delphinium) kann sich die Suche lohnen.
Abbildung 1: Eisenhut-Goldeule – Polychrysia moneta, mittelalte Raupe an Aconitum napellus. Wuppertal-Elberfeld, ca. 260 m, 1. Mai 2023. Freilandfotos: Armin Radtke
Dieselbe Raupe, im Bild unten links. Ihr leicht geöffnetes Gespinst an der Triebspitze mit Kotspuren auf dem einen Blättchen oben rechts. Foto: Armin Radtke
Spätere Raupenstadien von Polychrysia moneta wandern von der Triebspitze nach unten und verstecken sich in herabhängenden Blättchen. Foto: Armin Radtke
Die vielen aktuellen Nachweise im Raum Wuppertal erfolgten sämtlich in Gärten (Kleingartenanlagen oder Hausgärten), natürliche Vorkommen der Pflanze sind auf höhergelegene Regionen beschränkt, z. B. in Eifel, Sauer-und Siegerland.
Nachweise von Polychrysia moneta. Quelle: AG Rheinisch-Westfälische Lepidopterologen e.V. http://nrw.schmetterlinge-bw.de Stand 3. Mai 2023
Ein Blick auf die Verbreitungskarte dieser Art in unserem Arbeitsgebiet zeigt, dass es früher viel mehr Nachweise gab. Ursache für den vermeintlichen Rückgang könnte sein, dass frühere Beobachter vermehrt auf Raupensuche gegangen sind. Daneben wurden in früherer Zeit womöglich Eisenhut Stauden auch verbreiteter in Bauerngärten angepflanzt.
Erwachsene Raupe von Polychrysia moneta im Porträt. Foto: Armin Dahl
Also: schaut beim nächsten Spaziergang durch die Kleingartenanlagen oder Vorgärten in Eurer Umgebung doch mal auf die Eisenhut-Stauden und sucht an den Triebspitzen nach den Spuren der Raupen.
Die Raupen lassen sich relativ leicht mit Blättern von Aconitum napellus durchfüttern und ergeben dann im Sommer die wunderschönen Falter mit den goldfarbigen „Moneten“- Makeln auf den Flügeln
Eisenhut-Goldeule – Polychrysia moneta, Wuppertal-Barmen, April 2017 leg. Ludger Buller, Zucht und Foto: Armin Radtke.
Unser „Kerngeschäft“ sind Schmetterlingskunde und Naturschutz, und dazu gehört immer auch ein wenig Werbung für die eigene Sache. Öffentlicher Lichtfang ist ein gutes Mittel, das Interesse ist aber meist begrenzt. Ganz anders der Auftritt bei der Düsseldorfer Nacht der Museen 2023: Der sprengte mit mehr als 4000 Besuchern völlig den Rahmen.
Langfristig angekündigte Termine zum „Mottenfang“ haben so ihre Tücken, das Wetter passt selten, und die Zahl der Teilnehmer ist meist überschaubar. Das Ganze noch in der Innenstadt von Düsseldorf, wo das Artenspektrum ausgedünnt ist. Meine Erwartungen sind gering, was den Erfolg der Aktion vor dem Löbbecke-Museum angeht.
Das Fernsehen soll auch da sein heißt es, Sendezeit aber noch vor der Tagesschau, da gibt es beim Lichtfang nichts zu sehen. Zur Sicherheit werden deshalb am Vorabend ein paar Nachtfalter in Döschen gepackt und müssen im Kühlschrank übernachten, als Demonstrationsobjekte, für alle Fälle.
Als ich dann – weit vor Sonnenuntergang – auf den Parkplatz vor dem Aquazoo einbiege, trifft mich fast der Schlag! Eine endlos lange, stetig wachsende Menschenschlange bis fast zum Eingangstor, alle unterm Regenschirm, ein Live-Übertragungswagen mit Satellitenschüssel vor dem Gebäude, Getränkestand mit Extra-Schlange, der Eingangsbereich zum Museum ist eine wuselige Menge. Bildungsbürger, kostümierte Girlies, kulturinteressierte Townhipster, Menschen aller Länder, alle ausgehfein: Das übliche Fachpublikum mit Parka und Wanderschuhen ist das auf jeden Fall nicht!
Den ursprünglichen Plan, etwas seitlich im Park hinter dem Museum unsere Leuchttürme aufzubauen, können wir gleich vergessen, die Anlage muss auf die Wiese direkt vor den Eingang, es nieselt. Gefühlte 300 Augenpaare beobachten den Aufbau schweigend, nur ein paar Kinder trauen sich zu fragen „Was machen Sie da mit der Lampe und der Gardine.“ Zum Glück kommt Unterstützung durch das Aquazoo-Maskottchen, weitere Lichtanlagen werden aufgebaut, das Aggregat liefert Strom. Und die Fernsehleute von der WDR-Lokalzeit (ab Minute 13) kommen wegen des Andrangs nicht mehr durch bis zu uns, die wir die „Kreaturen der Nacht“ anlocken und live bestimmen sollen.
Hai-Light des Tages: Wenns der Sache hilft, kann ich mich sogar mit Knorpelfischen anfreunden. (Foto: Philipp Schroeder)
Sieben Stunden später, immer noch strömen Menschen an uns vorbei, die Straßenbahn ist voll, es fühlt sich an wie bei Annie Lennox „This City Never Sleeps“. Die Fledermäuse vom Teich am Museum sind jedoch schon lange im Bett. Es gab halt nichts zu fressen, einen Lichtfang mit derart schlechtem Anflug habe ich eigentlich noch nie erlebt, immerhin hat der Regen aufgehört. Nicht mal zehn Arten Großschmetterlinge, das ist Mitte April praktisch Nichts. Vor dem Museum, zwischen den ganzen Straßenlaternen, war eigentlich nur ein einziger Falter erwähnenswert, die Kiefern-Eule Panolis flammea.
Schick und pelzig: Kieferneule – Panolis flammea, Düsseldorf, 22. April 2023 (Foto: Philipp Schroeder)
Zimtbär – Phragmatobia fuliginosa im Anflug. (Foto: Armin Dahl)
Ein einsamer Zimtbär – Phragmatobia fuliginosa ist hundertfach fotografiert und direkt bei Instagram gepostet worden. Mangels Anflug mussten auch die Falter vom Vorabend noch als Statisten mithelfen, und so kam auch noch der Birken-Zahnspinner zu seinem Auftritt. Stars des Abends waren eine träge Amerikanische Kiefernwanze und eine Echte Motte, beide aus einer Etagenwohnung in Wuppertal nach Düsseldorf eingeschmuggelt.
Wir drei „Experten“, Martine Goerigk, Armin Radtke und meine Wenigkeit, haben etwas ausgefranste Mundwinkel, die Leuchttücher sind voller Schlamm, die Kaffeekanne leer, die Füße tun weh. Zusammen haben wir drei eine Unmenge an Fragen beantwortet, über Insekten, Klimawandel, Gartentipps verteilt und über Gott und die Welt diskutiert. Das Bestimmen der Falter mit den Apps von observation.org fasziniert alte und junge Naturforscher, ich habe auch ein paar Leute getroffen die ich vorher nur übers Internet kannte. Und hoffentlich haben wir einige von den mehr als 4000 gezählten Museum-„Nachtschwärmern“ für das Thema Entomologie begeistern können.
Ein dickes Dankeschön an Philipp Schroeder, stellvertretend für das Team vom Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf, für perfekte Organisation und Unterstützung. Und so wie es aussieht werden wir auch im kommenden Jahr an gleicher Stelle unser geliebtes Hobby vor großem Publikum präsentieren dürfen!
Eupithecia irriguata, FFH Mönchbruch, 10. April 2023 (Foto: Erik Opper)
Am 13. April 2022 konnte der Verfasser drei Exemplare (2x Männchen, 1x Weibchen) von Eupithecia irriguata (HÜBNER, [1813]) in der FFH-Heidelandschaft bei Mörfelden-Walldorf, südwestlich des Frankfurter Flughafens, bei einem Lichtfang nachweisen. Der Helle Eichenhain-Blütenspanner wurde in Hessen zuvor letztmals 1951 unweit von Kassel gesichtet.
Bereits am Folgetag konnte Hermann Falkenhahn ein weiteres Weibchen am Licht an gleicher Stelle beobachten. Auch 2023 gelang in der näheren Umgebung wieder ein Nachweis. Um die Stabilität der Population und das Verbreitungsgebiet der seltenen Art zu untersuchen, hat der Verfasser am 10. April 2023 etwa 800m entfernt von der Fundstelle aus 2022 einen erneuten Lichtfang unternommen. Dabei wurde der Fund von 2022 bestätigt – ein Exemplar von Eupithecia irriguata fand sich gegen 21:15 Uhr am Licht ein. Das Belegfoto wurde am Folgetag von Daniel Bartsch im Lepiforum bestätigt.
Eupithecia irriguata gilt bundesweit als vom Aussterben bedroht (RL1), aktuelle Nachweise liegen nur noch aus Bayern (RL 3) und Baden-Württemberg (RL1) vor. Bemerkenswert ist, dass selbst der in Südhessen lebende „Eupithecia–Papst“ Karl Dietze (1851-1935) diese Art nur von Frankfurt kannte. Der letzte mir bekannte Nachweis von E. irriguata in Hessen stammt aus einem EichenwaldbeiHeiligenrode im Osten von Kassel, wo Heinrich Reuhl die Art am 1. Mai 1951 beobachtete (REUHL, 1976)
Die engere E. irriguata-Fundstelle ist der ostexponierte Waldrand einer breiten Stromleitungstrasse auf Flugsanddecken. Der Baumbestand besteht aus Kiefern/Buchen-Forsten mit nur einzelnen randständigen älteren Stieleichen-Individuen (30-50 Stammdurchmesser), jedoch dem Dreifachen an nordamerikanischen Eichen (Quercus rubra/palustris).
Fundort von E. irriguata bei Mörfelden (Foto: Erik Opper)
Herauszuheben ist die Wärmegunst der sandigen Energietrasse, die windgeschützt inmitten von Forsten und Wäldern im Oberrheingraben liegt. Dank der regelmäßigen Mahd durch Hessen Forst unter der Anleitung von NSG-Schutzgebietsbetreuern konnte der gesamte Lebensraum für diese sehr seltene Art und eine Vielzahl weiterer Tag- und Nachtfalterarten optimal erhalten bleiben. Diese Art der Pflege gilt es auch zukünftig fortzusetzen.
Ich danke insbesondere meinem geschätzten Kollegen Hermann Falkenhahn für Bestimmung 2022 und die Lebensraumbeschreibung.
Literatur
REUHL, H. (1976): Die Großschmetterlinge („Macrolepidoptera“) Nordhessens VIII. „Heterocera“ (Nachtfalter). 3. Geometridae (Spanner). – PHILIPPIA 111/1: 45-62
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl speziell hergestellter Pheromone für das Monitoring von Kleinschmetterlingen. Eines davon ist das Präparat für Pammene argyrana. Mit diesem sind im zeitigen Frühjahr die Falter von Pammene giganteana in der Nähe von Eichenstandorten nachzuweisen – teils in hohen Anzahlen.
Pammene giganteana, Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Ennepetal-Büttenberg, am Pheromon für P. argyrana, 7. März 2022 (Foto: Jonas Mittemeyer)
Die Tiere treten hierbei meist in der bunten Form auf. Hin und wieder sind aber auch dunkle Formen zu finden.
Pammene giganteana, Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Ennepetal-Büttenberg, am Pheromon für P. argyrana, 7. März 2022 (Foto: Jonas Mittemeyer)
Mit der Möglichkeit des Anlockens durch Pheromone hat sich in der Vergangenheit vor allem im Bereich der Glasflügler (Sesiidae) einiges getan. So gelang z.B. an vielen Stellen des Arbeitsgebietes der Nachweis des Großen Weidenglasflüglers (Sesia bembeciformis), mit einem Präparat, das eigentlich für die Bananentriebmotte (Opogona sacchari), entwickelt wurde. Änliches gilt für die zu den Echten Motten (Tineidae) zählende Triaxomasia caprimulgella, die ebenfalls das Bananenbohrer-Präparat anfliegt (MORAWIETZ & HASLBERGER 2022)
Das spannende am Pheromonpräparat für Pammene argyrana ist nun, dass man daran im Laufe des Jahres fast alle Pammene-Arten erwarten und nachweisen kann. Die Zielart argyrana fliegt einige Wochen nach giganteana, ungefähr ab Mai. Noch einige Wochen später folgt Pammene albuginana, welche im Arbeitsgebiet bislang erst wenige Male beobachtet wurde. Die Raupe von P. albuginana lebt in Eichengallen, die von Gallwespen erzeugt werden.
Eichen-Zwergblattroller – Pammene albuginana D-NRW Ennepetal-Büttenberg, am Pheromon für P. argyrana, 7. Mai 2022 (Foto: Jonas Mittemeyer)
Weiterhin sei auf die beiden Arten Pammene aurana und Pammene aurita im Sommer hingewiesen. Letztere fliegt häufig in die Unitrap-Pheromonfallen ein, die mit verschiedenen Sesiidae-Pheromonen bestückt sind. Mit dem gezielten Einsatz des argyrana-Pheromons sind in der Nähe der jeweiligen Raupenfutterpflanzen auch die Imagines etlicher weiterer Pammene-Arten zu erwarten. Viel Erfolg bei der Suche!
Felskuppen, Trockenrasen, Weinberge, Fluss. Der Felsenberg bietet tolle Lebensräume und Landschaftsbilder.
Das Nahebergland oberhalb von Bad Kreuznach ist mit seinen Felsbiotopen und Trockenrasen eine der artenreichsten Regionen in Deutschland. Das Gebiet ist eine Modellregion für Biodiversität, am Fluß leben hochseltene Reptilien wie die Würfelnatter, nur wenige Meter weiter fliegen die Segelfalter und zahlreiche entomologische Raritäten.
Wer das Gebiet noch nicht kennt: Der Termin für den nächsten Pflegeeinsatz am Felsenberg bei Schloßböckelheim steht jetzt fest. Am letzten Aprilwochenende(Samstag 29.4. 2023 ab 14:00 Uhr) werden wir dort wie in den vergangenen Jahren versuchen, die Verbuschung der wichtigsten Flächen ein klein wenig zurückzudrängen. Helfer sind immer willkommen, auch wenn sie nur die Pflegetruppe mit Kaffee und Kuchen für die Pause versorgen. Schlehenbüsche haben Dornen, der Felsenberg ist supersteil, deshalb bitte Handschuhe und festes Schuhwerk mitbringen.
Parallel dazu gibt es wieder die Möglichkeit, Lichtfang im TOP-Gebiet der Arbeitsgemeinschaft zu machen, aktuell belegt das Messtischblatt 6112 Waldböckelheim mit 1370 nachgewiesenen Lepidopterenarten Platz 1 in unserer Datenbank (Stand 27.3.2023).
Damit wir den Pflegeeinsatz besser planen können, bitte Anmeldung bei Heinz Schumacher
Stichwort Raritäten: Eine neue Falterart in einem Bundesland nachzuweisen, noch dazu mit einer eleganten Methode, das ist schon nicht schlecht! Glückwunsch an Toni Kasiske, dem das Kunststück im gut untersuchten Niedersachsen gelang. Der Nachwuchsforscher hat im Stadtgebiet von Braunschweig ein offenbar ausgedehntes Vorkommen des Gelblichen Ampfer-Glasflüglers – Pyropteron triannuliformis entdeckt. Der Nachweis gelang mit handelsüblichen Pheromonen. Und wenn es so geht wie mit anderen Arten (z.B. Schneeball-Glasflügler, Großer Weiden-Glasflügler), dann ist das erst der Anfang, und vielleicht folgt nach Niedersachsen bald ein Fund in Westfalen. Nachzulesen ist das Ganze im gerade erschienenen Heft der Melanargia, Jahrgang XXXV, auch der 35. Jahrgang wieder souverän herausgegeben von Schriftführer Günter Swoboda.
Und dann war da noch der Faunenband 20 der Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens in der Post!
Die Autoren Rolf Mörtter, Rudi Seliger und Wolfgang Wittland wandeln in kriminalistischer Kleinarbeit auf den Pfaden von Altmeister Willy Biesenbaum († 17. September 2022) dem der Band post mortem gewidmet wurde. Peter Stüben steuerte professionelle Farbaufnahmen bei, und viele Mitglieder ihre Funddaten und Belege.
Verschollen und wiedergefunden: Nachweiskarte von Eudonia delunella.
Wieder einmal zeigt sich, daß wir auch in Zukunft nicht um Genitalpräparation oder das mittlerweile etablierte Barcoding herumkommen, wenn wir der Wahrheit z.B. bei den bearbeiteten Zünslerfamilien (Pyralidae und Crambidae) näher kommen wollen.
So können auch mal Arten mangels Beleg oder wegen Fehlbestimmungen wieder aus dem Arbeitsgebiet verschwinden, im vorliegenden Fall z.B. Homoeosoma nimbella, Scoparia ingratella und Eudonia laetella.
Der Faunenband mit 227 Seiten Text, Phänogrammen und Karten enthält Angaben zur Flugzeit und Bestandsentwicklung der behandelten Arten, damit sind dann die Pyraloidea in fünf Faunenbänden komplett. Zweifellos ein Meilenstein der faunistischen Forschung!
Dank gilt neben allen Autoren und Mitarbeitern auch der Nordrhein-Westfalen-Stiftung für die finanzielle Unterstützung bei den Druckkosten!
Exponentielles Wachstum der Beobachtungszahlen (blaue Balken) und Beobachter (orange Linie) bei observation.org seit 2010.
Im Jahr 2022 haben aus unserem Arbeitsgebiet mehr als 4000 (!) Menschen alleine über die Plattform observation.org Nachtfalterbeobachtungen gemeldet, insgesamt waren es mehr als 125.000 Beobachtungen. Daten sind das neue Gold, und so finden sich darunter auch viele spektakuläre Zufalls-Beobachtungen. Nebenbei kann man über diese Citizen Scientist-Projekte praktisch live erleben, wie der Klimawandel manche Arten vor sich hertreibt. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Spanische Flagge – Euplagia quadripunctaria einmal bis ins südliche Münsterland verbreitet sein wird, wie jüngst auch in der Arbeit von Karsten Hannig in den Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde nachzulesen?
Das Vereinsleben hat in Corona-Zeiten erheblich gelitten, die Naturbegeisterung, das Interesse in der Bevölkerung an Artenvielfalt, Insekten und Naturschutz hat dagegen stark zugenommen. Und die Laien von heute sind die Kenner von morgen und die Taxonomen von übermorgen. Sie müssen nur an die Hand genommen werden. Deshalb: Bitte meldet alle Termine, Vorträge und Exkursionen etc. über das Kontaktformular oder andere Kanäle! Wir tragen sie dann in den Terminkalender ein, damit Eure Veranstaltungen auch gut besucht werden. In diesem Sinnen wünsche ich Euch eine prallvolle spannende Faltersaison!
Literatur:
Karsten Hannig, Matthias Olthoff (2023): Zur Fauna und Flora einer Sandabgrabung bei Haltern-Flaesheim (Kreis Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen) – 2. Nachtrag. – Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde 103: 4-118