Die Heidelbeer-Zwergminiermotte Stigmella myrtillella – eine vielfach übersehene Art?

Die intensive Beschäftigung mit den Zwergminiermotten (Nepticulidae) stößt nur bei einem kleinen Teil der Schmetterlingsforscher auf reges Interesse. Der Nachweis und die Bestimmung der winzigen Falter ist nun einmal nicht jedermanns Sache. Das Auffinden einer Art gelingt jedoch ungleich leichter, wenn man sich auf die Suche nach den Blattminen begibt. Ein Suchtipp für den Spätsommer.

Auch für den ungeübten Forscher ist der Nachweis an Wirtspflanzen relativ einfach, an denen nur wenige Insektenarten minieren. Ein Beispiel ist die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus). Laut www.bladmineerders.nl gibt es sieben Minierer an Heidelbeere, davon drei Blattsackfalter (Gattung Incurvaria), zwei Miniersackträger (Coleophora), ein Wickler (Tortricidae) und Stigmella myrtillella (Nepticulidae). Das Fraßbild der erstgenannten Arten ist jedoch vollkommen anders als bei S. myrtillella.

Für den Nachweis der Art ist es deshalb völlig unerheblich, ob noch eine Raupe darin miniert oder das Blatt schon leer ist. Das Gewirr an Heidelbeerblättern lässt nur vordergründig eine Suche aussichtslos erscheinen. Im Auflicht wirken die Minen wie vertrocknete Stellen, dadurch sind sie jedoch sehr auffällig. Hat man aber erst einmal Minen entdeckt, gelingt das weitere Auffinden recht schnell.

Mine von Stigmella myrtillella im Auflicht, NRW, Ostwestfalen, Stukenbrock, 19. August 2024 (Foto: Dieter Robrecht)

Das Aussehen der Minen hängt davon ab, wo das Ei abgelegt wurde, am Blattrand oder in der Nähe der Mittelrippe.

Eiablage am Blattrand: Der Kotgang verläuft zunächst ziemlich gerade am Blattrand entlang und mündet in einem Fleck. NRW, Ostwestfalen, Bielefeld-Sennestadt, 25. August 2024 (Foto: Dieter Robrecht)

Eiablage in der Nähe der Mittelrippe: Der Kotgang beginnt mit einer Reihe von S-Kurven und mündet in einem Fleck. NRW, Ostwestfalen, Willebadessen, 28. August 2024 (Foto: Dieter Robrecht)

Es stellte sich mir die Frage, ob Stigmella myrtillella mit der Heidelbeere weit verbreitet vorkommt oder doch eher selten ist. Letzteres ließ die Verbreitungskarte bei „Melanargia – Schmetterlingsportal für Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz“ vermuten, in der  bis Anfang August 2024 nur 10 Meßtischblatt-Viertelquadranten belegt waren.

Verbreitungskarte von Stgmella myrtillella, Stand Anfang August 2024.

Nachweiskarte von Stgmella myrtillella, Stand Anfang August 2024. Quelle: portal.melanargia.de

 

Deshalb suchte ich gezielt zwischen dem 16. und 28. August 2024 in Ostwestfalen einige Biotope auf, in denen Heidelbeere wächst. Dabei konzentrierte ich mich auf unterschiedliche MTB-Viertelquadranten, um rasch eine Verbreitung in der Fläche nachweisen zu können. Wie erwartet fand ich an halbschattigen bis schattigen Stellen jeweils innerhalb von fünf Minuten die ersten Minen. Das Ergebnis ist auf der aktualisierten Verbreitungskarte dargestellt: 13 neue schwarze Kästchen zieren die Karte, weitere werden folgen.

Nachweiskarte von Stgmella myrtillella mit Focus auf Ostwestfalen, Stand Ende August 2024. Quelle: portal.melanargia.de

Nachweiskarte von Stgmella myrtillella mit Focus auf Ostwestfalen, Stand Ende August 2024. Quelle: portal.melanargia.de

Dieser schnelle Erfolg führt mich zur Annahme, dass Stigmella myrtillella mit der Heidelbeere weit verbreitet vorkommt, und in (fast) jedem Heidelbeerbestand zu finden ist. In den an Nordrhein-Westfalen angrenzenden Niederlanden und ebenso in Belgien gibt es bereits zahlreiche Nachweise.

Lebensraum von Stigmella myrtillella, NRW, NSG Hühnermoor bei Harsewinkel. 30. August 2024 (Foto: Dieter Robrecht)

Nachtrag:

Verlassene Mine von Stigmella myrtillella, NRW, NSG Hühnermoor bei Harsewinkel. 30. August 2024 (Foto: Dieter Robrecht)

Literatur und Links
BORKOWSKI, A. (1994): Die Zwergminiermotten (Lep., Nepticulidae) der Länder Berlin und Brandenburg mit einer Stellungnahme zu ihrer Behandlung in der Roten Liste der gefährdeten Tiere. — Entom.Nachr.Ber., 38: 145-173, Dresden

JOHANSSON, R., NIELSEN, E.S., NIEUKERKEN, E.J. VAN, & GUSTAFSSON, B. (1990): The Nepticulidae and Opostegidae (Lepidoptera) of North West Europe. — Faun.Entom. Scand., 23, part 1 & part 2, København

ROBRECHT, D., VAN NIEUKERKEN, E. & WITTLAND, W. (2024): Die Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens, Band 21, Familie Nepticulidae

SOBCZYK, T., STÖCKEL, D., GRAF, F., JORNITZ, H., KARISCH, T. & WAUER, S. (2018): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 5: Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) 1. Teil. Micropterigidae (Urmotten), Eriocraniidae (Trugmotten), Nepticulidae (Zwergminiermotten), Opostegidae, Heliozelidae (Erzglanzmotten), Adelidae (Langhornmotten), Prodoxidae (Rosen-Blattsackmotten), Incurvariidae (Miniersackmotten), Tischeriidae (Schopfstirnmotten), Meessiidae und Tineidae (Echte Motten), Roeslerstammiidae, Douglasiidae (Wippflügelfalter), Bucculatricidae (Zwergwickler), Gracillariidae (Blatttütenmotten, Miniermotten und Faltenminierer), Batrachedridae, Momphidae (Fransenmotten), Blastobasidae, Autostichidae, Amphisbatidae, Cosmopterigidae (Prachtfalter), Gelechiidae (Palpenmotten), Alucitidae (Federgeistchen), Pterophoridae (Federmotten), Pyralidae und Crambidae (Zünsler). — Entom.Nachr. Ber., Beih. 22, (= Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Bd. 20), Dresden

ELLIS, WN 2001-2024. Plant parasites of Europe: leafminers, galls and fungi. https://bladmineerders.nl – Vaccinium myrtillus (zuletzt aufgerufen am 30 August 2024)

observation.org: Nachweise von Stigmella myrtillella  (altes Design, nur validierte Funde). (zuletzt aufgerufen am 30 August 2024)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Mosel-Apollofalter (nur noch) in den Medien

„Das Problem ist quasi dass er uns zwischen den Händen stirbt“, sagt Jörg Hilgers, Biotopbetreuer im Landkreis Mayen-Koblenz. Die Bemühungen der Arbeitsgemeinschaft rund um den „Schmetterling des Jahres 2024“ ziehen ihre Kreise. Fakt ist, dass die Art im Jahr 2024 einen historischen Tiefstand erreicht hat, was die Nachweise der Falter angeht. Ob es gelingt den Falter durch Erhaltungszucht zu retten ist zumindest fraglich. Und die Fungizide spielen – entgegen aller Bekundungen – anscheinend doch eine Rolle beim Aussterben der Art. Den folgenden Beitrag des SWR vom 26. August wollen wir Euch nicht vorenthalten, bildet Euch selbst eine Meinung dazu.

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Beitragstext des SWR
„Den Mosel-Apollo-Falter gibt es nur an der Mosel. Noch. Jörg Hilgers ist der Biotopbetreuer im Landkreis Mayen-Koblenz und seit 2021 mit einem Erhaltungsprojekt betraut. Dazu gehört, verbuschte Brachflächen freizuschneiden oder Futterpflanzen anzusiedeln, aber vor allem: Ursachenforschung zu betreiben. Denn ein Spritzmittel gegen Pilze im Weinbau steht unter Verdacht – andererseits ist der Falter auf den Weinbau angewiesen, er braucht die Trockenmauern und offenen Flächen zum Überleben. Das Vorkommen des seltenen Schmetterlings ist in den vergangenen zehn Jahren extrem zurückgegangen.“

 

Die von uns recherchierten Fakten findet Ihr wie gewohnt unter melanargia.de/apolloschutz

 

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Wiederfund des Zweizahn-Winkelspanners Euphyia biangulata in der Niederrheinischen Bucht

Gute Naturschutzarbeit wird belohnt: der Zweizahn-Winkelspanner Euphyia biangulata (Haworth, 1809), der in der Obstblütenlandschaft Botzdorf-Hennessenberg bei Bornheim ans Licht kam, ist ein Wiederfund dieser Art in der Niederrheinischen Bucht.

Die alte Kulturlandschaft, genannt „Obstblütenlandschaft Botzdorf-Hennessenberg“ in Bornheim, steht größtenteils unter Naturschutz und ist reich strukturiert mit vielen verschiedenen Biotopen wie Wäldchen, Hecken, Obstwiesen, Weiden, Wildkrautäckern, Brachen sowie offenen Sandflächen und Kleingewässern. Hier engagieren sich eine Reihe von Initiativen und Vereinen und pflegen die Flächen in Handarbeit. Mit vielen Kartierungen wurden schon beeindruckende Artenlisten verschiedenster Organismengruppen erstellt [1].  Mein Mann Hajo Schmälter und ich tragen nach und nach einiges an Nachtfalterarten zusammen. Wir freuen uns nicht nur selbst über seltene Falter, sondern auch darüber, den Akteuren dort immer wieder den Lohn ihrer Mühen vor Augen führen zu können.

Euphyia biangulata, Bornheim, 18. August 2024  (Foto: Brigitte Schmälter)

Der Abend des 18.08.2024 ließ sich „durchwachsen“ an, zwar blieb es trocken, doch kam Wind auf, der die Leuchtürme und auch die Falter heftig durcheinanderschüttelte und uns schon ans Abbauen denken ließ. Die Artenliste des Abends war mittelprächtig, doch konnte ich der dortigen Gesamtliste von mehr als 300 Nachtfalterarten weitere zehn  hinzufügen. Und darunter ragte Euphyia biangulata besonders hervor,  ein augenscheinlich frischer Falter mit schönen Grüntönen. Diese hübsche und auffällige Art kann man eigentlich weder übersehen noch verwechseln, wenn man sie zu Gesicht bekommt.

Die Art gilt in Nordrhein-Westfalen nach der Roten Liste von 2021 insgesamt als gefährdet (Kategorie 3), in der Niederrheinischen Bucht (NRBU) als ausgestorben oder verschollen [4].

In der Verbreitungskarte von Euphyia biangulata im Melanargia-Portal gibt es einige Funde in Quadranten, die über die Grenze der Niederrheinischen Bucht hinaus reichen [6]. Diese habe ich an Hand der originalen Datenbankeinträge überprüft. Zwei Funde vor 2021 im Grenzbereich zur Niederrheinischen Bucht sind ganz knapp außerhalb der NRBU gelegen, einmal flog ein Falter 2013 Ludger Wirooks im Propsteier Wald bei Eschweiler ans Licht, wobei die Naturraumgrenze durch diesen Wald läuft. 2017 fand Heinz Schumacher einen Falter bei Königswinter im NSG Siebengebirge, am Felsfuß des Drachenfelses oberhalb der Weinberge. Dieses Habitat ist faktisch dem Naturraum Eifel/Siebengebirge zuzurechnen, auch wenn es formal noch in der Bucht liegt. Doch wurde die Grenzziehung der Naturraumgrenzen schon mehrfach als zu grob kritisiert [3], sie passt in vielen Einzelfällen, so auch am Drachenfels, nicht zu den tatsächlichen Gegebenheiten. Alle anderen biangulata-Funde in Quadranten, durch die Naturraumgrenzen der Niederrheinischen Bucht (NRBU) verlaufen, liegen  im Naturraum Eifel/Siebengebirge.

Wenn es ein Wiederfund ist, muss es eigentlich alte Funde geben, zumal in der Roten Liste von 2011 die Art in der NRBU noch in Kategorie 2 geführt wurde. Möglicherweise beruhte das jedoch auf der irrtümlichen Zuordnung des Kottenforstes bei Bonn mit den dortigen Funden zur NRBU, wie mir zu Ohren kam. Der Kottenforst gehört allerdings naturräumlich zur Eifel. Bisher habe ich jedenfalls keine alten Funde in der Bucht ausfindig machen können. Der neue Fundort des Zweizahn-Winkelspanners in Bornheim liegt eindeutig in der Niederrheinischen Bucht, auch wenn er am Vorgebirge bereits etwas höher liegt als die Rheinebene.

E. biangulata wird als Art der Wälder und Waldränder beschrieben, wobei sie auch mit kühlen Lagen zurechtkommt, [2] und [5]. Außerdem braucht sie eher feuchte Habitate, wo Sternmieren der Gattung Stellaria, die (Haupt-) Nahrungspflanzen ihrer Raupen, z.B. an feuchten Wegrändern wachsen – also eher andere Sternmieren als die bekannte Vogelmiere, die als Acker- und Gartenunkraut bekannt ist. Vielleicht gefällt der Art daher die Obstblütenlandschaft, wo es auch solche feucht-schattigen Bereiche gibt, die selten gemäht werden. Wo dagegen die Wegränder von Waldwegen und Straßen häufig und gründlich „abrasiert“ werden, kann die Art nicht überleben.

Literatur und Links:

[1], Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Kreisgruppe  Rhein-Sieg (2024): Pflanzen und Tiere in der Obstblütenlandschaft Bornheim
https://www.bund-rsk.de/fileadmin/rheinsieg/Publikationen/Obstbluetenlandschaft2024-kl.pdf

[2] Ebert, G. [Hrsg.] (2001): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 8: Nachtfalter VI. – 541 S.; Stuttgart (Ulmer).

[3] Schumacher, H. & Vorbrüggen, W. (2013): Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der Großlandschaften in Nordrhein-Westfalen – Melanargia, 25: 26-29, Leverkusen

[4] Schumacher, H. & Vorbrüggen, W. (2021): Rote Liste und Artenverzeichnis der Schmetterlinge – Lepidoptera – in Nordrhein-Westfalen. 5. Fassung, Stand: Makrolepidoptera Dezember 2020, Stand Mikrolepidoptera März 2021. – Melanargia, 33, Beiheft 1: 1-174, Leverkusen

[5] Steiner, A., Ratzel, U., Top-Jensen, M. & Fibiger, M. (2014): Die Nachtfalter Deutschlands. Ein Feldführer. – Østermarie (BugBook Publishing)

[6] Melanargia-Portal, Verbreitungskarte von Euphyia biangulata, https://portal.ag-rh-w-lepidopterologen.de/Lepi/EvidenceMap.aspx?Id=444714 abgerufen am 19.08.2024

Obstblütenlandschaft Bornheim: Aktuelle Daten bei observation.org

 

 

 

 

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Wechsel an der Spitze des Vereins

Neue Aufstellung: Die Mitglieder des alten und neuen Vereinsvorstandes vor dem Gebäude des Bahnhofs in Eitorf. Von links: Heinz Schumacher, Wolfgang Vorbrüggen, Brigitte Schmälter, Karl-Heinz Jelinek, Tim Laußmann, Jörg Siemers, Armin Radtke, Daniel Müller, Armin Dahl. Verhindert waren Günter Swoboda, Thomas Carl Reifenberg und Klaus Hanisch. 3. August 2024

Auf der Mitgliederversammlung in Eitorf am 3. August 2024 übergaben die seit Jahrzehnten tätigen Vereinsvorstände Wolfgang Vorbrüggen und Heinz Schumacher ihre Ämter an die nächste Generation. Tim Laußmann und Jörg Siemers stehen ab sofort an der Spitze des Vereins. Der Übergang in der Führungsetage wurde im Anschluss an die Sitzung durch Exkursionen in die nähere Umgebung harmonisch abgerundet.

Nach 34 Jahren iss jetzt auch mal gut!“ fährt es aus Wolfgang Vorbrüggen heraus. Zuvor hatte er den anwesenden Mitgliedern des Vereins die Gründe für den Rückzug aus der Spitze der Arbeitsgemeinschaft dargelegt und einen kurzen Abriss der zurückliegenden Jahrzehnte gegeben. Und auch Heinz Schumacher legte danach sein Amt als stellvertretender Vorsitzender nieder. Der Übergang war zum Glück keine richtige Überraschung, sondern von langer Hand vorbereitet. Wolfgang und Heinz bleiben dem Verein in der 2. Reihe des Vorstands treu, werden ihr Wissen weitergeben und als Berater zur Verfügung stehen.

Tim Laußmann, promovierter Chemiker aus Leverkusen, hatte als Zivildienstleistender schon „unter“ dem Altmeister Friedhelm Nippel mit Schmetterlingen zu tun, er wird zukünftig den Verein als 1. Vorsitzender weiterführen. Als ausgewiesener Tagfalterexperte und hervorragender Fotograf ist er zudem vertraut mit moderner Technik. Seine Steckenpferde ist das Kleine Nachtpfauenauge Saturnia pavonia, und aktuell der Kampf  gegen das Aussterben des Mosel-Apollofalters.

Mit Jörg Siemers aus Köln-Vogelsang steht ihm jetzt ein 2. Vorsitzender zur Seite, der den Arbeitskreis Entomologie des NABU Köln leitet und sich nicht nur für Mikros und Blattminierer begeistern kann, sondern auch die „Citizen Scientists“ rund um naturgucker und observation fest im Blick hat. Jörg hat sich unter anderem auch durch Zähigkeit und Verhandlungsgeschick im Umgang mit dem komplexen Datenbank-Portal des Vereins ausgezeichnet, und arbeitet im „Nebenjob“ bei der Telekom in Bonn.

Die Mitgliederversammlung in der ehemaligen Schalterhalle des Bahnhofs in Eitorf mit allen Regularien, Vorstandswahlen, kleinen Satzungsänderungen und ansonsten überschaubarer Tagesordnung war von Brigitte und Hajo Schmälter perfekt organisiert worden. Der alte Vorstand ist entlastet, die Vereinskasse gut gefüllt und geprüft, die allfälligen Abstimmungen verliefen mit wenigen Enthaltungen einstimmig ab.

Im Anschluss an den ausgesprochen harmonisch verlaufenen offiziellen Teil ging es unter Führung von Heinz Schumacher und Brigitte Schmälter in die Steinbrüche der Umgebung, und zu den Ameisenbläulingen in den Wiesen entlang der Sieg. Die Exkursionen bei schweißtreibendem Wetter waren ebenfalls erfolgreich, auf den Bläulingswiesen gab es viele Falter aus nächster Nähe, und im Steinbruch bei Unkelmühle viele Spanische Fahnen (Euplagia quadripunctaria) auf Wasserdost und in den Felswänden. Eine rundum gelungene Veranstaltung, so macht das Vereinsleben Spaß! Und deshalb folgt hier gleich noch eine Premiere auf dieser Webseite, das

Grußwort des neuen Vorstandes
Tim Laußmann und Jörg Siemers

Liebe Vereinsmitglieder, liebe Freundinnen und Freunde der Schmetterlinge.

Nach vielen Jahren haben sich unser Vorsitzender, Wolfgang Vorbrüggen, und sein Vertreter, Heinz Schumacher, entschieden, den Staffelstab weiterzureichen. Das bedauern wir sehr, haben aber auch großes Verständnis für die Entscheidung. Glücklicherweise verlassen die beiden unseren Vorstand nicht, sondern stehen weiterhin als Beisitzer mit Rat und Tat zur Verfügung. Für die geleistete Arbeit und ihren unablässigen Einsatz möchten wir den beiden im Namen des Vereins unseren herzlichen Dank aussprechen, denn wir wissen auch, dass die Vorstandsarbeit viele administrative Aufgaben mit sich bringt, die sich nur selten großer Beliebtheit erfreuen. Die ausgesprochen freundschaftliche Atmosphäre und der beeindruckende Zusammenhalt im Verein ebenso wie die wertvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit allen anderen Vorstandsmitgliedern haben uns überzeugt, den Vorsitz im Vorstand zukünftig zu übernehmen. Wir möchten den Verein weiterhin „am Laufen halten“, so dass sich die Mitglieder jederzeit sinnvoll einbringen können und eine gute und zuverlässige Infrastruktur vorfinden.

Hierzu gehören u.a. die Datenbank, der Internetauftritt und insbesondere unser Vereinsheft „Melanargia“. Denn im Mittelpunkt der Vereinstätigkeit soll weiterhin der satzungsgemäße Hauptzeck unserer Arbeitsgemeinschaft stehen, nämlich den Bestand an Schmetterlingsarten im rheinisch-westfälischen Faunengebiet zu erfassen, seine Veränderungen sowie die Ökologie und Verbreitung der einzelnen Arten wissenschaftlich zu erforschen und die Ergebnisse zu veröffentlichen. Hier dürfen wir uns keiner Illusion hingeben – die Artenkenntnis lag und liegt immer mehr in der Hand von Privatpersonen und auch beim Erhalt der Lebensräume sind unsere geliebten Schuppenflügler auf unser ehrenamtliches Engagement angewiesen. Wirklich erfreulich ist, dass unser Verein durch Euch, liebe Vereinsmitglieder, und durch Eure verschiedenen Talente und Kenntnisse diese Leistungen erbracht hat und weiter erbringt.

Für einen Verein mit einem für die breite Bevölkerung vielleicht etwas abseitigen Tätigkeitsschwerpunkt ist ein Altersdurchschnitt von deutlich über 50 Jahren nicht untypisch. Umso schöner ist es, dass es in den vergangenen Jahren gelungen ist, zahlreiche junge Leute für das Hobby Schmetterlingskunde zu begeistern. Dies haben wir vor allem unserer erstklassig administrierten Homepage und unserem Auftritt in den so genannten „sozialen Medien“ zu verdanken, sowie dem unermüdlichen Einsatz einzelner Vereinsmitglieder (wir verweisen z.B. auf die WhatsApp-Gruppe „Lepidioten und Mottenzotten“). Wir halten diesen Punkt – in unserer Satzung als „Förderung der Jugend“ bezeichnet – für die zentrale Zukunftsaufgabe unseres Vereins. Hier bitten wir um rege Beteiligung: Organisation von Exkursionen (auch im ganz kleinen Rahmen), Beratung in Sachen Ausstattung und Artenkenntnis, aber auch die kostenlose Abgabe von nicht mehr benötigtem Equipment. Hier sehen wir uns auf einem guten Weg!

Es gibt aber auch kritische Punkte, über die wir uns Gedanken machen: unser unermüdlicher Schriftleiter Günter Swoboda braucht dringend Unterstützung. Hier suchen wir insbesondere „Reviewer“ mit besonderer Artenkenntnis zu bestimmten Schmetterlingsfamilien, um die hohe Qualität unserer Publikationen auch in Zukunft gewährleisten zu können. Die Erstellung und der Versand der „Melanargia“ ist mit einem gleichfalls hohen Zeitaufwand und auch körperlicher Anstrengung verbunden. Dies kann nicht genug gewürdigt werden. Daher ist es umso wichtiger, Personen zu finden, die sich als Vertreter und Unterstützer von Günter einbringen können.

Ein weiterer Punkt ist die Bearbeitung der Landessammlung im Löbbecke-Museum. Auch hier werden wahrscheinlich in Zukunft wieder helfende Hände benötigt, um die Kontinuität der Arbeit in einem überschaubaren Rahmen zu gewährleisten. Erfahrung bei der Präparation und bei der Arbeit mit Sammlungen sind nützlich.

Liebe Vereinsmitglieder, der Verein lebt einzig und allein davon, dass ihr euch einbringt. Wenn ihr also Beiträge für unsere „Melanargia“ oder für die Homepage liefern könnt: immer her damit! Es muss nicht perfekt sein, ihr bekommt jede Menge Unterstützung von erfahrenen Autoren und unserem Schriftleiter! Und noch ein Appell an alle Kreativen und Künstler in unserem Verein: Wir würden gerne Eure eigenen kreativen Beiträge zusätzlich für den Internetauftritt unseres Vereins nutzen: Habt Ihr kurze (Handy-)Videos mit informativem und / oder kreativem Inhalt, die wir für unseren YouTube-Kanal „MothHunters“ nutzen könnten? Habt Ihr Fotos oder Kunstwerke, die wir auch über den Instagram- oder Facebook-Account des Vereins posten können? Es besteht auch Bedarf an einer kreativen Gestaltung von Informationsblättern zu verschiedenen Themen, die wir im Rahmen von Veranstaltungen verteilen können. Alles das trägt zu einer besseren Sichtbarkeit des Vereins, insbesondere bei jungen Menschen, bei.

Abschließend noch eine Anmerkung: die weitere, behutsame Digitalisierung des Vereins und seiner Kommunikationswege ist von großer Bedeutung, dennoch sind wir Freunde des geschriebenen bzw. des gedruckten Wortes. Daher wird es unsere Vereinspublikationen auch weiterhin in gedruckter Form geben. Nichts ist schöner als ein gebundenes Buch, und: es ist auch in 200 Jahren noch lesbar! Denkt daran: das geschriebene Wort ist das, was von uns bleibt!

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und ein aktives Vereinsleben!

Herzliche Grüße

Tim Laußmann und Jörg Siemers

 

 

 

 

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@MothHunters – Moselexkursion 2024 auf youtube

Hier mal zur Abwechslung ein Video aus unserem Mottenkanal @MothHunters auf  youtube, zusammengestellt von Tim Laußmann. Exkursionsgebiet war die Moselschleife bei Zell, und die zugehörigen Seitentäler. Mehr als 350 Tag- und Nachtfalterarten an einem Wochenende, und das obwohl ein Leuchtabend komplett ins Wasser fiel: Fast 20 Teilnehmende werden Lichtfänge und Tagesexkursion nicht vergessen!

Und noch eine Erinnerung: Bitte meldet uns ALLE Termine zu Euren Exkursionen, Vorträgen und anderen entomologischen Veranstaltungen aus unserem Arbeitsgebiet.  Alle Termine findet Ihr in unserem Kalender.

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Immer weniger Tagfalter – Wie weit ist der Naturschutz vom Artenschutz entfernt?

Fast zwei Drittel aller Tagfalterarten sind in Deutschland in den letzten 100 Jahren seltener geworden, aber 15 % der Landesfläche Deutschlands sind Schutzgebiete. Irgendetwas scheint daran nicht zu stimmen.

Thüringische Landschaft in der Nähe von Schmalkalden, dargestellt um 1870 durch den Maler JOHANN HEINRICH RUDOLPH. Der Hügel ist baumlos, und der Boden ist nur
spärlich bewachsen. Die offenen Sandflächen und Abbruchkanten boten diversen Insekten einen idealen Lebensraum. Eine solche Landschaft ist im heutigen Deutschland fast verschwunden (Abdruck mit freundlicher Genehmigung von VERONIKA TÜRCKE geb. RUDOLPH).

Die Tagfalter der Eifel, einst artenreich verbreitet von den Kalkrasen im Raum Blankenheim im Norden bis zu den Bachtälern im Raum Bitburg/ Prüm im Süden – wo sind sie heute? Wo sind die Zeiten von Friedhelm Nippel und Helmut Kinkler geblieben?
Ich bin Zeitzeuge des völligen oder fast völligen Verschwindens von 8 Tagfalterarten in den letzten 60 Jahren in der Eifel:

Dickkopffalter: Pyrgus carthami, Pyrgus serratulae,
Feuerfalter: Lycaena virgaureae,
Bläulinge: Pseudophilotes baton,
Perlmuttfalter: Fabriciana niobe, Fabriciana adippe,
andere Nymphaliden: Limenitis reducta, Satyriden: Hipparchia fagi.

Hinzu kommen noch fünf Arten, die vor 50 Jahren in der Eifel noch deutlich weiter verbreitet waren, aber heute nur noch ganz wenige letzte Restvorkommen haben. Dazu gehören:
Dickkopffalter: Hesperia comma,
Bläulinge: Polyommatus dorylas,
Scheckenfalter: Euphydryas aurinia, Melitaea diamina, Melitaea athalia.

Welche dieser Arten hat die Gründung des Nationalparks Eifel gerettet? Wildkatze, Uhu und Schwarzstorch sind keine Indikatoren einer Biotopverbesserung. Wir haben sie nur, weil sie nicht mehr geschossen werden und weil wir wieder viel Wald haben.

Einige Ursachen für das Verschwindens der Arten sind eindeutig zu erkennen. Wo sind die Habitate geblieben: die Felskanten mit Lasiommata maera, die feuchten Talsohlen mit über den Schlamm rieselnden Quellwassern mit Lycaena hippothoe? Die Vegetation überwuchert alles. Man sieht doch, warum diese Arten dort nicht mehr leben können. Unsere Landschaft hat diese Stellen, die durch ein spezielles Mikroklima ausgezeichnet waren, verloren. Es fehlen offene vollsonnige Magerrasen mit Felsbändern. Viele ehemalige Raupenlebensräume sind verschattet. In den Jahrzehnten der Klimaerwärmung ist es den Larven zu kalt geworden.

Es fehlt nicht an unberührter Natur (wie viele Menschen meinen), sondern an der historischen Nutzung der Natur. Seit 200 Jahren gibt es kaum noch Hüte-Beweidung. Die Rinder sind im Stall. Die Gehölzentnahme aus den Wäldern findet nicht mehr statt. Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sorgt für eine homogene Gleichförmigkeit der Flächen.

Im „Verbreitungsatlas der Tagfalter“ ist alles übersichtlich für die einzelnen Arten zusammengefasst:

  • Wir brauchen Oberbodenabtragung, breitere unbefestigte Wege in der Feldflur, weitläufige lichte Forstwege. Wertvolle Tagfalter-Habitate werden durch die Rekultivierung von Abgrabungsstellen vernichtet.
  • Tagfalter sind durch „naturnahen“ Waldbau gefährdet. Wir brauchen mehr Rodungen und Holzschläge, Schlagfluren und Leitungstrassen mit Saumgesellschaften und Lichtinseln in den Wäldern. Es gibt kein „gezieltes Kahlschlagmanagement“. Wir haben zu viele Dunkelwälder mit zu dichtem Überschirmungsgrad der Baumkronen.
  • Wir brauchen eine nachhaltige Beseitigung von Bäumen und Gebüschen, vor allem an Böschungen.
  • „Käferkalamitäten“ finden zu selten statt.

Ich finde diese notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Tagfalter nicht als oberste Priorität in den Programmen der Naturschutzverbände und der Politik. Im Gegenteil:
Die „Neuauflage der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt“ benennt als Ziel die „natürliche Entwicklung auf 5 % der Waldfläche“, wo fast keine forstlichen Eingriffe mehr stattfinden sollen (https://www.bfn.de/waldnaturschutz-und-nachhaltige-waldbewirtschaftung). Das hilft keinem Tagfalter.
Deutschland wird weiter zuwachsen und viele Tagfalter werden weiter verschwinden. Wir haben uns daran gewöhnt. Wer glaubt heute noch, dass Lycaena virgaureae vor 50 Jahren in den Tälern der Südeifel ein „häufiger“ Falter war?

Wir müssen die Habitate verändern. Fort mit der üppigen Vegetation und dem wuchernden „Grün“. Aber wer will das? Fabriciana niobe kam noch im 19. Jahrhundert in allen deutschen Bundesländern vor. Wer vermisst schon diesen Falter? Das Verschwinden der Arten ist den Menschen gleichgültig. Waldsterben geht halt mehr unter die Haut als Schmetterlingssterben; die Bevölkerung geht dafür nicht auf die Straße.


Dr. Werner Kunz ist Professor für Biologie, er lebt im „Unruhestand“ in Grevenbroich

https://www.kunz.hhu.de/

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Neu erschienen: Faunenband 21- Familie Nepticulidae – Zwergminiermotten

Perfekte Fotos, ausführliche Art-Steckbriefe, farbige Verbreitungskarten, Minen-Bestimmungsschlüssel, dazu als Buch mit festem Einband gebunden: Mit der Nepticuliden-Fauna des Arbeitsgebiets haben die Autoren Dieter Robrecht, Erik van Nieukerken und Wolfgang Wittland neue Standards gesetzt.
Flyer zum Download: Die Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens, Band 21.

Faunenband 21 wird den Mitgliedern des Vereins kostenlos zur Verfügung gestellt.

Der Preis für Externe:
€ 35,- zzgl.  Versandkosten

Bestellungen bitte an die Autoren oder den Schriftleiter:

Günter Swoboda
Am Weingarten 21
D – 51371 Leverkusen
melanargia@swobodaweb.de

Der vorliegende Band behandelt die bisher nachgewiesenen 107 Arten und weitere sechs Arten, deren Vorkommen möglich erscheint. Fundortkarten (Messtischblatt-Raster 1:25.000) zeigen die Verbreitung der Arten im Arbeitsgebiet. Auf 348 Seiten werde  113 Arten werden beschrieben, das Buch enthält 457 Farbfotos.

Für Arten mit nicht mehr als zehn Fundorten werden konkrete Angaben zu Ort, Funddatum und Beobachter mitgeteilt. Auf halbseitigen Fotos werden – soweit möglich – mindestens zwei Beispiele für die Minen der Raupen abgebildet. Kleinformatige Fotos eines lebenden und eines präparierten Falters sind in die Minenfotos integriert.

Leseprobe aus dem Faunenband 21: Stigmella torminalis lebt als Blattminierer an Elsbeere (Torminalis glaberrima)

Leseprobe: Nachweiskarte von Stigmella regiella im Arbeitsgebiet.

Zu jeder Art gibt es einen „Steckbrief“, der Angaben zu Wirtspflanzen, Lebenszyklus, Minenmerkmalen, Verwechslungsgefahren („Ähnliche Arten“) und die Verbreitung in Europa und im Arbeitsgebiet beinhaltet.

Das historisch begründete Arbeitsgebiet der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen e.V. liegt im Westen der Bundesrepublik Deutschland. Es umfasst Nordrhein-Westfalen, den nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz, Teile von Nord- und Westhessen, Teile des südlichen Niedersachsens und das nördliche Saarland.


Robrecht, D., E. v. Nieukerken & W. Wittland (2024): Die Lepidopterenfauna der Rheinlande und Westfalens Band 21. Familie: Nepticulidae STAINTON, 1854 (mit Fundortlisten, Fundortkarten und Farbabbildungen). 348 Seiten, Leverkusen

 

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Freigeschaltet und ab sofort nutzbar: Das neue Melanargia-Portal!

Lange hat es gedauert, aber nun ist es freigeschaltet: Das neue Melanargia-Schmetterlingsportal! Man erreicht es durch einen Klick oben in der Navigationsleiste auf der Homepage oder kann es direkt aufrufen über https://portal.melanargia.de. Wie bisher gibt es Verbreitungskarten der Arten, zusätzlich jedoch Phänogramme – und vor allem kann man eigene Beobachtungen eingeben und pflegen!

Der geografisch abgedeckte Bereich geht über unser klassisches Arbeitsgebiet hinaus, denn wir haben uns mit der Pollichia e.V. aus der Pfalz zusammengetan. Das ist sinnvoll, denn unser Arbeitsgebiet umfasst ohnehin den nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz bis zur Nahe. Viele begeisterte Lepidopterologinnen und Lepidopterologen sind Mitglied in beiden Vereinen, melden ihre Daten an beide – bei so viel Überschneidung ist ein Zusammengehen beim Schmetterlingsportal naheliegend.

Die insgesamt fast 2 Millionen Funddaten aus unserer Vereinsdatenbank und derjenigen der Pollichia sind als Grundstock in das neue Portal eingeflossen, beim Klick auf einen Fundquadranten ist für die betreffenden Funde die Datenherkunft klar abzulesen – auch Observation.org wird genannt, wenn wir Meldungen auf Basis unserer Kooperationsvereinbarung aus diesem Portal übernommen haben. Viele Vereinsmitglieder nutzen die Plattform Observation.org und können darauf vertrauen, dass wir die Daten ab und zu abgleichen. Und wer seine Datenbestände aus InsectIS, von Excel-Listen oder aus anderen Portalen wie naturgucker im neuen Portal sehen möchte, bitte an uns schicken – wir kümmern uns um den Import.

Gespannt sind wir nun, wie unser neues Melanargia-Portal genutzt werden wird. Verbreitungskarten und Phänogramme sind frei zugänglich, doch eigene Fundmeldungen erfordern eine Anmeldung. Wer bereits in einem anderen der von der Firma KBS betriebenen Portale wie z.B. Schmetterlinge Deutschlands oder denjenigen für Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen oder Schleswig-Holstein registriert ist, kann sich bei uns mit denselben Zugangsdaten anmelden. Wer separate Zugangsdaten möchte, muss sich mit einer separaten, abweichenden E-Mail-Adresse zunächst bei uns registrieren. Der Datenaustausch zwischen unserem Melanargia-Portal, dem Deutschlandportal und den regionalen Portalen wird künftig (hoffentlich bald) automatisch funktionieren!

Ein Beispiel für die Nutzung der Phänogramme neben den Verbreitungskarten sind die folgenden Screenshots: Die Daten im Portal zeigen, dass das Tagpfauenauge (Aglais io) bis Mitte der 1990er Jahre in zwei Generationen flog und in den letzten Jahren drei Generationen pro Jahr bildet.

Also bitte reinschauen und nutzen – es ist noch nicht alles perfekt, das wissen wir, und auch nicht alles völlig selbsterklärend, aber das meiste sollte auf Anhieb verständlich sein. Außerdem gibt es praktische Hinweise zur Handhabung, die wir nach Bedarf ergänzen werden. Wir sind gespannt auf Ihr / Euer Feedback!

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Neunachweis von Retinia perangustana (SNELLEN, 1883) für Rheinland-Pfalz (Lep., Tortricidae)

Retinia perangustana ♂, Rheinland-Pfalz, Kreis Cochem-Zell, Pommern, 2. Mai 2023, Foto: Monika Weithmann

Der  Lärchen-Zapfenwickler – Retinia perangustana lebt im Wipfelbereich von Lärchen, die Raupe entwickelt sich in den Fruchtständen, der Falter kommt offenbar nur schlecht ans Licht. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, ihn trotzdem nachzuweisen – mittels Pheromonen.

Retinia perangustana ist eine Tortricide, die an Lärche (Larix decidua und Larix sibirica) gebunden ist. Die Raupen entwickeln sich in den Zapfen. Nach dem Schlupf fliegt der Falter vorzugsweise in den Baumkronen und wird selten vom Licht angezogen. Die Art ist klein (10-14 mm), braunschwarz mit zart weißen, länglichen Flecken und völlig unscheinbar. Auf einen flüchtigen Blick kann R. perangustana leicht mit Rhopobota myrtillana oder mit anderen kleinen braunen Cydia – oder Pammene-Arten verwechselt werden. Die Art wurde bisher nur selten in Deutschland nachgewiesen, die bisher bekannten Fundorte liegen in Schleswig-Holstein (2002), Sachsen (2009) und Bayern (2012).

Da die Art auch in den Niederlanden (Provinz Gelderland, 2016) nachgewiesen wurde, bestand eine große Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in unserem Untersuchungsgebiet Rheinland-Pfalz bzw. in Nordrhein-Westfalen vorhanden ist, und es sich lohnt, gezielt nach dieser Art zu suchen. Allerdings wachsen alte Lärchenbäume mit Zapfen nicht unbedingt an „Traumstandorten“ eines erfolgreichen Leuchtabends, sondern oft in Vergesellschaftung mit Kiefern- oder Fichtenanpflanzungen. Diese Standorte sorgen zur Flugzeit im Mai eher für wenige Artennachweise in einer Leuchtnacht, und sind daher bei LepidopterologInnen nicht besonders beliebt.

An einen von mir bevorzugten Leuchtstandort in Pommern (Rheinland-Pfalz, Landkreis Cochem-Zell) stehen neben Laub- und Nadelbäumen auch einzelne alte Lärchen mit Zapfen. Trotz regelmäßiger Leuchtabende über mehrere Jahre im Mai gelang es mir weder am Leuchtturm, noch am Köder oder durch das Einsammeln der Zapfen, Retinia perangustana nachzuweisen. Im Mai 2023 beschloss ich daher, den Nachweis mit einen Pheromon-Präparat zu versuchen. Ich hängte während eines Leuchtabends im Mai das Präparat in einer Falle unter eine Lärche mit Zapfen auf, und hatte am Ende der Nacht tatsächlich einen Falter darin. Hier nun das Ergebnis  der zugehörigen Genitaluntersuchung:

Retinia perangustana ♂, Genitalpräparat, Rheinland-Pfalz, Kreis Cochem-Zell, Pommern, 2. Mai 2023, leg. + det. + Foto: Monika Weithmann

Dadurch dass die Art durch Pheromone angelockt und nachgewiesen werden kann, werden sich auch die großen Nachweislücken innerhalb Deutschlands wahrscheinlich schließen lassen. Allerdings hat das Pheromon „Retinia perangustana“ (Pherobank BV) auch eine leichte Anziehungskraft auf andere Tortriciden-Arten. In der ausgehängten Pheromon-Falle (Trap) verirren sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch vereinzelt die Arten Pammene giganteana (de Peyerimhoff, 1863) und Pammene argyrana (Hübner, [1799]), so dass eine sorgfältige Nachbestimmung der gefangenen Falter notwendig ist.

Die großen Pheromon-UNITRAP-Fallen sind im allgemeinen für die Nachweise für Wickler-Arten, meiner Meinung nach, nicht so optimal. Bei hoher Aktivität der einzelnen Falter in der Falle kann es zum Verlust von Schuppen kommen, was wiederum die Bestimmung erschweren kann. Die Falter sehen nach einer Nacht oft „beschädigt“ aus. Bei einigen Leuchtabenden konnte ich in der Nacht leider auch schon beobachten, dass einzelne Falter problemlos die Pheromon Fallen wieder nach einiger Zeit verlassen haben, oder nur um den Pheromontub herumgeschwirrt sind, ohne direkt in die Falle hineinzufallen.

Fazit: In diesem Jahr werde ich Ende April-Mitte Mai an Standorten von Lärchen auch in Nordrhein-Westfalen wieder versuchen, die Art Retinia perangustana mit Hilfe des Pheromons nachzuweisen.

Links und Literatur:

Nachweiskarte: Retinia perangustana unter portal.melanagia.de

Retinia perangustana im Lepiforum / Lepiwiki

Pherobank B.V., Wijk (NL): Katalog

SCHAFFERS, J. & T.S.T. MUUS (2018): The larch cone moth, Retinia perangustana (Lepidoptera: Tortricidae): a remarkable new species in the Netherlands. — Entomologische Berichten 78 (6): 221-225.

 

 

 

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Von (Oster-)Eiern der besonderen Art – ein lepidopterologischer Streifzug durch das Bitburger Gutland

Das weit im Süden der Eifel gelegene Bitburger Gutland wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Der hügelige Landstrich an der Grenze zu Luxemburg ist vor allem von der Landwirtschaft geprägt: Äcker und Wiesen, soweit das Auge reicht, dazwischen einzelne Wäldchen und Dörfer; hie und da eine Streuobstwiese. Positiv formuliert: In einer solchen Landschaft als Lepidopterologe mehr als den sprichwörtlichen „guten Durchschnitt“ zu erwarten, erscheint ambitioniert.
Tatsächlich muss man schon ganz genau hinschauen, um die in der ausgeräumten Landschaft  vorhandenen Biodiversitäts-Hotspots nicht zu übersehen. Vielleicht liegt da auch der Grund, warum sich bislang nur einzelne Schmetterlingsforscher in den tiefen Süden der Eifel wagen – zumal die Mosel mit ihren attraktiven Zielen nur einen Steinwurf entfernt liegt, und auch der Norden der Eifel Raum für spannende Entdeckungen bietet. Doch es gibt sie auch im Gutland: Gebiete, in denen es sich lohnt, sich den Tag oder die Nacht um die Ohren zu schlagen.

Scharren bei Wißmannsdorf, 22. Juli 2020 (Foto: Alexander Franzen)

Zu den interessantesten Lebensräumen im Bitburger Gutland zählen zweifellos die Kalk-Halbtrockenrasen submediterraner Prägung. Entstanden durch extensive Mahd oder Beweidung und früher landschaftsprägend, sind sie heute auf klägliche Reste zusammengeschrumpft und bilden kleine Refugien inmitten der intensiv genutzten Agrarlandschaft. Ihrer vegetationskundlichen Bezeichnung machen diese Gebiete alle Ehre, denn insbesondere die so genannten „Scharren“ an den Gipskeuper-Abhängen im Nims-Tal weisen ein trockenwarmes Kleinklima auf, das so manchem Mosel-Steilhang in nichts nachsteht. Eine Besonderheit dieses Halbtrockenrasen-Typs sind die mit lockerem Gesteinsschutt gefüllten Erosionsfurchen, die ihm ein charakteristisches Erscheinungsbild verleihen.

Scharren bei Bettigen, 10. September 2023 (Foto: Alexander Franzen)

Naturkundlich interessierte Besucherinnen und Besucher kommen voll auf ihre Kosten: Neben botanischen Highlights wie der Hummel-Ragwurz (Ophrys holoserica), dem Lothringer Lein (Linum leonii) oder der Weißen Braunelle (Prunella laciniata) fühlen sich dort seltene Tagschmetterlinge wohl, etwa Magerrasen-Perlmuttfalter (Boloria dia), Thymian-Ameisenbläuling (Maculinea arion), Kleiner Schlehen-Zipfelfalter (Satyrium acaciae), Himmelblauer Bläuling (Lysandra bellargus), Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis) oder Esparsetten-Widderchen (Zygaena carniolica); früher auch die Rostbinde (Hipparchia semele). Möglich macht’s die Kombination aus Klima, Geologie und der besonderen Lage in nächster Nähe zur Mosel als Einwanderungskorridor aus dem nahen Frankreich.

Darüber, welche Nachtschmetterlinge die hiesigen Kalk-Halbtrockenrasen bevölkern, ist weit weniger bekannt. Die letzten umfangreichen Aufsammlungen datieren auf die 1970er, als sich vor allem Friedhelm Nippel und Jochen Rodenkirchen um die Erforschung der lokalen Entomofauna verdient gemacht haben. Ob Trockenrasen-Flechtenbär (Setina irrorella), Getreide-Steppeneule (Oria musculosa), Skabiosenschwärmer (Hemaris tityus), Trockenrasen-Dickleibspanner (Lycia zonaria), Südlicher Eichen-Baumspanner (Peribatodes ilicaria) oder Einstreifiger Trockenrasen-Spanner (Aspitates gilvaria) – die Liste der damals angetroffenen Raritäten ist lang. Was davon noch übriggeblieben sein mag? Immerhin förderten die ersten Versuche, die Kalk-Halbtrockenrasen im Bitburger Gutland aus dem lepidopterologischen Dornröschenschlaf zu wecken, bereits eine Reihe von Besonderheiten zutage: So konnten im Laufe des Jahres 2023 beispielsweise das imposante Gelbe Ordensband (Catocala fulminea), die markante Randfleck-Wickeneule (Lygephila craccae), Hauhechel-Spanner (Aplasta ononaria) und Hauhechel-Glasflügler (Bembecia albanensis), der Braune Breitflügelspanner (Agriopis bajaria) und der erst im Dezember erscheinende Herbst-Kreuzflügel (Alsophila aceraria) nachgewiesen werden. Im Jahr 2020 wurde vor Ort auch die eigentlich eher in feuchteren Biotopen zu erwartende Striemen-Rindeneule (Acronicta strigosa) bestätigt, die in Rheinland-Pfalz inzwischen nur noch äußerst selten beobachtet wird. An der im Saum der Kalk-Halbtrockenrasen regelmäßig zu findenden Elsbeere (Sorbus torminalis) kommen die spezialisierten Nepticuliden Stigmella mespilicola, Stigmella torminalis und Stigmella hahniella vor. Letztere ist im Vereinsgebiet bis dato ausschließlich aus dem Gutland bekannt. Alles in allem liegen aktuelle Bestätigungen von rund 350 Arten aus der Ordnung der Schmetterlinge vor – da ist ganz klar noch Luft nach oben.

Gestrichelter Lappenspanner – Trichopteryx polycommata, Dockendorf 14. März 2024
(Foto: Alexander Franzen)

Im März 2024 konnten vor allem der in Rheinland-Pfalz spärlich vertretene Gestrichelte Lappenspanner (Trichopteryx polycommata) sowie die Braunband-Kätzcheneule (Orthosia opima) überzeugen. Letztere fand sich in der Nachmittags-Sonne an einem Grashalm sitzend, ganz ungeniert beim Verstecken der (Oster-)Eier. Dass diese exklusiven Eier nicht nur so manchem Forscher, sondern auch dem einen oder anderen Erzwespen-Weibchen den Tag versüßen könnten, scheint sie jedenfalls ebenso wenig zu beeindrucken wie der Trivialname Moorheiden-Frühlingseule. An den Habitat-Präferenzen der seltenen Orthosia opima scheiden sich die Geister: Offen oder bewaldet, feucht oder trocken – das „perfekte“ opima-Habitat scheint von Landschaft zu Landschaft zu variieren und über die diskutierten Ursachen herrscht (noch) kein abschließender Konsens. Klar ist, wie so oft, lediglich, dass unser Wissen über das Treiben der Tag- und Nachtfalter nach  wie vor unvollständig ist. Aber genau dieser Umstand macht die Faunistik umso spannender!

Braunband-Kätzcheneule – Orthosia opima, Bettingen 25. März 2024 (Foto: Alexander Franzen)

Bleibt zu hoffen, dass Eier und Raupen allen Widrigkeiten zum Trotz überleben und ihren Entwicklungszyklus erfolgreich abschließen werden. Mit Sicherheit werden in den nächsten Jahren weitere Untersuchungen im Bitburger Gutland folgen, bei denen mit etwas Glück noch so mancher lepidopterologische Schatz gehoben werden könnte.
Allen Mitlesenden, Kolleginnen und Kollegen wünsche ich frohe Ostern und einen erfolgreichen Start in die Schmetterlings-Saison!


Weiterführende Literatur:
ROSLEFF-SÖRENSEN, E. (2012): Bemerkenswerte floristische und faunistische Beobachtungen in der Südeifel, Kreis Bitburg-Prüm, 2007-2011. Dendrocopos, 39: 131-138, Trier

ROSLEFF-SÖRENSEN, E. (2013): Zustand und Entwicklung von Kalkmagerrasen im FFH-Gebiet „Ferschweiler Plateau” in der Südeifel am Beispiel von Magerrasen aus Muschelkalk bzw. Keuper: NSG „Im Odendell bei Bettingen” und Scharren am „Sudigkopf” und „Lengenbüsch” bei Wettlingen. Dendrocopos, 40: 151-159, Trier

[durch die Unaufmerksamkeit des Webmasters ist dieser Bericht zuerst mit einem falschen Autorennamen publiziert worden. Der muss natürlich  Alexander Franzen heißen. ]

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